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Eine Mittelgewichts-Ehe

Eine Mittelgewichts-Ehe

Titel: Eine Mittelgewichts-Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Eiskübel, einem weiteren Aschenbecher, der heruntergebrannten Kerze säubern - die er laut Edith alle anfaßte, als seien sie besudelt. Dann lag er keusch am äußersten Rand seiner Bettseite; wenn sie ihn anfaßte, schien er zusammenzuzucken. Sie rieb sich an ihm, aber es war, als würgte es ihn ob ihres Geruchs. Befangen, verletzt, rollte sie sich von ihm weg und fragte: »Hast du einen schlechten Abend gehabt?«
    »Hast du einen guten gehabt?«
    »Ich will wissen, wie es für dich war.«
    »Nein, das willst du nicht. Das ist dir egal.«
    Puh. Natürlich war er nicht immer so offenkundig düster, aber er konnte die ausgesprochen unschuldigsten erotischen Dinge ins Perverse verkehren. (»Du riechst kräftig«, sagte Edith einmal zu ihm, während sie an seinem Ohr knabberte. »Du miefst«, sagte er zu ihr.)
    Ich weiß, daß es für ihn Zeiten gegeben haben muß, da die reine Sinnlichkeit unseres Einander-Gehörens ihn erregt und sein pubertäres Brüten unterbrochen haben muß, aber solche Zeiten waren so selten, daß ich mich höchst lebhaft an sie erinnere. Zum Beispiel verbrachten wir einmal ein Wochenende auf Cape Cod, im Haus von Ediths Mutter. Bloß wir vier waren da - keine Kinder; die hatten wir glücklich woanders untergebracht. Es war Ende September, und das große Haus am Cape war sonnig und kühl. Wie Ediths Mutter waren die meisten Sommerfrischler schon nach Boston und New York zurückgefahren.
    Wir brachen so früh mit Severins Auto auf, daß wir vor dem Lunch dort waren. Edith und Severin waren natürlich mit dem Ort vertraut, aber es war Utsch, die sich als erste zu unserer Abgeschiedenheit und Ungestörtheit bekannte; sie war die erste, die sich unten an dem windigen und verlassenen Strand auszog. Ich bemerkte, wie Edith sie ansah. Ins Haus zurückgekehrt, schauten beide Frauen einander nackt an, während Severin eine riesige Paella zubereitete und ich als ersten Gang rohe Austern öffnete. Wir berührten uns alle ungehemmt und alle waren wir sehr laut. Severin ging mit einer Hummerschere auf Utschs Hintern los. In seiner weißen Kochschürze, mit nichts darunter oder hinten drauf, stand er da, die eine Hand auf Ediths langem, die andere auf Utschs rundem Schenkel. Während seine Hände nach oben glitten, sagte er zu mir: »Die New Yorker Lende fällt magerer aus als die mitteleuropäische Abart, aber ein guter Koch kann bei beiden das Aroma herausbringen.«
    »Ganz bestimmt unterschiedliche Aromen«, sagte ich.
    »Lang lebe der Unterschied!« sagte Edith, die unter Severins Schürze nach etwas griff und dort Utschs Hand berührte.
    Ich gab Edith eine Auster zu essen; ich gab Utsch eine Auster zu essen. Ich trug meine Shorts, und Edith machte sie auf; Utsch zog sie herunter und sagte zu Edith: »Warum verstecken sich diese Männer?«
    »Ich bin der Koch«, sagte Severin. »Will mir nichts verbrennen.«
    »Ich mache Austern auf«, sagte ich. »Ein einziger Ausrutscher mit der Hand ...«
    Edith faßte Utsch plötzlich um die Hüfte. »Du bist so kompakt, Utsch, ich kann's einfach nicht fassen!« rief sie, und Utsch erwiderte die Umarmung. »An ihr ist vergleichsweise ganz hübsch was dran«, sagte Edith zu Severin.
    Der spratzelte und brutzelte am Herd; er schlug seine Schürze hoch und fächelte sich. Utsch ließ ihre eckige, breite Hand Ediths Bauch hinuntergleiten. »Du bist so lang«, sagte sie bewundernd; Edith lachte und zog Utsch an sich; deren Scheitel paßte an Ediths Kehle. Utsch hob Edith rasch und mit erstaunlicher Kraft hoch. »Und du wiegst überhaupt nichts!« rief sie.
    »Mich kann Utsch auch hochheben«, sagte ich. Edith sah plötzlich erschrocken aus, als Utsch mich mit tiefem Stöhnen hochhob.
    »Lieber Himmel, Utsch«, sagte Edith. Severin hatte seine Schürze ausgezogen und sich mit Wurstketten umwickelt. Er drückte sich an Edith, die kreischte und von ihm wegsprang, als sie die kalte, glitschige Wurst auf sich spürte. »Mein Gott, Severin ...«
    »Hab 'ne ganze Kette Schwänze für dich, mein Liebes«, sagte er, während seine Paella hinter ihm dunstete und sich zusammenbraute.
    Als Severin und Utsch noch einmal schwimmen gingen, liebten Edith und ich uns auf der langen, L-förmigen Kordcouch im Wohnzimmer. Hinterher lagen wir dösend da, als Severin und Utsch mit vom Ozean kalter Haut und nach Salz schmeckend zurückkamen; sie bibberten. Ihr Anblick machte mir auch Lust zum Schwimmen, aber Edith war nicht danach. Ich sprang von der Couch auf und rannte, während es gerade

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