Eine mörderische Karriere
verwaschene Baumwollhose und alte, abgewetzte formlose Freizeitschuhe ohne Socken.
Er setzte sich ins Gras.
»Hallo, Jane«, sagte er und lächelte ihr höflich zu. Dann wandte er sich Simon zu. »Si, ich bin gekommen, um mit dir über Georgia zu reden. Ich wollte fragen, ob du schon etwas gehört oder irgendwelche neuen Ideen hast. Jetzt ist es zwei Wochen her — viel länger können wir so nicht weitermachen. Wir müssen sehr bald einige Entscheidungen treffen. Dafür hast du sicher Verständnis.«
Simon öffnete die Augen und schaute Malcolm kurz an. »Nein«, antwortete er. »Ich habe nichts gehört. Du solltest eigentlich wissen, daß ich dir in dem Fall sofort Bescheid sagen würde.«
»Okay, okay.« Malcolm lächelte Jane leicht verschwörerisch zu. »Ihretwegen mache ich mir auch Sorgen.«
Jane erwiderte das Lächeln. Malcolm Morton war ein Mensch, den sie besser kennenlernen wollte — aus geschäftlichen Gründen. Als Personalberaterin für Führungskräfte mußte Jane die Beziehung zu Leuten pflegen, die die Dienste ihrer Firma in Anspruch nehmen könnten. Morton war ein finanzieller Machtfaktor in Toronto — ein Mann, der in High-Tech-Firmen investierte, kleine Firmen ausbaute, kranke sanierte und refinanzierte und kleine Privatfirmen in Aktiengesellschaften umwandelte. Er konnte ihr Zutritt zu genau dem Teil der Geschäftswelt verschaffen, auf den sie spezialisiert war, so daß sie ihre Kontakte erweitern und sich so neue Möglichkeiten selbst eröffnen könnte. Jane kam aus dem Bereich der Computersoftware. Ihr Chef verließ sich darauf, daß sie diesen Zweig des Geschäfts abdeckte und Kunden wie Malcolm Morton einbrachte.
»Entschuldige, daß ich dich so anfahre, Malcolm«, sagte Simon. »Vermutlich hätte ich nicht kommen sollen. Jeder hier auf der Party hat mich nach Georgia gefragt, und das macht mich ganz verrückt. Aber das Herumsitzen und Grübeln zu Hause macht mir auch zu schaffen... Auf jeden Fall fällt mir keine Variation mehr ein, wie ich auf höfliche Art sagen soll: Guckt nicht mich an, ich habe keinen Schimmer, wo zum Teufel sie steckt.« Seine Stimme hob sich am Ende des Satzes, und Jane und Malcolm tauschten Blicke aus.
»Ich kann verstehen, daß dich das alles mitnimmt.« Jane legte einen Augenblick sanft ihre Hand auf Simons Hand. »Ich kann mir vorstellen, wie schwer es für dich ist. Aber viele Menschen lieben Georgia. Und sie machen sich natürlich Sorgen.«
»Ja«, fügte Malcolm hinzu, »und viele Menschen sind auch von ihr abhängig. Die ganze Sache ist völlig unverständlich. Wo bleibt die Polizei? Kriegst du auch alle Unterstützung, die du brauchst? Wenn du irgendwie Hilfe benötigst...«
Simon seufzte. »Ich habe mit jedem im Ministerium gesprochen, bis hinauf zum Justizminister der Provinz. Glaubt mir, sie tun, was in ihren Kräften steht. Es gibt einfach keine Spur von ihr. Nicht den Hauch einer Spur.« Er setzte sich in seinem Stuhl auf und schaute geradeaus, in die Ferne, an Jane und Malcolm vorbei. Seine Stimme war sehr leise, kaum zu hören. »Ich weiß, die Leute sagen, sie muß tot sein, aber ich kann es einfach nicht glauben, ich will es nicht glauben. Wenn sie in einen Unfall verwickelt war, hätten wir mit Sicherheit schon etwas gehört. Die Polizei hält es für am wahrscheinlichsten, daß sie sich aus irgendeinem Grund abgesetzt hat... Sie sagen, vielleicht hatte sie eine Seite, von der ich nichts ahnte, von der auch unsere Freunde nichts ahnten, eine verborgene Seite... darauf sollte ich vorbereitet sein. Angeblich kommt so etwas laufend vor, die seltsamsten Dinge kommen zum Vorschein, wenn Leute verschwinden. Ich nehme an, das stimmt, trotzdem kann ich einfach nicht glauben, daß sie in bezug auf Georgia recht haben.«
»Ich glaub’s auch nicht«, sagte Jane. »Niemals. Die Polizei behauptet das nur, weil sie Georgia nicht kannten.«
Simon drehte sich zu Jane um und lächelte sie an, ein kleines trauriges Lächeln, nicht mehr als ein Verziehen der Lippen. »Genau das habe ich der Polizei immer wieder gesagt, aber sie glauben mir wohl nicht. Du kennst sie, Jane. Wenn Georgia sich absetzen wollte, aus welchem Grund auch immer, würde sie es niemals auf diese Weise tun — auf einer Party.« Die Stimme versagte ihm kurz. »Die Theorie der Polizei ist so lächerlich. Auf Pats Party war sie ganz wie immer. Sie unterhielt sich mit Leuten, sie aß, sie trank, und dann... war sie verschwunden. Ohne auf Wiedersehen zu sagen, ohne überhaupt etwas zu
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