Eine Nachbarin zum Verlieben
Bauch war ein typisches Zeichen für Windpocken, genauso wie das Fieber.
Außerdem wusste er, dass in der Stadt gerade zahlreiche Fälle von Windpocken auftraten, was aber kein Anlass zu besonderer Besorgnis war. Die Ärzte informierten Mike über den typischen Verlauf der Krankheit, gaben ihm Tipps, wie er Teddys Symptome lindern konnte, und erklärten ihm, was er in den nächsten zehn Tagen zu erwarten hatte.
Sie waren sich alle einig.
Teddy litt unter einer normalen Kinderkrankheit. Kein Grund zur Sorge.
Schön. Mike machte sich aber trotzdem welche. Sein Sohn fühlte sich elend, erbrach das fieberhemmende Mittel, das Mike ihm einzuflößen versuchte, konnte nicht schlafen und wollte nur auf dem Schoß seines Dads im Wohnzimmersessel sitzen. Irgendwann gesellte sich Carlo zu ihnen. Kurz darauf Slugger.
Er wollte Amanda anrufen. Doch das ging nicht, ohne seine gesamte Familie aufzuscheuchen. Irgendwann rief sie von sich aus an, es war noch früh am Morgen. Allerdings schaffte er es nicht schnell genug zum Telefon, sodass der Anrufbeantworter den Anruf annahm.
„Mike … Molly ist heute Morgen mit Windpocken aufgewacht. Wenn Teddy Fieber und einen Ausschlag hat, haben sie wohl dasselbe erwischt. Ruf mich an, wenn ich etwas für euch tun kann!“
Er wollte Teddy eine Haferschleimsuppe kochen, doch sie wurde so fest, dass der Löffel darin stehen blieb. Dann versuchte er es mit Grießsuppe, aber die brannte ihm an.
Egal, Teddy wollte ohnehin lieber ein Erdnussbutter-Marmelade-Sandwich – das er jedoch schon erbrach, bevor er es ganz aufgegessen hatte.
Beim nächsten Mal probierte Mike es mit einer Hühnersuppe mit Nudeln aus der Tüte.
Es dauerte zwei Tage, bis sich aus den kleinen Punkten Blasen bildeten. Teddys Fieber ging zurück, dafür juckten ihn nun die Bläschen, und er verlor langsam die Geduld.
Mike spielte Auto und Eisenbahn mit ihm, schaute mit ihm Comicbücher an und sah Zeichentricksendungen mit ihm. Er las ihm Bücher vor. Und spielte Quartett. Er schmierte das Kind mit jeder Salbe ein, die sein Arzneischrank hergab, um den Juckreiz zu lindern.
Als es irgendwann an der Tür klingelte, hatte er keine Ahnung, ob heute Dienstag oder Donnerstag war. Nicht einmal, welcher Monat und welches Jahr. Es war Tag, das wusste er gerade noch. Aber mehr konnte man nicht von ihm verlangen.
Als er die Tür öffnete, musste er blinzeln, weil es draußen so hell war. Im Gegenlicht erkannte er undeutlich Amandas Silhouette. Ihr schockierter Gesichtsausdruck entging ihm, weil das Licht für seine müden Augen viel zu grell war.
„Oh, Mann, wie siehst denn du aus? Warum hast du mich nicht angerufen?“
Er hatte keine Ahnung, was er antworten sollte, und war viel zu erledigt, um sich darüber Gedanken zu machen.
Als Amanda feststellte, dass er nicht ansprechbar war, fuhr sie fort: „Molly schläft. Meine Mutter ist drüben, um auf sie aufzupassen, weil ich dringend wieder einmal einkaufen muss. Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob ich dir etwas mitbringen soll und was du brauchst.“
Sie schob Mike zurück ins Haus und vor sich her in sein Wohnzimmer, wo sie nur noch ungläubig den Kopf schütteln konnte, als sie das Chaos besichtigte. Die Küche vermittelte den Eindruck, als hätte eine Bombe eingeschlagen. „Ich sehe schon, die Frage kann ich mir sparen. Offensichtlich brauchst du alles. Ich kümmere mich darum.“
Bis zum Abend war Mike überzeugt, dass die Frau nicht weniger mitreißend war als ein Zyklon. Zu dieser Zeit waren sie schon in ihrem Haus. Die Kinder saßen, gefüttert und frisch gewaschen, in sauberen Pyjamas vor dem Fernseher.
Amanda reichte Mike einen großen Teller Chili. „Ich finde, ihr solltet heute bei uns im Gästezimmer übernachten“, schlug sie vor. „Dann kann ich mich um die Kinder kümmern, wenn etwas ist. Es wird höchste Zeit, dass du wieder einmal eine Nacht durchschläfst.“
Mit den Kindern wurde Amanda spielend fertig. Mit ihm sowieso. In Mikes Haus waren sie nur so lange geblieben, bis sie alles in Ordnung gebracht hatte. Wie durch ein Wunder verschwanden die schmutzigen Töpfe und Teller, während Mike gehorsam duschte und sich frische Sachen anzog. Er war viel zu müde, um Widerstand zu leisten.
Danach scheuchte sie ihn und seinen Sohn in ihr Haus, wo sie erst ihre Mutter mit einer langen Einkaufsliste in den Supermarkt schickte und dann die Kinder versorgte.
„Du solltest dir nicht so viel Mühe machen“, wehrte er sich schwach.
„Wo ist denn da
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