Zerteufelter Vers (German Edition)
1 Planlos
Es war circa halb drei Uhr nachts, als Gloria plötzlich draußen ein Auto und Türenschlagen hörte. Die 17-jährige hatte es allen Sicherheitsmaßnahmen zum Trotz geschafft, sich in der berühmten Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar zu verschanzen. Sie wollte in Ruhe schmökern und die Nacht zum Tag machen. Doch genau diese Nacht sollte alles andere als ruhig werden… und ihr Leben für immer verändern!
Mit dem Buch, das sie gerade las, war sie fast fertig. Gloria hörte Stimmen, die von draußen zu ihr drangen. Sie streifte die Decke beiseite und ging quer durch den großen Saal zum Fenster. Auf dem Platz vor der Bibliothek holten vier junge Männer Plastikbehälter aus dem Kofferraum. Die Dunkelheit schluckte jedes Detail, so dass Gloria nichts Genaues erkennen konnte. Der Größte holte plötzlich aus und ehe Gloria sich versah, zerbrach klirrend eine Fensterscheibe der Bibliothek! Geschockt blickte Gloria durch den Saal, als scheppernd genau jene Scheibe zerbrach, hinter der sie stand. Neben ihrem Fuß lag ein großer Wackerstein!
Gloria verschanzte sich hinter einem Vorhang und beobachtete, wie die Typen Benzin in Flaschen füllten, als das erste brennende Geschoss auch schon Richtung Bibliothek flog. Gloria bekam Angst! Als hätten die Kerle den Bogen raus, flogen plötzlich drei Feuerfackeln gleichzeitig herein. Ein Bücherregal fing sofort Feuer. Gloria packte sich augenblicklich ihre Decke und versuchte die Flammen zu ersticken, als erneut eine Glasflasche direkt neben ihr explodierte! Das Benzin spritzte brennend in alle Richtungen. In Nullkommanichts fingen ganze Reihen von Bücherregalen Feuer und auch ihre eigene Decke begann plötzlich zu brennen. Der Qualm biss Gloria in den Augen. Mit Adrenalin in den Adern rannte sie Richtung Ausgang – verschlossen! Gloria rüttelte verzweifelt an der Tür zum Treppenhaus. Rauch quoll an ihr empor. Sie musste hier raus!
Zurück durch die brennenden Bücher hastete sie auf ein Fenster zu. Es roch nach Benzin, der Boden lag voller Scherben. Panisch riss Gloria das Fenster auf – sie befand sich im dritten Stock! Ein Baum ragte an das Gebäude heran. – Ihre letzte Chance? Ein letztes Mal drehte Gloria sich um und blickte in das grenzenlose Feuer. Das Knacken der lichterloh brennenden Regale gab ihr Mut, das einzig Richtige zu tun: Sie holte Luft und stieß sich mit aller Kraft ab!
Freier Fall – dicke Blätter fetzten durch ihr Gesicht und da bekam sie plötzlich an einem schmalen Zweig Halt. Ihr Abwärtsgang stoppte abrupt! Oh Gott – sie war noch am Leben. Mit einem gezielten Sprung landete Gloria im Gras. Augenblicklich hörte sie einen aufheulenden Motor, ehe das Geräusch des wegfahrenden Wagens verebbte. Insgeheim fragte sie sich, wie viel Zeit verstrichen war. – Gefühlt eine Ewigkeit; gedauert hatte es bestimmt nur einen Bruchteil davon.
Gloria griff zu ihrer Hosentasche, um ihr Handy herauszuholen, als ihr noch im gleichen Moment einfiel, dass es irgendwo oben in der Bibliothek lag! Ihre Sachen hatte sie ganz vergessen… Sie lief zur Vorderseite des Gebäudes und bemerkte die Menschentrauben auf der Straße. Die Feuerwehr war bereits alarmiert. Gloria hielt sich bedeckt im Hintergrund. Sie dachte an ihren Personalausweis im Rucksack, den man sicher finden würde und dann… brachte man auch sie mit dem Brand in Verbindung; wie dumm! Gloria – die mutmaßliche Brandstifterin!
Die Feuerwehr fuhr mit vollem Gerät an. Schaum und Wasser spritzte aus ihren Schläuchen. Schaulustige verfolgten die Löscharbeiten, während Gloria auf die Absperrung zuschritt. Wenn sie ihre nächtliche Eskapade einfach beichtete? Sie bat einen Feuerwehrmann zu sich. »Ich hab´ die Typen gesehen, die mit Molotowcocktails die Bücherei in Brand gesteckt haben.« Gloria schaute ihn unsicher an. »Hast du das genau gesehen?« Sie nickte. Der Mann wies sie an, unter der Absperrung hindurchzugehen. Er geleitete sie zwischen Feuerwehrautos hindurch bis direkt vor den Eingang zur Bibliothek. »Warte kurz hier, ja?« Der Mann verschwand. Gloria starrte auf den Eingang der Bücherei. Niemand befand sich in der Nähe. Ihr Blick wirkte wie erstarrt auf die offene Tür gerichtet. Vielleicht konnte sie unbemerkt ihre Sachen aus dem Brand holen und so allem Ärger entgehen? Ein letztes Zögern umfasste ihr Herz, ehe sie flink durch den Eingang sprang!
Es war dunkel. Gloria stakste das Treppenhaus hinauf und spähte nach Feuerwehrmännern, die ihr jederzeit
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