Eine Nacht in der Hölle - Extrem (German Edition)
EINS
Dillon konnte kaum atmen. Er versuchte es, aber der Kofferraum war zu heiß und eng. Die Luft fühlte sich an, als bade er in einem Tank voll Sirup. Man hatte ihm und Randy die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden. Er lag zusammengekrümmt auf seinem Geliebten und konnte ihn in der Dunkelheit kaum erkennen.
Nachdem er wieder zu sich gekommen war, hatte er versucht, Randy zu fragen, ob mit ihm alles in Ordnung ist, doch irgendetwas steckte in seinem Mund – wahrscheinlich eine Socke. Und offenbar hatte man Randy ebenfalls auf diese Art geknebelt. Also lauschte er nun den Atemzügen seines Freundes, um sich zu vergewissern, dass sie gleichmäßig und kräftig klangen. Randy schien soweit okay zu sein.
Warum also konnte er selbst kaum Luft holen?
Nur eine kleine Panikattacke!, redete er sich ein. Das ist alles. Beruhige dich, verdammt, und denk nach!
Leider hatte sein Verstand nichts Besseres zu tun, als ihm klarzumachen, in welch großen Schwierigkeiten er steckte. Kevin und die anderen mussten es irgendwie herausgefunden haben. Sie waren ihrem Geheimnis auf die Spur gekommen. Nur wie? Randy und er hatten immer unheimlich aufgepasst, waren mit unterschiedlichen Cliquen durch die Gegend gezogen und hatten sich außerhalb der Nachhilfestunden so gut wie nie gesehen. Soweit es der Rest der Schule wusste, half Randy ihm lediglich in Algebra auf die Sprünge – eine lästige Verpflichtung, die er nur auf sich genommen hatte, um weiterhin berechtigt zu sein, am Football-Training teilnehmen zu dürfen.
Aber Kevin musste davon wissen. Irgendwie hatte er ihr Geheimnis herausgefunden.
Jetzt war alles aus.
Die Stipendien fürs College, der Ruhm der Staatsmeisterschaften – aus und vorbei. Niemand würde sich einen Dreck um Dillon Campbell scheren, den besten Running Back im ganzen Bundesstaat. Von jetzt an würde er für alle der Homo sein, der mit den anderen Jungs auf dem Feld und in der Umkleide herumspielte.
Dabei waren das ruinierte Image und die Stipendien, die sich in Luft auflösten, im Moment noch seine geringste Sorge. Viel entscheidender: Kevin, Slug und Toby – was hatten sie vor? Was wollten sie ihm antun? Und Randy?
Sie hatten ihn von der Party weggelockt, der Meisterschaftsfeier bei Patrick Jenkins, und etwas von einer Überraschung im Kofferraum von Kevins Wagen gefaselt. Dillon war ihnen wie ein naives Schoßhündchen hinterhergedackelt. Hmm, er hatte Kevin, den besten Wide Receiver im Team, während der Saison um ein paar Scorerpunkte übertrumpft. Vielleicht war es also nur ein dummer Streich? Immerhin war Kevin seit der 5. Klasse sein bester Kumpel und Toby und Slug kannte er mindestens genauso lange. Dillon vermutete im ersten Moment, die Jungs hätten ein bisschen Koks organisiert, um der Party einen besonderen Kick zu geben. Stattdessen hatte Kevin den Kofferraumdeckel hochgeklappt und ihm Randy präsentiert, gefesselt und zusammengeschlagen. Dillon war sofort klar geworden, dass sie das Geheimnis kannten, und zwar in dem Bruchteil der Sekunde, bevor Slug oder Toby ihm von hinten einen mächtigen Schlag auf den Kopf verpasst hatten.
Er hoffte sehr, dass es nur einer ihrer blöden Jokes war – um ihnen auf ziemlich ätzende Art klarzumachen, dass sie kein Problem damit hatten. Die Schmerzen, die in seinem Schädel pochten, sprachen allerdings nicht gerade für diese Theorie. Ebenso wenig wie die Verletzungen in Randys Gesicht. Der Blutgeruch hing schwer und süßlich im Kofferraum und vermischte sich mit dem überwältigenden Aroma von Schweiß und Abgasen.
Oh Gott! Wenn sie uns nicht bald rauslassen, ersticken wir noch!
Er wusste nicht, wie lange sie bereits im Kofferraum lagen, konnte nicht mit Sicherheit sagen, wie lange der Wagen schon durch die Gegend schaukelte. Es kam ihm vor, als wären es Stunden, aber die wachsende Panik machte jegliches Zeitgefühl zunichte. Gut möglich, dass sie einfach ein paar Meilen auf der Landstraße im Kreis herumfuhren, um seinen Orientierungssinn durcheinanderzubringen. Sie konnten sich aber genauso gut bereits in einem anderen Bundesstaat befinden. Er hatte nicht die geringste Ahnung.
Das Auto machte einen Satz und plötzlich drang das typische Knirschen von Reifen auf Kies an seine Ohren. Nicht dass ihm das irgendwie weiterhalf. Solche Schotterpisten gab es überall in den ländlichen Gegenden zwischen den Kleinstädten im südöstlichen Indiana.
Der Wagen wurde langsamer und bewegte sich nur noch im Schneckentempo voran. Dann wurden
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