Eine unberührte Welt - Band 2 (German Edition)
Gewinnerzielungsabsicht Gebrauch von besagten markenrechtlich geschützten Bezeichnungen gemacht werde, unter Androhung von Ordnungsgeldern sowie Ordnungshaft in schweren Fällen.
Die Reaktionen darauf fielen unterschiedlich aus. Manche Zeitungen brachten vorsichtshalber erst einmal nur neutral gehaltene Berichte, andere Medien ignorierten die Verfügungen und räumten mit groß aufgemachten Berichten ab. Die Inhaber der Letzteren waren es, die sich kurz darauf vor Gericht wiederfanden und mit detaillierten Aufstellungen konfrontiert sahen, wie viel Gewinn sie mit der widerrechtlichen Verwendung geschützter Markenzeichen erzielt hatten: Der Vergleich mit den Absatzzahlen und Einschaltquoten jener Zeitungen und Sender, die den vorsichtshalber erlassenen einstweiligen Verfügungen gefolgt waren, ermöglichte eine überzeugende Vergleichsrechnung. So folgten die Gerichte in den meisten Fällen den Anträgen der klagenden Partei und verurteilten die beklagten Medien zur nachträglichen Zahlung von Lizenzgebühren und darüber hinaus zu Geldstrafen wegen Verstoßes gegen das Marken- und Urheberrecht sowie Zuwiderhandlung gegen eine rechtsgültige einstweilige Verfügung.
Die betroffenen Zeitungen und Sender reagierten daraufhin damit, nicht mehr über den Terroranschlag zu berichten, sondern stattdessen über das Tun und Treiben der Kanzlei E. E. Waits & Partners. »Der Anwalt des Teufels« lautete die Schlagzeile einer Illustrierten, in der es Eduard E. Waits auf die Titelseite schaffte.
Doch wie sich kurz darauf herausstellte – die Reporter hatten vergessen, dies zu recherchieren –, hatte sich Waits in kluger Voraussicht auch der Markenrechte an seinem eigenen Namen versichert und verklagte die betreffenden Zeitschriften und Fernsehmagazine seinerseits wegen unerlaubter Verwendung, missbräuchlicher und diskriminierender Darstellung und so weiter. Die Anklageschrift umfasste sechshundert Seiten, und die beklagten Parteien gingen mit Pauken und Trompeten ein zweites Mal unter.
Als die nächste Bombe hochging, geschah dies irgendwo in England. Genaueres erfuhr die Öffentlichkeit aber nicht mehr, denn im Handumdrehen waren in allen Redaktionen wieder einstweilige Verfügungen eingetroffen.
Und das war nur der Anfang.
* * *
Der Chefredakteur des SVENSKA DAGBLADET schaute noch einmal unauffällig auf seinen Notizblock, als der junge Reporter hereinkam, schüchtern grüßte und artig die Tür hinter sich zumachte. Sven Söderström hieß er. Hatte vor drei Wochen angefangen, frisch von der Journalistenschule. Höchste Zeit, ihm das beizubringen, was sie an den Schulen offenbar versäumt hatten.
»Es geht um den Artikel für die morgige Ausgabe«, erklärte er dem blonden jungen Mann, der ihn mit kaninchenhaftem Blick ansah. »Über die Explosion in Malmö, die Sie als Terroranschlag beschreiben –«
»Ja. Ist Fakt. Ganz ohne Zweifel«, nickte der junge Mann heftig. Er glühte förmlich vor Begeisterung. »Der erste Terroranschlag seit langem. Eine Sensation! Wenn wir damit aufmachen, ist die morgige Auflage im Nu ausverkauft –«
»Eins nach dem anderen«, unterbrach ihn der Chefredakteur. »Darf ich fragen, wie Sie zu der Annahme kommen, dass es sich um eine Bombe handelte?«
»Ich habe mit den Leuten von der Spurensicherung gesprochen. Die sagen, daran bestehe kein Zweifel.«
»Hmm«, machte der Chefredakteur. »Und was veranlasst Sie, zu schreiben, es sei ein Terroranschlag?«
»Die Polizei hat ein entsprechendes Bekennerschreiben erhalten. Der Anschlag galt einem islamkritischen Regisseur. Der war allerdings gar nicht da; er nimmt in den USA gerade einen Filmpreis entgegen. Hätten die Täter übrigens aus dem Internet erfahren können.«
»Hmm«, machte der Chefredakteur wieder. Schade, er hatte gehofft … Es war immer schwer, einem jungen, aufstrebenden Kollegen die Illusionen über ihren Beruf nehmen zu müssen. Insbesondere in letzter Zeit.
»Die Sache ist die«, begann er widerstrebend, »dass unser Haus seit geraumer Zeit die Linie verfolgt, grundsätzlich nicht mehr über Terroranschläge zu berichten. Die Explosion: Ja. Dass es eine Bombe war: Eventuell. Aber dass Terroristen dahinterstecken: No way. Terroristen kommen in unserem Blatt nicht mehr vor.«
Dem jungen Reporter fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Wie bitte? Wieso das denn?«
Der Chefredakteur seufzte. »Das letzte Mal, als wir über Terrorismus berichtet haben – das war vor Ihrer Zeit, ich weiß nicht, ob Sie es
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