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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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des Himmels, das alles war zu viel für sie. Als ich zu ihr lief, um sie zu stützen, war sie schon fast nicht mehr bei Bewusstsein. Ich trug sie den Hügel hinab, weg von Macon, weg vom Friedhof.
    Zu Hause rollte sie sich in meinem Bett zusammen und schlief fast einen ganzen Tag und eine ganze Nacht. In ihrem Haar hatten sich ein paar Zweige verfangen, und ihr Gesicht war immer noch schmutzig, aber sie war nicht imstande, zurück nach Ravenwood zu gehen, und niemand zwang sie dazu. Ich hatte ihr mein ältestes und flauschigstes Sweatshirt gegeben und sie mit unserer wärmsten Patchworkdecke zugedeckt, aber sie fror trotzdem, sie zitterte sogar im Schlaf. Boo lag zu ihren Füßen und hin und wieder steckte Amma den Kopf zur Tür herein. Ich saß auf dem Stuhl am Fenster, auf dem ich sonst niemals saß, und starrte in den Himmel. Aufmachen konnte ich das Fenster nicht, denn es war immer noch Sturm im Anzug.
    Im Schlaf öffnete Lena die Hand. Darin lag ein winziger silberner Vogel, ein Sperling. Das Geschenk des Fremden an Macons Grab. Ich wollte es ihr aus der Hand nehmen, aber sofort umschlossen ihre Finger es wieder.
    Selbst jetzt, Monate später, konnte ich den Vogel nicht betrachten, ohne das Geräusch des aufreißenden Himmels zu hören.

Verbrannte Waffeln

17.4.
    Vier Eier, vier Streifen gebratener Speck, ein Korb voll selbst gebackener Brötchen (was bei Amma hieß, dass kein Löffel jemals den Teig berührt hatte), drei verschiedene Sorten Konfitüre und ein Klecks Butter mit Honig. Und dem Duft nach zu urteilen, der von der anderen Seite der Anrichte zu mir herüberwehte, wurden in dem alten Waffeleisen gerade Waffeln aus Buttermilchteig goldbraun gebacken. In den vergangenen zwei Monaten hatte Amma beinahe Tag und Nacht in der Küche gestanden. Auf der Anrichte türmte sich Geschirr aus feuerfestem Glas – darin Maiskuchen mit Käse, Bohneneintopf, Brathähnchen und natürlich Bingkirschen-Salat, was wirklich ein komischer Name ist für ein Dessert aus Kirschen, Ananas und Coca-Cola. Außerdem gab es noch einen Kokosnusskuchen, Orangenplätzchen und etwas, das aussah wie Bourbon Bread Pudding, ein köstlicher Kuchen aus Weißbrot. Aber das war noch längst nicht alles, da machte ich mir keine Illusionen. Seit Macon tot und mein Vater nicht mehr im Haus war, kochte und backte und hortete Amma, als ob sie damit ihre Trauer vertreiben könnte. Dabei wussten wir doch beide, dass es unmöglich war.
    Seit dem Tod meiner Mutter hatte Amma sich noch nie einer so düsteren Stimmung hingegeben wie jetzt. Sie hatte Macon Ravenwood ein ganzes Lebensalter länger gekannt als ich, sogar länger als Lena. Ganz egal wie merkwürdig oder uneinschätzbar ihre Beziehung gewesen war, sie hatten einander etwas bedeutet. Sie waren Freunde gewesen, obwohl ich bezweifelte, dass einer von beiden es jemals zugegeben hätte. Aber ich wusste, dass es so war. Man konnte es Amma im Gesicht ablesen und man sah es an den Essensbergen in der Küche.
    »Dr. Summers hat angerufen.« Dr. Summers war der Psychiater meines Vaters. Amma blickte nicht vom Waffeleisen auf, aber ich verzichtete darauf, ihr unter die Nase zu reiben, dass man nicht ständig auf das Waffeleisen starren muss, um Waffeln zu backen.
    »Was hat er gesagt?« Von meinem Platz an dem alten Eichentisch aus betrachtete ich Ammas Rücken und die in der Mitte verknoteten Schürzenbänder. Ich dachte daran, wie oft ich mich an sie herangeschlichen hatte, um die Bänder heimlich aufzumachen. Amma war so klein, dass die Enden der Bänder fast so lang herabhingen wie die Schürze. Ich beschwor dieses Bild so lange ich konnte. Alles war besser, als an meinen Vater zu denken.
    »Er meint, dein Vater kann bald nach Hause kommen.«
    Ich hielt mein leeres Glas hoch, durch das hindurch alles so verquer aussah, wie es auch war. Mein Dad war seit zwei Monaten im Blue Horizons in Columbia. Nachdem Amma erfahren hatte, dass das Buch, an dem mein Vater angeblich seit fast einem Jahr schrieb, gar nicht existierte, und erst recht nach dem »Zwischenfall«, wie sie die Tatsache nannte, dass mein Vater beinahe vom Balkon gesprungen wäre, hatte sie meine Tante Caroline verständigt. Und die hatte ihn noch am selben Tag ins Blue Horizons kutschiert – eine Kurklinik, wie sie es nannte. Es war die Sorte Kurklinik, in die man seine verrückten Verwandten schickte, wenn sie, wie man in Gatlin sagte, »besondere Pflege« nötig hatten. Leute, die nicht in den Südstaaten lebten, sagten schlicht

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