Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
sagen, ja.«
»Du stehst auf Kriegsfuß mit ihm.«
Vince suchte drei Tabletten aus dem Sortiment aus und spülte sie mit einem Schluck Orangensaft hinunter.
»Er hat mit Lisa Warwick an Projekten für das Thomas Center gearbeitet«, sagte Mendez. »Er hatte eine Affäre mit ihr. Er hat mit Marissa Fordham an einem Projekt für das Thomas Center gearbeitet. Sie war schön, sexy, alleinstehend, umgab sich gern mit Männern …«
»Warum sollte er sie dann umbringen?«
»Zum Beispiel weil sie ihm drohte, zu seiner Frau zu gehen. Damit wäre seine Ehe endgültig kaputt, und er würde seine Tochter verlieren.«
»Was ist mit seiner Frau?«, fragte Vince und beobachtete Mendez’ Reaktion. Verwirrung.
»Was soll mit ihr sein?«
»Ihre Freundin hat eine Affäre mit ihrem Mann«, sagte Vince. »Wenn ein Mann seine Frau betrügt, ist die meistens gar nicht so schockiert, aber von einer Freundin betrogen zu werden … Das ist unverzeihlich.«
Mendez sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Glaubst du allen Ernstes, Sara könnte Marissa Fordham umgebracht haben?«
»Ich will damit nur sagen, dass du bei einem Dreiecksverhältnis den Ehemann und die Ehefrau im Blick haben solltest. Beide verlieren bei einer Scheidung. Der Mann verliert Frau und Familie. Die Frau verliert ihr ganz persönliches Märchen – den hübschen Prinzen, das Schloss, das gute Leben …«
»Das ist doch verrückt«, sagte Mendez. »Sara Morgan will nur ihre Familie retten. Dass sie derart in Wut geraten könnte …? Niemals. Abgesehen davon wurde die Fordham nackt aufgefunden.«
»Na und? Vielleicht schlief sie nackt und wurde mitten in der Nacht aus dem Bett geholt. Oder um der Geschichte eine pikantere Note zu verleihen: Vielleicht waren sie und Mrs Morgan mehr als nur Freundinnen.«
Davon wollte Mendez nichts hören. »Der Notruf bei der Polizei«, sagte er kopfschüttelnd. »Das Mädchen sagte, Daddy würde Mommy wehtun.«
»Der Täter kann sich verkleidet haben.«
»Das Mädchen wird doch wohl seinen eigenen Vater erkennen.«
»Warum?«, fragte Vince. »Es kennt ihn doch auch sonst niemand.«
»Vielleicht Miss Kemmer«, sagte Mendez und parkte vor dem gepflegten Tudor-Haus mit dem Blumengarten davor.
Dixon hatte sie gebeten, Gina Kemmer zur Vernehmung ins Büro zu bringen, aber Vince wollte sie lieber in ihrer eigenen Umgebung sehen. Meistens ließ sich auf diese Weise viel über jemanden in Erfahrung bringen.
Er stieg aus und sah sich um. Miss Kemmer gehörte zum häuslichen Typ. Sie liebte ihr Haus und war stolz darauf, hatte hier Wurzeln geschlagen.
Der Garten mit den altmodischen Kletterrosen und Teerosen, dem großen Rittersporn, dem rosa Fingerhut und den bunten Löwenmäulchen machte einen heiteren Eindruck. Vor den Fenstern hingen Blumenkästen, in denen pinkfarbene Geranien, Efeu und blaue Lobelien prächtig gediehen.
Vor einer kleinen, schmucken Garage stand ein blauer Honda Accord, Baujahr 1981. Gina Kemmer schien gut zu verdienen.
Es würde ihr nicht gefallen, wenn Cops in ihr Heiligtum eindrangen – aber das gefiel eigentlich niemandem.
Sie sah schrecklich aus, als sie ihnen die Tür öffnete. Ihre Augen und ihr ganzes Gesicht waren rot und verquollen. »Miss Kemmer«, Mendez hielt seinen Ausweis in die Höhe. »Ich bin Detective Mendez vom Büro des Sheriffs. Das ist Mr Leone.«
»Wir möchten Ihnen zunächst einmal unser Beileid aussprechen«, sagte Vince mit sanfter Stimme. Der liebe Onkel von nebenan. »Entschuldigen Sie, dass wir Sie einfach unangemeldet überfallen. Wir können uns vorstellen, was Sie durchmachen.«
»Ich habe doch gestern schon mit zwei Detectives gesprochen«, sagte sie beunruhigt. »Ich habe alle Fragen beantwortet.«
Vince schätzte sie auf dreißig. Unter normalen Umständen war sie bestimmt ziemlich hübsch.
»Ja, Ma’am«, sagte Mendez. »Wir haben nur noch ein paar zusätzliche Fragen.«
»Da Sie Marissa Fordhams beste Freundin waren«, sagte Vince, »können Sie uns vielleicht ein wenig darüber erzählen, was für ein Mensch sie war.«
»Ja, also …«
»Dürfen wir reinkommen?«, fragte Mendez.
Gina Kemmer nickte, und schon kamen ihr wieder die Tränen. Sie trug eine graue Jogginghose und ein McAster-T-Shirt, das so aussah, als hätte sie die Nacht darin geschlafen. Immerhin hatte sie ihre blonden Haare gekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Vielleicht hatten ihre Angestellten, bei denen Mendez und Leone ihre Adresse erbeten hatten, angerufen, um
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