Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
langem miteinander befreundet und zusammen hierhergezogen sind, dann weiß Gina mit Sicherheit auch, wer der Vater von Haley ist.«
»Und wenn Daddy Mommy umgebracht hat, wird Milo Bordain ihr fünfundzwanzigtausend Dollar für diese Information zahlen«, sagte Vince. »Und wenn Daddy Mommy umgebracht hat und Gina der einzige Mensch ist, der Daddy kennt …«
»Und wenn Daddy weiß, dass Gina fünfundzwanzigtausend Mäuse dafür kriegen könnte, dass sie ihn verrät …«, fuhr Mendez fort. »Ich werde veranlassen, dass alle halbe Stunde eine Streife an ihrem Haus vorbeifährt.«
»Sie kann uns als Köder dienen«, sagte Vince. Das hörte sich gefühllos an, aber so war Gina Kemmer sicherer, als wenn sie sie einfach sich selbst überließen. »Bitte Dixon, einen Zivilwagen vor ihrem Haus zu postieren. Wir sollten sie nicht aus den Augen lassen.«
»Wir sind schon jetzt knapp an Detectives.«
»Dann werden eben ein paar Uniformierte eine Zeitlang Zivil tragen dürfen.«
»Sagen wir Gina Bescheid, dass wir sie beobachten? Um sie zu beruhigen?«
»Nein. Ich will wissen, was sie tut. Mit etwas Glück führt sie uns direkt zu dem Mörder. Jemand soll sich auch ihre Finanzen anschauen«, schlug Vince vor. »Für eine Frau in ihrem Alter fährt sie ein ziemlich teures Auto und wohnt in einer ziemlich teuren Gegend. Sie führt eine Boutique, keinen exklusiven Juwelierladen.«
»Denkst du an Erpressung?«
»Vergiss nicht, was Nasser gestern gesagt hat. Er könne sich nicht vorstellen, dass Marissa mit ihrer Kunst genug Geld verdient hat, um sich einen solchen Lebensstil leisten zu können. Vielleicht weiß niemand, wer Haleys Vater ist, weil es Marissa Fordham mehr gebracht hat, dieses Wissen für sich zu behalten.«
»Und vielleicht hatte Daddy keine Lust mehr, sich melken zu lassen«, sagte Mendez und ließ den Motor an. »Das ist ein verdammt gutes Motiv für einen Mord.«
Vince nickte. »Oder zwei.«
Vince und Mendez trennten sich vor dem Büro des Sheriffs. Der Detective wollte die Überprüfung von Gina Kemmer veranlassen und sehen, was die Bankauskünfte und Telefonlisten für Marissa Fordham ergeben hatten.
Vince stieg in seinen alten Jaguar und fuhr aus der Stadt. Die Fahrt zu Marissa Fordhams Haus führte durch eine schöne stille Landschaft – ein scharfer Kontrast zu dem, was ihn bei ihrem Haus erwartete.
Anne hatte ihn gebeten, Kleider und Spielzeug für Haley zu holen. Er wäre aber sowieso hingefahren. Die Spurensicherung am Tatort war abgeschlossen. Die Tatortermittler waren fort. Nach dem Spießrutenlauf vorbei an den Presseleuten, die hinter einer Absperrung am Ende der Zufahrt warteten, würde er das Haus für sich haben.
Vince Leone zu sein hatte den Nachteil, dass man von Kriminalreportern leicht erkannt wurde. Er hatte beim FBI zu viele Jahre im Rampenlicht gestanden, öffentlichkeitswirksame Fälle brachten das mit sich. Auch hier im Ort hatte die Berichterstattung über die Serienmorde und Annes Entführung im letzten Jahr so viel Aufmerksamkeit erregt, dass die Leute ihn auf der Straße mit Namen begrüßten.
Übertragungswagen standen am Straßenrand, als er sich der Einfahrt näherte. Als einige Reporter, die sich langweilten und neben den Wagen herumlungerten, ihn entdeckten, kamen sie sofort auf ihn zugerannt.
Vince zeigte dem Deputy, der als Wache abgestellt war, seinen Ausweis und wurde durchgewunken, bevor die hungrige Pressemeute ihn erwischen konnte.
Am Ende der Einfahrt saß im Schatten eines Pfefferbaums ein weiterer Deputy in seinem Streifenwagen. Vince winkte ihm auf dem Weg ins Haus zu.
Er duckte sich unter dem gelben Band hindurch, das vor die Eingangstür gespannt war, und trat ein. Im Haus war es völlig still, aber er spürte wie immer die seltsame Spannung, die nach einem Gewaltverbrechen in der Luft lag. Manchmal glaubte er, es sei die Furcht des Opfers, vermischt mit dem Geruch nach Blut und Tod. Manchmal glaubte er auch, es seien die Überreste des Bösen, eine dunkle Energie, die wie das letzte Zittern einer Stimmgabel die Luft zum Vibrieren brachte.
Seine Kollegen beim FBI waren aufgrund neuester Erkenntnisse dazu übergegangen, die Fallanalytiker nicht gleich zu einem Tatort zu schicken, wenn man sie um Hilfe bat. Zunächst versammelten sie sich in den unterirdischen Büros der Investigative Support Unit in Quantico, von den Beschäftigten scherzhaft Nationalkeller der Gewaltverbrechensanalyse genannt, und gingen erst einmal alle verfügbaren Informationen
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