Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
unverblümt.
»Äh … Nun ja …«
»Die Mühe können Sie sich sparen«, sagte sie. »Er wird es abstreiten. Das sind die drei wichtigsten Dinge, die man im Jurastudium lernt. Abstreiten, abstreiten, abstreiten.«
»Klingt so, als hätten Sie dieses Gespräch bereits mit ihm geführt«, sagte Mendez.
Sara Morgan ging nicht darauf ein. »Er ist nicht zu Hause«, sagte sie. »Er hat angerufen und gesagt, dass es später wird. Mal wieder.«
In diesem Augenblick kam Wendy die Treppe herunter, und ihre Augen weiteten sich erschrocken, als sie die beiden Detectives in der Diele stehen sah. Sie war größer geworden, seit Mendez sie das letzte Mal gesehen hatte. In ein paar Jahren würde sie ebenso umwerfend aussehen wie ihre Mutter.
»Hallo, Wendy«, sagte er und lächelte. »Wie geht es dir?«
Sie zuckte mit den Schultern. Sein Lächeln blieb unerwidert. »Ganz gut. Warum sind Sie hier?«
Sara Morgan drehte sich zu ihrer Tochter. »Sie haben ein paar Fragen wegen Marissa, wegen … dem, was passiert ist.«
Wendy seufzte genervt. »Warum sagst du es nicht einfach? Wegen dem Mord. Marissa ist ermordet worden. Jemand hat ein Messer genommen und sie umgebracht.«
»Wendy …«
»Ich bin kein Baby mehr, Mom. Ich weiß, was in der Welt passiert. Leute werden ermordet. Leute sterben. Das ist nichts Neues«, sagte sie mit einer solchen Verbitterung in der Stimme, dass Mendez die Stirn runzelte.
Wendy sah ihn mit ihren blauen Augen an. »Wissen Sie, wer sie umgebracht hat?«
»Nein«, sagte er. »Wir sammeln im Moment noch Informationen. Deine Mom und Miss Fordham waren befreundet. Wir dachten, dass sie uns vielleicht etwas über Miss Fordham sagen kann, was wir noch nicht wissen.«
Zufrieden mit dieser Antwort, wandte Wendy sich einem anderen Thema zu. »Wie geht es Haley? Wird sie wieder gesund? Wo ist sie?«
»Ja, sie wird wieder gesund«, sagte Mendez. »Anne Leone – Miss Navarre – ist im Krankenhaus und kümmert sich um sie, bis wir ihre Angehörigen gefunden haben.«
Wendys Miene hellte sich auf. Sie wandte sich ihrer Mutter zu. »Mom, darf ich sie besuchen? Bitte!«
»Wendy mag Haley sehr«, erklärte Sara Morgan, und ihre Gesichtszüge wurden weicher, als sie auf ihre Tochter blickte.
»Darf ich sie im Krankenhaus besuchen? Bitte, bitte!« Wendy wandte sich wieder Mendez zu. »Nächstes Jahr hätte ich nämlich angefangen, bei ihr babyzusitten. Da werde ich zwölf. Ich hätte es auch dieses Jahr schon machen können, weil ich nicht so bin wie andere Elfjährige. Ich bin sehr reif für mein Alter.«
»Das sehe ich«, sagte Mendez.
»Ich weiß nicht, ob Besuche erlaubt sind, Schätzchen«, sagte Sara Morgan.
»Ich kann mich erkundigen«, bot Mendez an.
»O ja, bitte. Bitte!«, rief Wendy und trat vor Aufregung von einem Fuß auf den anderen. Sie sah ihre Mutter an. »Ich werde ihr ein Geschenk mitbringen. Darf ich eine Karte für sie machen? Bitte! Darf ich in dein Atelier und eine Karte für sie machen?«
Sara fuhr Wendy mit der Hand liebevoll über die zerzausten Locken, die genauso aussahen wie ihre. »Natürlich, Schätzchen. Bastele ihr eine hübsche Karte.«
Ohne Mendez noch eines Blickes zu würdigen, flitzte Wendy die Treppe hinauf.
Sara Morgan sah ihr nach. Als sie sich wieder den Detectives zuwandte, hatte sie Tränen in den Augen.
»So aufgeregt erlebe ich sie nur noch selten«, sagte sie.
»Das ist sicher schwer für Sie«, murmelte Mendez. Ihm wurde klar, dass Sara Morgan auch sonst kein leichtes Leben hatte. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen, damit sie sich an seiner Schulter ausweinen konnte.
Er riss sich zusammen.
»Ma’am«, sagte Hicks. »Wissen Sie, wo Ihr Mann am Sonntagabend war?«
»Er war das ganze Wochenende in Sacramento auf einem Golfturnier. Ich kann Ihnen nicht sagen, wann er Sonntagnacht nach Hause gekommen ist. Ich habe ihn nicht gehört. Als ich am Montagmorgen nach unten kam, lag er auf dem Sofa und schlief.«
»Ich frage Sie das wirklich nicht gern«, sagte Hicks, »aber glauben Sie, dass Ihr Mann eine Affäre mit Miss Fordham hatte?«
»Ich weiß es nicht«, sagte sie traurig. »Und ehrlich gesagt will ich es auch gar nicht wissen. Meine Ehe ist sowieso kaputt. Schlimmer kann es nicht mehr werden. Ich weiß nur nicht, wie ich sie beenden soll.«
»Das tut mir leid«, sagte Mendez leise, auch wenn es nicht ganz stimmte. Sie verdiente etwas Besseres als Steve Morgan. Sie verdiente es, glücklich zu sein.
Hicks setzte zu einer weiteren Frage
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