Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
sprießenden weißen Haaren.
Stattdessen war Foster ein gutaussehender, durchtrainierter Endvierziger mit kurz geschnittenen, leicht schütteren braunen Haaren. Zu seiner Khakihose trug er ein blaues Hemd und eine braune Strickkrawatte. Das Einzige, womit Mendez richtig gelegen hatte, war die Nickelbrille.
Am Abend um halb acht war Foster immer noch am Arbeiten und bereitete sich in dem nüchternen weißen Musiksaal auf eine Probe des studentischen Blechbläserquintetts vor. Mendez und Hicks warteten auf dem Dirigentenpodium, während Foster auf den Plätzen, wo sein Quintett sitzen würde, Notenblätter verteilte.
»Ich helfe Ihnen, wo ich nur kann«, sagte er. »Ich war erschüttert, als ich davon erfahren habe. Was wird nur aus dieser Welt? Erst die Morde im letzten Jahr und jetzt das. Mit so etwas rechnet man hier nicht. Wir leben doch die meiste Zeit wie auf einer kleinen friedlichen Insel. Ich erinnere mich, dass ich mich voriges Jahr mit Marissa darüber unterhalten habe, nachdem Peter Crane diese Lehrerin entführt und beinahe umgebracht hatte. Wir waren beide völlig fassungslos.«
»Waren Sie eng befreundet?«, fragte Hicks.
»Wir verkehrten in denselben Kreisen. Sind uns bei gesellschaftlichen Anlässen über den Weg gelaufen, haben gelegentlich etwas zusammen getrunken, so in der Art.«
»Wann haben Sie Miss Fordham das letzte Mal gesehen?«, fragte Mendez.
»Vor vierzehn Tagen in einem Restaurant«, sagte Foster. »Ein merkwürdiger Zufall. Ich war nach Los Olivos gefahren, weil ich ein neues kleines Restaurant ausprobieren wollte, von dem ich gehört hatte. Ich habe eine Schwäche für gutes Essen«, gestand er. »Meine große Leidenschaft ist es, Restaurants ausfindig zu machen, die vor mir noch niemand entdeckt hat. Es war ein richtiger Schock, dort einer Bekannten zu begegnen. Aber da saß Marissa, sie lächelte und winkte mir zu. Sie war immer so temperamentvoll, so fröhlich.«
»Wir haben gehört, dass Sie mit ihr ausgegangen sind«, sagte Hicks.
»Ja, hin und wieder«, gab Foster zu. »Marissa war die perfekte Begleiterin.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie ging gern zu Wohltätigkeitsveranstaltungen – sie mochte das ganze Drumherum, das Schickmachen, den Smalltalk mit wichtigen Leuten«, erklärte er. »Und sie musste nie eine Eintrittskarte kaufen. Sie war immer die Begleiterin von jemandem.«
»Ein Partygirl«, sagte Mendez.
»In gewisser Weise könnte man das vielleicht sagen, aber sie übertrieb es nicht. Sie hat sich einfach nur gern amüsiert. Sie war ein Freigeist. Sie mochte die Männer, und die Männer mochten sie.«
»War sie jemals mehr als Ihre Begleiterin?«
»Wir waren einfach nur Freunde«, sagte Foster mit möglichst ausdrucksloser Miene.
»Wusste sie, dass Sie schwul sind?«, fragte Mendez.
Falls die Frage Foster aus der Fassung brachte, ließ er es sich nicht anmerken.
»Ich bin nicht schwul.«
Mendez warf Hicks einen Blick zu. »Ach nein? Das hat uns aber jemand gesagt.«
Foster tat es mit einem Schulterzucken ab. »Das ist nichts Neues. Musiklehrer, alleinstehend, bislang keine Kolleginnen geschwängert – der muss schwul sein. Nur bin ich’s eben nicht.«
»Hm«, sagte Mendez, »derjenige schien sich aber ziemlich sicher zu sein.«
Foster zuckte wieder mit den Schultern. »Nun ja, wer immer er ist, er hat sich getäuscht.«
»Wann haben Sie das letzte Mal mit Miss Fordham gesprochen?«, fragte Hicks.
Foster dachte nach. »Ähm … Am Sonntag. Sie hat mich Sonntagnachmittag angerufen.«
»Aus einem bestimmten Grund?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie wollte nur ein bisschen plaudern.«
»Wie wirkte sie?«
»Normal.«
»Sie hat nichts davon gesagt, dass sie sich bedroht fühlt oder dass jemand sie belästigt?«
»Nein. Wir haben über den bevorstehenden Weihnachtsjahrmarkt gesprochen. Sie hatte gerade mit Seidenmalerei angefangen und hoffte, dass sie einige Sachen an ihrem Stand verkaufen könnte.«
»Können Sie uns sagen, wo Sie am Sonntagabend waren?«, fragte Hicks.
»Abendessen und ein Video bei Freunden. Um halb zwölf lag ich zu Hause im Bett. Am nächsten Morgen hatte ich Unterricht.«
Über ihnen öffnete sich eine Tür, und zwei Mitglieder von Fosters Quintett kamen mit Trompeten in der Hand in den Musiksaal.
»Haben Sie sonst noch Fragen?«, erkundigte sich Foster. »Ich kann die Probe verschieben, wenn Sie mich noch brauchen.«
»Nein, nicht nötig, Mr Foster«, sagte Mendez. »Das ist im Augenblick alles.«
Mendez reichte
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