Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Weihnachtsgeschichte - Illustrierte Fassung

Eine Weihnachtsgeschichte - Illustrierte Fassung

Titel: Eine Weihnachtsgeschichte - Illustrierte Fassung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
Geist, »um diese närrischen Leute so dankerfüllt zu machen.«
    »Eine Bagatelle«, gab Scrooge zurück.
    Der Geist gab ihm ein Zeichen, den beiden Lehrlingen zuzuhören, die ihr Herz in Lobpreisungen auf Fezziwig erleichterten; und als Scrooge das getan hatte, meinte der Geist: »Nun, ist es nicht so? Er hat nur ein paar Pfund Eures irdischen Geldes hingegeben; vielleicht drei oder vier. Macht das soviel aus, daß er deshalb Lob verdient?«
    »Das ist’s nicht«, sagte Scrooge, durch diese Bemerkung gereizt, und wie sein früheres, nicht wie sein jetziges Selbst sprechend. »Das ist es nicht, Geist. Er hat die Macht, uns glücklich oder unglücklich, unsern Dienst zu einer Last oder zu einer Bürde, zu einer Freude oder zu einem dauernden Schmerz zu machen. Du kannst sagen, seine Macht liege in Worten und in Blicken, in so unbedeutenden und kleinen Dingen, daß es unmöglich ist, sie herzuzählen. Was schadet das? Das Glück, das er bereitet, ist so groß, als ob es sein ganzes Vermögen gekostet hätte.«
    Er fühlte des Geistes Blick und schwieg.
    »Was ist los?«, fragte der Geist.
    »Nichts, nichts«, sagte Scrooge.
    »Etwas scheint doch nicht in Ordnung zu sein«, drängte der Geist.
    »Nein«, sagte Scrooge, »nein. Ich möchte nur schnell ein paar Worte mit meinem Diener sprechen. Um weiteres handelt es sich nicht.«
    Sein früheres Selbst löschte die Lampen aus, als er diesen Wunsch aussprach, und Scrooge und der Geist befanden sich wieder im Freien.
    »Meine Zeit geht zu Ende«, sagte der Geist. »Schnell!«
    Diese Aufforderung war nicht an Scrooge oder an jemand, den er sehen konnte, gerichtet; aber es wirkte sofort. Denn wieder sah Scrooge sich selbst. Er war jetzt älter geworden, ein Mann in der Blüte seiner Jahre. Sein Gesicht hatte nicht die schroffen, rauhen Züge wie später, aber es fing schon an, die Merkmale der Sorge und des Geizes zu tragen. In seinem Auge brannte ein unruhiges, habsüchtiges Feuer, das von der Leidenschaft zeugte, die darin einen Nährboden geschlagen hatte und zeigte, wohin der Schatten des wachsenden Baumes fallen würde.
    Er war nicht allein, sondern saß neben einem schönen jungen Mädchen in Trauerkleidung. In ihrem Auge glänzten Tränen, die in dem Lichte schimmerten, das von dem Geist vergangener Weihnachten ausströmte.
    »Es hat nichts zu sagen«, versetzte sie sanft. »Für dich gewiß nicht. Ein anderes Götzenbild hat mich verdrängt; und wenn es dich in späterer Zeit trösten und aufrechterhalten kann, wie ich es versucht haben würde, so habe ich keine Ursache zu klagen.«
    »Welches Götzenbild hätte dich verdrängt?«, fragte er.
    »Ein goldenes.«
    »Das ist die Gerechtigkeit der Welt!«, sagte er. »Gegen nichts ist sie so feindlich, wie gegen die Armut; und dennoch verdammt sie nichts mit größerer Strenge, als das Streben nach Reichtum.«
    »Du fürchtest das Urteil der Welt zu sehr«, antwortete sie freundlich. »Alle deine andern Hoffnungen sind in der einen verschluckt von dem hoffenden Bemühen der Welt, äußerlich keinen Anlaß zum Tadel zu geben. Ich habe deine edleren Regungen eine nach der anderen verschwinden sehen, bis die eine Leidenschaft nach Gold dich ganz erfüllte. Ist es nicht so?«
    »Und was weiter«, antwortete er. »Selbst wenn ich soviel klüger geworden bin, was weiter? Gegen dich bin ich doch unverändert.«
    Sie schüttelte ihr Haupt.
    »Bin ich anders?«
    »Unser Verlöbnis ist von ehedem. Es wurde geschlossen, als wir beide arm und bei alledem zufrieden waren, bis wir unser Los durch beharrlichen Fleiß verbessern könnten. Du bist ein anderer geworden. Als wir uns verlobten, warst du ein anderer Mensch.«
    »Ich war ein Knabe«, sagte er ungeduldig.
    »Dein eigenes Gefühl sagt dir, daß du nicht so warst, wie du jetzt bist«, antwortete sie. »Ich bin noch immer die gleiche. Das, was uns das Glück versprach, als wir noch eins im Herzen waren, bedeutet uns Kummer und Unglück jetzt, wo wir im Geiste nicht mehr eins sind. Wie oft und wie bitter ich das gefühlt habe, will ich nicht sagen; es ist genug, daß ich es gefühlt habe, und daß ich dich deiner Verpflichtung entbinden kann.«
    »Habe ich meiner Verpflichtung untreu zu werden versucht?«
    »In Worten? Nein. Niemals!«
    »Worin dann?«
    »Durch ein verändertes Wesen, durch eine andere Gesinnung, durch andere Lebenskreise, an die du dich anschlossest, und durch eine andere Hoffnung als auf sein großes menschlich-göttliches Ziel. In allem, was meiner Liebe in

Weitere Kostenlose Bücher