Eine wie Alaska
müsse etwas Originelleres tun, irgendwas, das mehr mit Alaska selbst zu tun hätte.
Jetzt saßen wir unten am See auf einem morschen, bemoosten Baumstamm und der Colonel sagte: »Lara hat recht. Wir sollten was für sie tun. Einen Streich. Etwas, dass ihr gefallen hätte.«
»Du meinst, einen Ehren-Streich?«
»Genau. Den Alaska-Young-Ehren-Streich. Wir machen einen Feiertag daraus. Sie hatte da so eine Idee, in der zehnten Klasse schon. Wollte sie sich für das Senior-Jahr aufheben. Was richtig Gutes. Was richtig, richtig Gutes. Eine sensationelle Idee.«
»Klärst du mich auf?«, fragte ich, und musste an die Zeit denken, als er und Alaska mich bei der Planung für den Scheunenstreich ausgeschlossen hatten.
»Na klar«, sagte der Colonel jetzt. »Der Streich hat den Titel: ›Umsturz des patriarchalischen Paradigmas‹.« Und dann erklärte er mir alles, und ich muss zugeben, Alaska hatte uns die Kronjuwelen aller Streiche hinterlassen, die Mona Lisa der Highschool-Frechheit, den Gipfel von Generationen von Culver-Creek-Streichen. Und wenn der Colonel es schaffte, das durchzuziehen, würde der Streich für immer in die Annalen von Culver Creek eingehen, und nicht weniger hatte Alaska verdient. Und das Beste war, dass der Streich streng genommen noch nicht einmal einen Verstoß beinhaltete, für den man von der Schule fliegen konnte.
Der Colonel stand auf und klopfte sich Erde und Moos von der Hose. »Ich denke, so viel schulden wir ihr.«
Und ich stimmte zu, auch wenn sie uns für immer eine Erklärung schulden würde. Falls sie dort oben war, oder dort unten, oder dort draußen, irgendwo, dann würden wir sie vielleicht zum Lachen bringen. Und vielleicht – ganz vielleicht – würde sie uns dann endlich den Schlüssel geben, den wir brauchten.
Dreiundachtzig Tage danach
Zwei Wochen später kam der Colonel mit zwei Heften voll minutiöser Streich-Planung aus den Frühlingsferien zurück, darunter Zeichnungen der verschiedenen Tatorte und eine vierzigseitige, zweispaltige Liste möglicher Probleme und ihrer Lösungen. Er hatte alle Zeiten auf die Zehntelsekunde berechnet, alle Strecken auf den Zentimeter, und am Ende rechnete er alles noch mal nach, denn er konnte den Gedanken nicht ertragen, sie möglicherweise noch einmal zu enttäuschen. Am Samstag schlief der Colonel aus. Als er aufwachte, rollte er sich auf die Seite. Ich las gerade Schall und Wahn von William Faulkner, einen Roman, den ich schon Mitte Februar hatte lesen sollen. Ich blickte auf, als der Colonel sich rührte. Er sagte: »Lass uns die Bande wieder versammeln.« Und so lief ich hinaus in den bewölkten Frühlingstag, weckte Lara und Takumi und bestellte sie in Zimmer 43. Die Scheunennacht-Mannschaft war wieder versammelt – zumindest so weit es irdisch möglich war. Es galt, den Alaska-Young-Ehren-Streich zu planen.
Wir saßen zu dritt auf der Couch und hörten zu, während der Colonel den Plan und unsere Rollen darin mit einer Erregung vortrug, die ich lange nicht mehr bei ihm erlebt hatte. Er endete mit: »Gibt es noch Fragen?«
»Ja«, meldete sich Takumi. »Und das soll wirklich klappen?«
»Na ja, zuerst müssen wir einen Stripper finden. Und dann muss Pummel seinen Vater anhauen.«
»Na dann«, sagte Takumi, »an die Arbeit.«
Vierundachtzig Tage danach
Im Frühjahr war Expertentag in Culver Creek. Jedes Jahr gab es einen unterrichtsfreien Freitagnachmittag, an dem sich Schüler, Lehrer und Angestellte in der Turnhalle versammelten. Anlässlich des Expertentags wurden zwei Redner eingeladen – meist zweitrangige Prominente, Politiker oder Wissenschaftler, die bereit waren, für das magere Honorar von dreihundert Dollar, das die Schule rausrückte, zu kommen. Die Junior-Klasse wählte den ersten Redner aus, die Senior-Klasse den zweiten. Alle, die je einen Expertentag erlebt hatten, waren sich darüber einig, dass es eine quälend langweilige Angelegenheit war. Aber für dieses Jahr hatten wir uns vorgenommen, die alte Tradition ein wenig aufzumischen.
Wir mussten nur den Adler überzeugen, »Dr. William Morse« für die Junior-Klasse einzuladen, einen »Freund meines Vaters« und »anerkannten Experten auf dem Gebiet abweichender Sexualitäten unter Jugendlichen«.
Und so rief ich meinen Dad im Büro an. Paul, Dads Assistent, fragte mich gleich, ob alles in Ordnung sei, und ich fragte mich, warum jeder, jeder , immer davon ausging, es wäre was nicht in Ordnung, nur weil ich zu einem anderen Zeitpunkt als Sonntagmorgen
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