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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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Brief gesprochen, den Sie diesem Guru bringen sollten. Was hat sie ihm geschrieben?“
    Divja lächelt mich an, ein bescheidenes, sanftes Lächeln. „Das weiß ich nicht, Bernhard“, antwortet sie mir. „Ich weiß nur, daß sie wollte, daß ihr glücklich seid. Ach ja. Ich habe dir was mitgebracht.“
    Sie gibt mir eine Karte, auf der ein Mann in einem orangefarbenen Kleid abgebildet ist, sein Haar erinnert an Jimi Hendrix. Ich lese: I have come to light the lamp of love in your heart, to see that it shines day by day with added luster.
    Edvard nimmt sie mir aus der Hand, und ich überlege, ob ich nachfragen soll. Divja weiß bestimmt mehr; sie muß mehr wissen. Aber vielleicht ist es auch nicht wichtig.
    Divja senkt den Kopf, dreht sich langsam um und geht; Hannah zeigt mit dem Finger auf sie. „Pink“, sagt sie, ihre Lieblingsfarbe.
    „Ja, pink“, sagt Edvard, zusammen gehen wir aus der Tür.
    Raimondo lehnt draußen an der Wand, er hat ein Bein hochgestemmt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt wie ein junger Gigolo. Er streckt seinen Kopf mit geschlossenen Augen der Abendsonne entgegen. Seine Haut ist gebräunt, und doch wirkt sie grau. Die Hose wirft Falten im Bund; das Jackett hängt wie ein Sack von seinen Schultern. Er hat abgenommen, viel abgenommen.
    Ich lege meinen freien Arm um seinen Nacken, da reißt er die Augen auf; sie sind gerötet.
    „Hab ich dich erschreckt?“
    „Nein“, sagt er, und seine Stimme klingt brüchig. „Nein.“
    Hannah zupft das gepunktete Einstecktuch aus seiner Brusttasche und legt es sich um den Kopf.
    „Ich habe … nur ein wenig geträumt.“ Er versucht zu lächeln. Es tut mir weh, weil ich weiß, daß er an meine Mutter denkt. Kurz vor dem Schlaganfall hat er noch mit ihr telefoniert. Sie weinte. Worüber sie wohl gesprochen haben?
    Die Frage liegt mir auf der Zunge, aber ich sehe seine Trauer und schweige. Jede Beziehung hat ihr Geheimnis, ja, braucht es sogar.
    Ich ziehe ihn an mich heran und gebe ihm einen Kuß auf die Wange. Erst Adrian, dann meine Mutter. Liebe reißt tiefe Wunden. Raimondo räuspert sich und schaut sich beschämt um. Edvard ist zu unserem Mietwagen hinübergegangen, sonst ist weit und breit niemand zu sehen.
    „Wir wollen ein paar Schritte laufen. Kommst du mit?“
    Er nickt und räuspert sich noch einmal, dann trottet er in einigem Abstand hinterdrein.
    „Berni?“ sagt Hannah, zieht ihre Stimme dabei hoch. Sie hat das Einstecktuch unter ihrem Kinn zusammengebunden; der Zipfel an ihrem Hinterkopf wippt im Rhythmus meiner Schritte. „Ähm. Warum hat Mondo so rote Augen?“
    Ich spüre den Druck in meiner Kehle und stecke meine Nase in ihre Locken, weil ich nicht will, daß sie mich weinen sieht. Sie duftet nach Unschuld, nach einer Ahnungslosigkeit, über die man nur als Kind verfügt. Je älter wir werden, desto mehr verlieren wir von dieser Unbeschwertheit. Und dann laufen mir doch die Tränen.
    Hannah legt ihre dürren Ärmchen um meinen Hals und setzt mir einen dicken Schmatzer auf die Stirn. So hat sie das vorher noch nie getan. Wieder was gelernt. Woher sie das nur hat?
    Hannah. Sie ist gerade vier geworden. Ich darf erleben, wie sie wächst und lernt. Eines Tages werde ich Züge an ihr finden, die mich an Edvard erinnern, an Edvard und mich, an unsere Beziehung, an all das, was uns miteinander verbindet.
    „He, ihr Kindesentführer!“ Ich drehe mich um, es ist Kim. „Nehmt ihr mich mit, obwohl ich – o Schande – heterosexuell bin?“
    Raimondo, Edvard und ich wechseln Blicke, schmunzeln. „Ich weiß nicht“, sage ich.
    „Ich schwöre, ich will das gleiche wie ihr“, sagt sie und läuft flehend auf uns zu.
    „Ja: Kerle“, sagt Edvard, und seine Augen leuchten auf.
    Ich schaue ihn an. Er senkt schuldbewußt den Blick, und da muß ich lachen.
    Stimmt. Eigentlich wollen wir doch alle dasselbe. Oder nicht?
    Kim klatscht in die Hände, Dankbarkeit bezeugend, daß wir sie mitnehmen, dann breitet sie die Arme aus, um Hannah zu nehmen.
    „Nein!“ wehrt sie sich, schreit „Edaaat!“ und streckt ihre Ärmchen nach ihm aus.
    „Hast schon recht“, sagt Kim. „Alles, nur nicht zu deiner mörderischen Rabenmutter. Sie hat dich ja nur neun Monate im Unterleib herumgeschaukelt und sich dabei den Rücken gebrochen. Sie hat es nicht besser verdient.“ Kim stützt die Hände in die Hüften und schaut ihre Tochter gespielt vorwurfsvoll an. Hannah vergräbt ihr Gesicht in meinem Kragen.
    Edvard nimmt sie mir ab und setzt sie

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