Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)
antworte mit: ‚Ja, ich will‘.“
„Ja, ich will.“
„Und du, Bernhard Moll …“ Raimondo tat, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan als Menschen getraut. Es war eine Ehre, daß Edvard, der ewige Rivale, ausgerechnet ihn darum gebeten hatte, den Priester zu spielen, und doch kostete es ihn Mühe, nicht zu zeigen, wie schwer es ihm fiel, seinen geliebten Bernardo an diesen hübschen Antiquitätenhändler zu verlieren. Diese Trauung war das letzte, was Raimondo sich gewünscht hatte, und doch das einzig Richtige. Schon deshalb flossen die Worte aus ihm heraus, als läge ihr Anfang in ihm.
„Ja, ich will“, murmelte Bernhard.
In den Bänken wechselten Geldscheine die Eigentümer; einige hatten gewettet, daß Bernhard davonlaufen würde. Aber nein. Statt dessen sprach er die Worte, die das Leben so gravierend veränderten. Und Edvard, die Braut an seiner Seite, er allein war sich sicher gewesen, daß Bernhard ihm das Ja-Wort geben würde.
Raimondo drehte sich um und zischte den Ministranten an, der verträumt auf einem Bänkchen saß: „Die Ringe. Adrian, wo sind die Ringe?“
Adrian erschrak, stemmte sich hoch und trug ein rotes Kissen zu ihnen hinüber. Mein Gott, dachte Edvard, wie ist er abgemagert.
„Bevor ihr den Bund der Liebe besiegelt, segne ich die Ringe, die ihr euch überreichen werdet: Heilige, o Herr, die Liebe dieser Brautleute und segne“, Raimondo bekreuzigte sich, „die Ringe, die sie als Gatten tragen werden, damit sie ihnen allezeit ein Pfand der Treue und ein Zeichen der Liebe bleiben.“
Lipstick seufzte laut.
„Es ist wirklich rührend, nicht?“ flüsterte sein Banknachbar.
„Nein, überhaupt nicht“, antwortete er. „Diese Trauung wirft die Bewegung gegen diesen Ehehumbug um Jahre zurück.“
„Ihr müßt jetzt das Vermählungswort sprechen“, sagte Raimondo.
Edvard nahm einen Ring und steckte ihn Bernhard an den Finger: „Vor den Augen meiner Freunde nehme ich dich an als meinen Mann. Auf immer und ewig.“
Ein Lachen wollte aus den Tiefen von Bernhards Bauch aufsteigen und von der hohen Decke tausendfach zurückschallen, aber er unterdrückte es, seinem angehenden Ehemann zuliebe. Er würde später lachen, er würde Edvard in den Arm nehmen und ihn einen albernen Tropf nennen. Für den Moment nahm er den anderen Ring, schaute Edvard in die Augen und sagte: „Vor den Augen Raimondos nehme ich dich als meinen Mann“, dann steckte er ihm den Ring an.
Barbarella tupfte sich eine Träne aus den Augen. Er hatte sich ein Kleid in den Farben des Regenbogens genäht, ein sehr dünnes, bauchfreies Kleid, damit man seine dichte Behaarung sehen konnte.
„Seid ihr bereit, die Kinder anzunehmen, die Gott euch schenken will, und sie im Geist Christi und seiner Kirche zu erziehen?“
Ein Kichern ging durch die Reihen. Edvard räusperte sich, Raimondo schaute betreten von seinem Gebetbuch auf. „Da hat mir jemand den falschen Text untergejubelt“, flüsterte er und überspielte den Irrtum mit einem leidenden Lächeln.
„Dann erkläre ich euch hiermit, Kraft meines Amtes …“
„Ist Raimondo wirklich Priester?“ fragte Max.
„Quark!“ flüsterte Kim.
Hannah, ihre dreijährige Tochter, zappelte auf ihrem Schoß und schaute Max entgeistert an. „Wak“, sagte sie, weil ihr das „Qu“ noch nicht über die Lippen ging, und deutete mit ihrem rosa lackierten Fingernagel auf sein Gesicht.
Kim zog sie an sich heran. „Halt still, mein Schatz. Es ist gleich vorbei. Guck mal, was die beiden machen. Das wird dir gefallen.“ Hannah wendete sich wieder dem Geschehen zu und beobachtete wie gebannt Edvard und Bernhard.
„Aber wie habt ihr dann diese Kapelle bekommen?“ hakte Max nach.
„Frag lieber nicht.“ Kim warf einen Blick auf die Uhr. „Wir müssen auch zusehen, daß wir bald fertig werden, sonst kriegen wir handfesten Ärger.“
„Du darfst deinen …“ Raimondo schaute von seinem Gebetbuch auf. Dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. „Ihr dürft euch jetzt küssen.“
Bernhard stand wie erstarrt. Es war alles so unwirklich. Er hatte Angst, daß wenn er sich bewegte, er aufwachen und merken würde, daß er das alles nur geträumt hatte.
Edvards Herz wollte aus seiner Brust springen. Warum küßte ihn Bernhard nicht? Warum tat er nicht endlich, was den Bund einer Ehe besiegelte?
„Eduardo“, zischte Raimondo. „Dein Schleier.“
Edvard zuckte. Auch er hatte den Sinn für die Realität verloren. Er schlug den Schleier zurück
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