Einfach sueß, diese Janey
Mann wirkte eher klein und drahtig, mit einem verschlossenen, abweisenden Gesichtsausdruck, der Janey sofort auffiel.
Alle drei harte, rauhe Männer, zweifellos. Trotzdem erfüllte es auch Janey mit einer gewissen Ruhe und Befriedigung, sie bei ihrer Arbeit zu beobachten. Schon in wenigen Tagen würde hier das Holzgerüst eines Hauses stehen, wo Janey im Moment noch in eine Baugrube schaute. Vic Hamilton war Bauunternehmer für Wohnbauten. Manche behaupteten, er sei der Beste in diesem Geschäft, Janey allerdings hatte dazu eine eigene Meinung.
Ihr Daddy hatte in dieser Branche einst die beste Arbeit geleistet. Sie war auf seinen Baustellen aufgewachsen, hatte als kleines Mädchen vor den halbfertigen Häusern im Sand gespielt und später dann wie von selbst gelernt, Baupläne zu lesen, Fundamente zu betonieren, Decken und Wände einzuziehen, Fenster einzusetzen und den Dachaufbau durchzuführen. Ihr Vater hatte von ihr immer mit Stolz gesagt, sie sei eine geborene Baumeisterin, und genau das war sie. Hier, in der derben Umgebung einer Baustelle empfand sie tiefe Zufriedenheit.
Körperlich zu schuften, bis sie jeden einzelnen Muskel spürte, das war ihre Vorstellung von Glück.
Dabei hatte sie sich bemüht, ein weiblicheres Betätigungsfeld für sich zu finden. Sie hatte ein Lehrerexamen gemacht, aber das Unterrichten gehasst. Nicht die Kinder, sondern das Eingesperrt sein in einem Klassenzimmer, wenn draußen die Sonne schien oder der Regen in die Pfützen platschte. Als nächstes hatte sie versucht, in einer Bibliothek zu arbeiten, und auch das gehasst.
Sogar noch mehr als das Unterrichten, denn hier kam die unerträgliche Stille hinzu. Janey liebte den Baustellenlärm, das Pochen der Hämmer, das Kreischen der Kreissäge, das Rufen der Arbeiter. Zuletzt hatte sie in einer Zahnarztpraxis gearbeitet und es noch mehr gehasst als alles zuvor. Abgesehen von der Stille und der körperlichen Untätigkeit, war sie hier auf einen Computer gestoßen, mit dem sie von Anfang an auf Kriegsfuß gestanden hatte. Immerhin hatte sie aber Jonathan kennengelernt.
Nicht ohne Gewissensbisse dachte sie an ihren Verlobten.
Jonathan würde nicht begeistert sein, dass sie heute hierher gekommen war, auch wenn ihn ihre unüberbrückbaren Verständigungsprobleme mit dem Praxiscomputer entsetzt hatten.
Entschlossen hob Janey den Kopf. Die Entscheidung war vor zwei Wochen gefallen. Sie, Janey, war hier, um die verlorene Ehre ihrer Familie zu rächen. Wenn möglich, würde sie Vic Hamiltons Karriere genauso zerstören wie er die ihres Vaters zerstört hatte. Was sie lediglich überraschte, war die Erkenntnis, wie sehr sie diese Welt vermisst hatte. Hier, auf dem Bau, fühlte sie sich zu Hause, nie würde sie in einer Zahnarztpraxis so glücklich werden können wie bei dieser Art von Arbeit.
Vielleicht würde sie endgültig im Baugewerbe bleiben, wenn sie mit Hamilton fertig war.
Jonathan würde natürlich der Schlag treffen, aber gehörte es nicht zu wahrer Liebe, sich zu wünschen, dass der andere glücklich ist? Jonathan hielt es für unpassend, wenn die Frau eines Zahnarztes auf dem Bau arbeitete. Aber er machte sich falsche Vorstellungen. Sie würde keine Zimmermannsschürze tragen, wenn sie ihn zu den eleganten Partys seiner reichen Patienten begleitete, und fluchen würde sie, wenn überhaupt, nur auf der Baustelle. Jonathan würde selbst schnell erkennen, dass es kein Problem war. Sie würde immer noch dieselbe Frau sein, in die er sich verliebt hatte, mit einem entscheidenden Unterschied. Sie würde endlich zufrieden sein in dem Bewusstsein, in die Fußstapfen ihres Vaters treten zu können und die Familientradition im Baugewerbe fortzusetzen, mit der Vic Hamilton so brutal und rücksichtslos gebrochen hatte.
Ja, sie könnte mit dieser Arbeit glücklich und zufrieden werden, wenn gleich nicht auf dieser speziellen Baustelle.
Während sie an diesem Haus arbeiten würde, das hoch auf einem Hügel oberhalb des weiten Okanagan Valley im Herzen von British Columbia errichtet wurde, durfte sie nie vergessen, warum sie gekommen war. Sie wollte Vic Hamilton auf die Finger schauen und möglichen Pfusch, Zahlungen von Bestechungsgeldern oder andere Unregelmäßigkeiten in seiner Geschäftspraxis aufdecken.
Janey holte tief Luft. Der typische Baustellengeruch aus Beton, Staub und Holz stieg ihr in die Nase, und sie hatte wieder das gute Gefühl, nach Hause zurückzukommen. Seltsam, das ausgerechnet auf einer Baustelle des Mannes zu
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