Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit
steif wie die Pfähle und den Reben ähnlich gefärbt. Denn während ihre breitkrempigen Hüte so schwarz waren wie ihre Augen, die nicht blinzelten, hätten die Gesichter vieler unter ihnen der Farbe nach aus dem dunkelroten Holz jener transatlantischen Wälder gemacht sein können. Manche von ihnen rauchten sehr lange dünne schwarze Zigarren; und in der ganzen Gruppe war der Rauch fast das einzige, was sich bewegte. Der Besucher würde sie vermutlich als Eingeborene beschrieben haben, obwohl einige unter ihnen sehr stolz auf spanisches Blut waren. Aber er gehörte nicht zu jenen, die da feine Unterscheidungen zwischen Spaniern und Indianern machen, sondern neigte eher dazu, die Leute von der Szene zu entlassen, sobald er sie überführt hatte, in ihr geboren zu sein.
Er war ein Zeitungsmann aus Kansas City, ein hagerer hellhaariger Mann mit einer, wie Meredith sagen würde, abenteuerlustigen Nase; man konnte sich fast vorstellen, wie sie ihren Weg fand, indem sie ihren Weg erfühlte und sich dabei bewegte wie der Rüssel eines Ameisenbären. Sein Name war Snaith, und seine Eltern hatten ihn nach einigem dunklem Nachdenken Saul getauft, eine Tatsache, die er so weit wie möglich zu verheimlichen den guten Geschmack hatte. Tatsächlich hatte er schließlich den Kompromiß geschlossen, sich Paul zu nennen, wenngleich keineswegs aus dem gleichen Grunde, der den Apostel der Heiden bewegt hatte. Im Gegenteil wäre, soweit er überhaupt Meinungen zu solchen Dingen hatte, der Name des Verfolgers angemessener gewesen; denn er betrachtete die organisierte Religion mit jener gewohnheitsmäßigen Verachtung, die man leichter bei Ingersoll als bei Voltaire erlernen kann. Und zufälligerweise war es diese nicht eben bedeutungsvolle Seite seines Charakters, die er der Missionsstation und der Gruppe vor der Veranda zuwendete. Etwas in ihrer schamlosen Gelassenheit und Teilnahmslosigkeit entflammte seine eigene wütige Tüchtigkeit; und da er auf seine ersten Fragen keine bemerkenswerte Antwort erhielt, übernahm er das ganze Reden selbst.
Wie er da im starken Sonnenschein stand, geschniegelt und gebügelt, mit Panamahut und sauberer Kleidung, den Reisesack in stählernem Griff, begann er, die Leute im Schatten anzuschreien. Er begann, ihnen sehr lautstark zu erklären, warum sie faul und schmutzig seien und viehisch unwissend und niedriger als das Vieh, das verrecke, falls diese Frage schon je zuvor ihren Geist bewegt haben sollte. Nach seiner Meinung war es der verderbliche Einfluß der Priester, der sie so elendiglich arm und so hoffnungslos unterdrückt gemacht habe, daß sie jetzt imstande seien, im Schatten zu sitzen und zu rauchen und nichts zu tun.
»Und außerdem müßt ihr’n schöner Haufen Schlappschwänze sein«, sagte er, »daß ihr euch von diesen hochnäsigen Ölgötzen tyrannisieren laßt, bloß weil sie in ihren Mitren und Tiaren und goldenen Chorröcken und anderen protzigen Fetzen herumwandern und auf alle anderen wie auf Dreck herabschauen – euch von Kronen und Baldachinen und heiligen Schirmen wie Kinder von der Pantomime ins Bockshorn jagen laßt; nur weil ein eingebildeter alter Oberbonze in diesem Hokuspokus aussieht, als sei er der Herr der Erde. Was ist mit euch? Wie seht denn ihr aus, ihr armen Hunde? Ich sage euch, daher kommt es, daß ihr noch so tief in der Barbarei steckt und nicht lesen und nicht schreiben könnt und – «
In diesem Augenblick kam der Oberbonze in diesem Hokuspokus mit würdeloser Eile aus dem Missionshaus und sah einem Herrn der Erde gar nicht ähnlich, sondern eher einem Bündel schwarzer Kleider aus dem Trödelladen, die man um ein kurzes Polster mit menschlichen Maßen zugeknöpft hatte. Er trug seine Tiara nicht, vorausgesetzt er besaß eine, sondern einen schäbigen breitrandigen Hut, der den Hüten der spanischen Indianer nicht sehr unähnlich war und den er mit einer Geste, als fühle er sich durch ihn belästigt, in den Nacken geschoben hatte. Schon wollte er die bewegungslosen Eingeborenen ansprechen, als er den Fremden erblickte und schnell fragte:
»Oh, kann ich Ihnen irgendwie helfen? Möchten Sie nicht hereinkommen?«
Mr. Paul Snaith kam herein; und damit begann für diesen Journalisten ein beachtlicher Zuwachs an Informationen über viele Dinge. Wahrscheinlich war sein journalistischer Instinkt stärker als seine Vorurteile, wie man das oft bei klugen Journalisten findet; und er fragte viele Fragen, wozu ihn die Antworten interessierten und überraschten.
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