Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
direkt auf die Frage, sondern sagte lediglich: »Vielleicht habe ich, wonach Sie suchen, Gentlemen.«
    Sie hielten unschlüssig und verwundert inne, während er ruhig zur Rückseite der Garderobe wanderte und dann mit beiden Händen voll schimmernden Silbers zurückkam, das er mit der Gelassenheit eines Verkäufers auf der Theke ausbreitete. Es nahm die Form eines Dutzends eigenartig geformter Gabeln und Messer an.
    »Sie – Sie«, begann der Oberst, nun doch aus der Fassung gebracht. Dann blickte er sich in dem dunklen kleinen Raum um und sah zwei Dinge: erstens, daß der kleine schwarzgewandete Mann wie ein Kirchenmann gekleidet war; und zweitens, daß das Fenster im Raum hinter ihm zerborsten war, als ob jemand es gewaltsam durchstiegen hätte.
    »Reichlich wertvolle Sachen, um sie in einer Garderobe aufzubewahren, oder?« bemerkte der Geistliche in heiterer Gelassenheit.
    »Haben – haben Sie die Sachen gestohlen?« stammelte Mr. Audley starrenden Auges.
    »Selbst wenn«, sagte der Priester freundlich, »habe ich sie hiermit jedenfalls wieder zurückgebracht.«
    »Aber Sie waren es nicht«, sagte Oberst Pound, der immer noch das zerbrochene Fenster anstarrte.
    »Offengestanden nein«, sagte der andere humorvoll. Und er ließ sich ziemlich feierlich auf einem Stuhl nieder.
    »Aber Sie wissen wer«, sagte der Oberst.
    »Ich kenne seinen wirklichen Namen nicht«, sagte sanft der Priester; »aber ich weiß einiges über sein Kampfgewicht und vieles über seine geistigen Nöte. Die körperliche Einschätzung gewann ich, als er versuchte, mich zu erwürgen, und die moralische Einschätzung, als er bereute.«
    »Oha, also – bereute!« schrie Jung-Chester in einer Art krähenden Lachens.
    Father Brown stand auf und legte die Hände auf den Rücken. »Sonderbar, nicht«, sagte er, »daß ein Dieb und Vagabund bereuen sollte, wo so viele Reiche und Sorglose hart und frivol bleiben und weder für Gott noch für die Menschen Früchte tragen? Aber damit geraten Sie, um Vergebung, über die Grenze in meinen Bereich. Wenn Sie Reue als praktische Tatsache bezweifeln, da liegen Ihre Messer und Gabeln. Sie sind ›Die zwölf wahren Fischer‹, und da sind all Ihre Silberfische. Mich aber hat Er zu einem Menschenfischer gemacht.«
    »Haben Sie den Mann gefangen?« fragte der Oberst stirnrunzelnd.
    Father Brown sah ihm offen in sein stirnrunzelndes Gesicht. »Ja«, sagte er. »Ich habe ihn mit einem unsichtbaren Haken an einer unsichtbaren Leine gefangen, die lang genug ist, ihn bis ans Ende der Welt wandern zu lassen, und die ihn doch mit einem einzigen Ruck am Faden zurückbringen kann.«
    Da war ein langes Schweigen. Alle anderen Anwesenden trieben von dannen, um das wiedergewonnene Silber zu ihren Gefährten zu tragen oder um den eigenartigen Stand der Dinge mit dem Besitzer zu bereden. Nur der grimmgesichtige Oberst saß immer noch seitlich auf der Theke, schwang seine Beine lang und locker hin und her und biß auf seinem schwarzen Schnurrbart herum.
    Schließlich sagte er ruhig zu dem Priester: »Muß ein schlauer Bursche gewesen sein, aber ich glaube, ich kenne einen noch schlaueren.«
    »Er war ein schlauer Bursche«, antwortete der andere, »aber ich verstehe nicht ganz, welchen anderen Sie meinen.«
    »Sie meine ich«, sagte der Oberst mit einem kurzen Lachen.
    »Ich will den Burschen nicht im Gefängnis haben; machen Sie sich darüber keine Gedanken. Aber ich würde ne ganze Menge Silbergabeln hergeben, um zu wissen, wie genau Sie in diese Angelegenheit geraten sind und wie Sie das Zeugs von ihm rausbekommen haben. Ich schätze, Sie sind der kenntnisreichste Teufel von uns allen.«
    Father Brown schien die ingrimmige Aufrichtigkeit des Soldaten zu mögen. »Na ja«, sagte er lächelnd, »ich darf Ihnen natürlich nichts über die Identität des Mannes erzählen, oder über seine eigene Geschichte; aber es gibt keinen Grund, weshalb ich Ihnen nicht von den äußeren Tatsachen berichten sollte, wie ich sie selbst herausgefunden habe.«
    Er schwang sich mit unerwarteter Behendigkeit über die Schranke, hockte sich neben den Oberst und baumelte mit seinen kurzen Beinen wie ein kleiner Junge auf einem Gartentor. Und dann begann er seine Geschichte so unbefangen zu erzählen, als erzählte er sie neben dem Weihnachtsfeuer im Kamin einem alten Freund.
    »Sehen Sie, Oberst,« sagte er, »ich war in jenes kleine Zimmer eingeschlossen, um da einige Schreibarbeit zu erledigen, als ich ein Paar Füße durch diesen Korridor kommen

Weitere Kostenlose Bücher