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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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hörte, die einen Tanz tanzten so närrisch wie der Tanz des Todes. Zuerst kamen schnelle spaßige kleine Schritte wie von einem Mann, der um einer Wette willen auf Zehenspitzen läuft; dann kamen langsame sorglose knarrende Schritte wie von einem Mann, der mit einer Zigarre spazieren geht. Aber ich schwöre Ihnen, daß beide Schritte von den gleichen Füßen gemacht wurden, und sie wechselten einander ab; erst das Rennen und dann der Spaziergang und dann wieder das Rennen. Zunächst wunderte ich mich mild, und dann wild, warum ein Mann diese beiden Rollen gleichzeitig spielen mochte. Den einen Schritt kannte ich; es war ein Schritt wie Ihrer, Oberst. Es war der Schritt eines wohlgenährten Gentlemans, der auf irgend etwas wartet und dabei umherläuft, eher weil er körperlich wach ist, als weil er geistig ungeduldig ist. Ich wußte, daß ich auch den anderen Schritt kannte, aber ich konnte mich nicht an ihn erinnern. Welchem Lebewesen war ich auf meinen Wegen begegnet, das auf Zehenspitzen in so eigenartiger Weise dahinjagte? Dann hörte ich von irgendwoher das Klirren von Tellern; und die Antwort stand da so deutlich wie der Petersdom. Es war der Lauf eines Kellners – jener Lauf mit vorgeneigtem Körper, mit gesenkten Blicken, mit Zehenballen, die den Boden unter sich wegstoßen, mit fliegenden Frackschößen und Servietten. Dann dachte ich eine Minute lang nach, und noch eine halbe mehr. Und dann sah ich die Natur des Verbrechens so deutlich vor mir, als ob ich es selbst begehen wollte.«
    Oberst Pound sah ihn scharf an, aber die sanften grauen Augen des Sprechers blieben mit fast ausdrucksloser Nachdenklichkeit auf die Decke gerichtet.
    »Ein Verbrechen«, sagte er langsam, »ist wie jedes andere Kunstwerk. Sehen Sie nicht so überrascht aus; Verbrechen sind keineswegs die einzigen Kunstwerke, die aus dem höllischen Atelier stammen. Aber jedes Kunstwerk, sei es nun göttlich oder teuflisch, trägt ein untrügliches Kennzeichen – damit meine ich, daß sein innerstes Wesen einfach ist, wie kompliziert auch die Ausführung sein mag. So sind zum Beispiel im Hamlet das Groteske der Totengräber, die Blumen des wahnsinnigen Mädchens, der phantastische Putz Osrics, die Blässe des Geistes und das Grinsen des Schädels nur seltsame Ornamente verwickelter Verwindungen um die einfache tragische Gestalt eines Mannes in Schwarz. Na ja, und auch das hier«, sagte er und stieg langsam mit einem Lächeln von seinem Sitz herunter, »auch das hier ist die einfache Tragödie eines Mannes in Schwarz. Ja«, fuhr er fort, als er den Oberst in einer Art Verwunderung aufschauen sah, »diese ganze Geschichte dreht sich um einen schwarzen Frack. Da sind wie im Hamlet die Rokokoverschnörkelungen – Sie selbst beispielsweise. Da ist der tote Kellner, der da war, als er nicht dasein konnte. Da ist die unsichtbare Hand, die das Silber von Ihrem Tisch abräumte und dann ins Nichts verschwand. Aber jedes noch so ausgeklügelte Verbrechen baut letzten Endes auf irgendeiner ganz einfachen Tatsache auf – einer Tatsache, die in sich selbst gar nicht geheimnisvoll ist. Das Geheimnisvolle kommt aus der Maskierung, die die Gedanken des Zuschauers von der Tatsache ablenken. Dieses großartige und geistreiche und (im normalen Verlauf der Dinge) äußerst einträgliche Verbrechen wurde auf der einfachen Tatsache aufgebaut, daß der Abendanzug eines Gentleman der gleiche ist wie der eines Kellners. Alles andere war Schauspielerei, und zwar hervorragende Schauspielerei.«
    »Immer noch«, sagte der Oberst, stand auf und betrachtete stirnrunzelnd seine Schuhe, »bin ich nicht sicher, ob ich das richtig verstehe.«
    »Oberst«, sagte Father Brown. »Ich sage Ihnen, daß dieser Erzengel der Unverschämtheit, der Ihre Gabeln stahl, diesen Korridor an die zwanzigmal durchschritten hat im hellsten Schein der Lampen, vor aller Augen. Er ging nicht hin und verbarg sich in dunklen Ecken, wo der Verdacht ihn hätte aufstöbern können. Er blieb in den erhellten Korridoren ständig in Bewegung, und wo immer er gerade ging, schien er sich völlig rechtmäßig zu befinden. Fragen Sie mich nicht, wie er aussah; Sie selbst haben ihn sieben- oder achtmal heute abend gesehen. Sie warteten mit all den anderen feinen Leuten in der Empfangshalle dort hinten am Ende des Korridors, unmittelbar vor der Terrasse. Und wann immer er sich zwischen Euch Gentlemen bewegte, kam er daher in der blitzschnellen Art des Kellners, mit gesenktem Kopf und wehender Serviette und

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