Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
können Sie um die Ecke laufen und Ihren Freund holen.« Er drückte auf einen in der Wand verborgenen Knopf, und die Tür öffnete sich von selbst.
    Sie öffnete sich zu einem langen bequemen Vorraum, dessen einzige, sozusagen fesselnde Züge die Reihen halbmenschlicher mechanischer Gestalten waren, die auf beiden Seiten wie Schneiderpuppen aufgereiht standen. Wie Schneiderpuppen waren sie kopflos; und wie Schneiderpuppen hatten sie hübsche, überflüssige Höcker an den Schultern und eine hühnerbrüstige Wölbung als Brust; davon abgesehen, waren sie einer menschlichen Gestalt aber auch nicht ähnlicher als irgendein anderer Bahnsteigautomat von etwa menschlicher Höhe. Sie hatten zwei große Haken als Arme, um Tabletts zu tragen; und sie waren zum Zweck der Unterscheidbarkeit erbsengrün oder zinnoberrot oder schwarz angestrichen ; in jeder anderen Hinsicht waren sie nur Automaten, und niemand würde sie zweimal angesehen haben. Zumindest tat das bei dieser Gelegenheit niemand. Denn zwischen den beiden Reihen häuslicher Puppen lag etwas bei weitem Interessanteres als alle Automaten auf Erden. Es war ein weißer zerknitterter Fetzen Papier, bekritzelt mit roter Tinte; und der bewegliche Erfinder hatte es auch schon aufgerafft, fast ehe die Tür ganz auf war. Er überreichte es wortlos Angus. Noch war die rote Tinte nicht getrocknet, und die Botschaft lautete: »Wenn du sie heute gesehen hast, werde ich dich töten.«
    Ein kurzes Schweigen, und dann sagte Isidore Smythe ruhig: »Möchten Sie einen kleinen Whisky? Ich jedenfalls habe einen nötig.«
    »Danke Ihnen; ich möchte lieber einen kleinen Flambeau«, sagte Angus düster. »Diese Angelegenheit scheint mir langsam ernst zu werden. Ich ziehe sofort los, um ihn herzuholen.«
    »Gut so«, sagte der andere mit bewundernswert guter Laune. »Bringen Sie ihn her, so schnell Sie können.«
    Als Angus die Vordertür hinter sich schloß, sah er Smythe, wie der einen Hebel umlegte, und eine der Uhrwerkformen, wie sie von ihrem Platz und durch eine Rinne im Boden glitt und ein Tablett mit Syphon und Karaffe trug. Es war ein wenig unheimlich, den kleinen Mann mit diesen toten Dienern zurückzulassen, die zum Leben erwachten, als die Tür sich schloß.
    Sechs Stufen unterhalb des Treppenabsatzes von Smythe war der Mann in Hemdsärmeln dabei, irgend etwas mit einem Eimer zu tun. Angus blieb stehen und entlockte ihm, unterstützt durch eine in Aussicht gestellte Bestechung, das Versprechen, daß er an diesem Platz verweilen werde, bis man mit dem Detektiv zurückkomme, und auf jeden Fremden Obacht gebe, der diese Treppe heraufsteige. Dann stürzte er zur Eingangshalle hinab und auferlegte dort dem Türsteher an der Eingangstür ähnliche Wachsamkeitsaufgaben, wobei er den vereinfachenden Umstand erfuhr, daß es keine Hintertür gebe. Damit nicht zufrieden, schnappte er sich den streifewandelnden Polizisten und veranlaßte ihn, gegenüber dem Eingang Posten zu beziehen und ihn zu überwachen; und schließlich hielt er um eine kleine Portion Maronen inne und erkundigte sich nach der vermutlichen Länge des Aufenthaltes dieses Geschäftsmannes in der Gegend.
    Der Kastanienverkäufer stellte den Kragen seines Mantels hoch und erklärte, er werde sich voraussichtlich in Kürze entfernen, da es vermutlich bald schneien werde. Und wirklich wurde der Abend nachgerade grau und schneidend, aber Angus gelang es mit all seiner Beredsamkeit, den Kastanienmann an seinem Orte festzunageln.
    »Wärmen Sie sich an Ihren eigenen Maronen«, sagte er ernsthaft. »Essen Sie Ihren ganzen Vorrat auf; ich werde dafür sorgen, daß sich das für Sie lohnt. Ich werde Ihnen einen Sovereign geben, wenn Sie hier bis zu meiner Rückkehr warten und mir dann sagen, ob irgendein Mann, eine Frau, ein Kind in jenes Haus gegangen ist, vor dem der Türsteher steht.«
    Danach schritt er mit einem letzten Blick auf den belagerten Turm eilig von dannen.
    »Jedenfalls habe ich einen Ring um das Zimmer gelegt«, sagte er. »Denn schließlich können sie nicht alle vier die Komplizen von Welkin sein.«
    Die Lucknow Mansions befanden sich sozusagen auf einer niedrigeren Plattform jenes Häuserberges, wobei die Himalaja Mansions dessen Spitze genannt werden könnten. Flambeaus Wohnung mit Büro befand sich im Erdgeschoß und stellte jeden erdenklichen Gegensatz zu der amerikanischen Maschinerie und dem kalten hotelgleichen Luxus der Wohnung des Stummen Dienstes dar. Flambeau, ein Freund von Angus, empfing ihn hinter

Weitere Kostenlose Bücher