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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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    1
    Ein leichter Wind fährt durch das lange Gras oben auf dem Hügel. Aus der Nähe wirkt die Landschaft ganz alltäglich: nur Heidekraut und struppiges Weideland und hin und wieder ein weißer Stein, der wie ein Wegweiser daraus hervorragt. Doch würde man sich über diesen unauffälligen Hügeln in die Lüfte erheben, sähe man die kreisrunden Erdwälle, die dunkleren Rechtecke zwischen all dem Grün und Braun: sichere Anzeichen, dass dieses Land bereits oft, sehr oft besiedelt war.
    Ruth Galloway, die langsam den Hang heraufkommt, braucht keine Vogelperspektive, um zu wissen, dass es sich hier um archäologisch bedeutsames Terrain handelt. Seit Tagen graben die Kollegen von der Universität schon auf diesem Hügel und sind dabei nicht nur auf die Überreste einer römischen Villa, sondern auch auf Spuren früherer Siedlungen aus der Bronze- und Eisenzeit gestoßen.
    Eigentlich hatte Ruth die Ausgrabungsstelle schon viel früher besichtigen wollen, doch sie war zu sehr damit beschäftigt, Hausarbeiten zu korrigieren und Abschlussprüfungen vorzubereiten. Es ist Mai, die Luft ist mild, erfüllt von Blütenstaub und dem Geruch nach Regen. Ruth bleibt stehen, um ein wenig zu verschnaufen, und genießt das Gefühl, an einem Frühlingsnachmittag im Freien zu sein. Bisher war dieses Jahr recht düster, wenn auch mit ein paar unerwarteten Lichtblicken, und umso mehr gefällt es ihr jetzt, einfach nur dazustehen und sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen.
    «Ruth!» Sie dreht sich um und sieht einen Mann auf sich zukommen. Er trägt Jeans und ein fleckiges Arbeitshemd und achtet gar nicht auf den steilen Hang, fällt kaum aus dem Rhythmus seiner langen Schritte. Er ist groß und schlank, das lockige dunkle Haar wird an den Schläfen bereits grau. Ruth erkennt ihn, so wie er sie offensichtlich auch, weil er vor ein paar Monaten bei ihr am Fachbereich einen Vortrag gehalten hat: Doktor Max Grey von der Universität Sussex, Archäologe und Experte für das römische Britannien.
    «Freut mich, dass Sie es einrichten konnten», sagt er und sieht tatsächlich erfreut aus. Eine angenehme Abwechslung. Die meisten Archäologen mögen andere Fachleute auf ihrem Territorium ganz und gar nicht. Und Ruth ist eine ausgewiesene Fachfrau für Knochen, Verwesungsprozesse und Tod. Sie leitet die Abteilung für forensische Archäologie an der Universität North Norfolk.
    «Sind Sie schon an den Grundmauern?», erkundigt sie sich, während sie hinter Max bis zum Hügelrücken hinaufsteigt. Hier oben ist es kühler. Hoch über ihren Köpfen singt eine Lerche.
    «Ja, ich denke schon.» Max deutet in den sorgfältig ausgehobenen Graben direkt vor ihnen. Auf halber Höhe ist eine Art Saum aus grauen Steinen zu erkennen. «Aber wir haben auch noch etwas anderes gefunden, das Sie interessieren dürfte.»
    Ruth weiß schon Bescheid, ohne dass er es aussprechen muss.
    «Knochen», sagt sie.

    Detective Chief Inspector Harry Nelson brüllt aus vollem Hals. Obwohl er bei der Arbeit als aufbrausend verschrien ist (zu Hause, bei Frau und Töchtern, ist er dagegen lammfromm), neigt er normalerweise nicht zum Brüllen. Schroffe Befehle sind mehr sein Stil, meist im Vorbeigehen hingeknurrt, auf dem Weg zur nächsten Aufgabe. Er ist ein Mann, der schnelle Entscheidungen trifft und einen kurzen Geduldsfaden hat. Ein Macher, der gern Verbrecher fängt, Verdächtige verhört, zu schnell fährt und zu viel isst. Besprechungen, sinnlose Diskussionen und gute Ratschläge, auf die er auch noch hören soll, kann er nicht ausstehen. Und vor allem kann er es nicht ausstehen, an einem schönen Frühlingstag im Büro zu hocken und vergeblich zu versuchen, seinem neuen Computer irgendein Lebenszeichen zu entlocken. Daher das Gebrüll.
    «Leah!», poltert er.
    Leah, Nelsons Verwaltungsassistentin (oder Sekretärin, wie er selbst gern sagt), kommt zögernd ins Zimmer. Sie ist ein zierliches dunkelhaariges Persönchen von fünfundzwanzig, dem die jüngeren Beamten allesamt zu Füßen liegen. Nelson allerdings betrachtet sie hauptsächlich als Kaffeequelle und Verbindungsfrau zu all der neuen Technik, die mit jedem Tag neumodischer und launischer zu werden scheint.
    «Leah», sagt er anklagend, «der Bildschirm ist schon wieder schwarz.»
    «Haben Sie ihn eventuell ausgeschaltet?», fragt Leah. Nelson hat schon häufiger wutentbrannt Stecker aus der Wand gerissen und damit einmal sogar sämtliche Lampen im zweiten Stock lahmgelegt.
    «Nein. Na

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