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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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bereitgestellt habe und daß sie kommen solle, sobald sie fertig sei. Dann drückte er auf den Knopf und schoß lautlos hoch zu seinem Stockwerk, ging durch sein eigenes Büro, hinaus auf seinen eigenen Balkon, und betete in Sicherheit vor der überfüllten Straße, als das arme Mädchen, nachdem sie ihre Arbeit beendet hatte, fröhlich aus der Tür lief, wo Liebhaber und Lift sie erwarteten, und sie trat – «
    »Nicht!« schrie Flambeau.
    »Er hätte die halbe Million dadurch bekommen, daß er einfach den Liftknopf drückte«, fuhr der kleine Hochwürden in jener farblosen Stimme fort, mit der er von solchen Greueln sprach: »aber das ging schief. Es ging schief, weil es da noch eine andere Person gab, die das Geld ebenfalls haben wollte und die ebenfalls das Geheimnis von der Sehkraft der armen Pauline kannte. Es gab da auf jenem Testament etwas, das wohl niemand bemerkt hat: Obwohl es unbeendet und ohne Unterschrift war, hatten die andere Miss Stacey und irgendwelche Bedienstete es bereits als Zeugen unterschrieben. Joan hatte es zuerst unterzeichnet und Pauline dann in typisch weiblicher Mißachtung rechtlicher Formen gesagt, sie könne es ja später beenden. Also wollte Joan, daß ihre Schwester ohne wirkliche Zeugen unterschreibe. Warum? Ich dachte an die Blindheit und wurde mir sicher, daß sie Pauline alleine unterzeichnen lassen wollte, weil sie wollte, daß sie überhaupt nicht unterzeichne.
    Leute wie die Staceys verwenden immer Füllfederhalter; doch für Pauline war dies besonders typisch. Durch Gewohnheit und ihren festen Willen und ihr Gedächtnis konnte sie immer noch fast so gut schreiben, als wenn sie sähe; aber sie konnte nicht mehr feststellen, wann ihr Füller neue Füllung brauchte. Deshalb wurden ihre Füller immer sorgfältig von ihrer Schwester gefüllt – alle, bis auf diesen Füller. Diesen hat ihre Schwester sorgfältig nicht gefüllt; der Rest an Tinte hielt für einige Zeilen und war dann alle. Und der Prophet verlor 500000 Pfund und beging einen der brutalsten und genialsten Morde in der Geschichte der Menschheit für nichts.«
    Flambeau ging zur offenen Tür und hörte die Polizei die Treppen heraufkommen. Er wandte sich um und sagte: »Sie müssen aber auf alles höllisch scharf aufgepaßt haben, um das Verbrechen binnen 10 Minuten bis zu Kalon zurückzuverfolgen.«
    Father Brown blickte ihn erstaunt an.
    »Ach das!« sagte er. »Nein; ich hatte scharf aufzupassen, um die Sache mit Miss Joan und dem Füllfederhalter herauszufinden. Daß Kalon der Verbrecher war, wußte ich schon, bevor ich durch die Eingangstür kam.«
    »Sie scherzen!« schrie Flambeau.
    »Ich meine es ernst«, antwortete der Priester. »Ich sage Ihnen, ich wußte, daß er es getan hatte, ehe ich noch wußte, was er getan hatte.«
    »Aber wie denn?«
    »Diese heidnischen Stoiker«, sagte Brown nachdenklich, »stolpern immer über ihre Stärke. Da war ein Krachen und ein Aufschrei draußen in der Straße, und der Priester Apollos zuckte nicht zusammen und sah sich nicht um. Ich wußte nicht, was es war; aber ich wußte, daß er es erwartet hatte.«

Das Zeichen des zerbrochenen Säbels
     
    D ietausend Arme des Waldes waren grau, und seine Millionen Finger silbern. In einem Himmel aus dunklem grünlich-blauem Schiefer waren die Sterne kalt und funkelnd wie Eissplitter. Das dicht bewaldete und dünn besiedelte Land war in bitterem sprödem Frost erstarrt. Die schwarzen Höhlungen zwischen den Wurzeln der Bäume sahen aus wie bodenlose schwarze Höhlen in jener herzlosen skandinavischen Hölle, jener Hölle unermeßlicher Kälte. Selbst der viereckige Steinturm der Kirche sah nördlich aus bis an den Rand des Heidentums, so als handele es sich um irgendeinen Barbarenturm auf den Meeresfelsen Islands. Es war eine eigentümliche Nacht für die Erforschung eines Friedhofes durch wen auch immer. Aber auf der anderen Seite lohnte sich die Erforschung vielleicht.
    Er erhob sich schroff aus der eschengrauen Waldlandschaft als eine Art Buckel oder Schulter grünen Grases, das im Sternlicht grau aussah. Die meisten Gräber lagen im Hang, und der Pfad, der zur Kirche hinaufführte, war so steil wie eine Treppe. Oben auf dem Hügel stand an flacher und hervorragender Stelle das Denkmal, durch das der Ort berühmt war. Es bildete einen eigenartigen Widerspruch zu den gesichtslosen Gräbern ringsumher, denn es war das Werk eines der größten Bildhauer des modernen Europas; und doch versank sein Ruhm im Ruhm des Mannes, dessen

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