Einige sterben schneller! (German Edition)
Prolog:
Der Abschied – Samstag, der 15. November 2003
Heute war ein grauer, nasskalter Novembersamstag und ich, Frank Busse, stand mit meinem dunklen Wintermantel frierend vor dem Grab meiner kürzlich verstorbenen Ehefrau Bettina. Bettina, die mit ihren 25 Jahren drei Jahre jünger war als ich, kam am 25. Oktober, also vor zwei Wochen, plötzlich und für alle Außenstehenden unerwartet bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Zusammen mit meinem 29-jährigen Freund und Geschäftspartner Stefan Müller.
Ruhig und etwas gebeugt stand ich vor dem Grab und hielt einen frischen, duftenden Blumenstrauß in der Hand, den ich gleich niederlegen würde. Anschließend besuchte ich das Grab meines verstorbenen Geschäftspartners, welches sich wenige Reihen daneben auf dem gleichen Friedhof befand. Diese Zeremonie führte ich seit dem Todestag ein bis zweimal in der Woche durch und für etwaige Beobachter entsprach ich dem trauernden Ehemann, der an diesem Schicksalsschlag zu zerbrechen drohte.
In unserer gemeinsamen Firma, die ich zusammen mit Stefan Müller geleitet hatte, bearbeitete ich nur die absolut notwendigsten Dinge und sagte alle anderen Termine ab. Unsere freiberuflich tätigen Mitarbeiter Herr Falk, der große, schlaksige Fotograf mit Halbglatze und Frau Berner die als Sekretärin und Buchhalterin fungierte sahen das zwar aus finanzieller Hinsicht nicht besonders gern, hatten aber für meine Lage Verständnis. Frau Berner, die in letzter Zeit aufgrund der Todesfälle überwiegend dunkle Kleider trug, wirkte darin noch älter und unattraktiver, als es die 45-Jährige mit ihrer altbackenen Frisur und der großen Brille sowieso schon war. Das war mir aber ziemlich egal, ich wollte ja kein Verhältnis mit ihr anfangen.
Langsam identifizierte auch ich mich mit dieser mir selber auferlegten Rolle und würde diese noch mindestens ein halbes Jahr so weiterspielen. Solange, bis etwas Gras über die Sache gewachsen war, denn ich war nicht ganz unschuldig am Tot der Beiden. Genaugenommen war ich eigentlich maßgeblich dafür verantwortlich, nur das durfte um Gotteswillen niemand erfahren.
Kapitel 1: Das Studium - Sommer 1999
Ich studierte im letzten Semester Wirtschaftswissenschaft an der Uni München. Obwohl ich viel neben meinem Studium arbeitete, z.B. als Kellner oder in den Semesterferien in Produktionsbetrieben, kam ich mit gut voran und würde, wenn alles gut ging, dieses zum Ende des Semesters abschließen können. Nicht im ersten Drittel des Semesterdurchschnittes, denn ich lernte nur soviel wie unbedingt nötig war, aber später interessiert sich für die Abschlussnoten sowieso kein Schwein mehr. Warum also die eh schon rare Freizeit mit büffeln verschwenden, wenn feiern doch viel mehr Spaß macht?
Meine Eltern, bei denen ich noch zuhause wohnte, waren zwar nicht arm, trotzdem musste ich mir mein Taschengeld selber aufbessern, um mir mein Auto und die sonstigen kleinen Freuden im Leben wie Urlaub usw. leisten zu können. Zuhause wohnen hatte wie alles im Leben Vor- und Nachteile. Nachteilig war eine gewisse 'Überwachung' durch die Eltern sowie die täglich längere S-Bahnfahrt zur Uni, als in einer Stadtunterkunft. Die Vorteile überwiegten aber.: Kostenlose Unterkunft und Verpflegung, eine saubere, aufgeräumte Bude und ein Kühlschrank aufgefüllt mit Bier? Warum eine eigene Wohnung suchen, wenn das Hotel 'Mama' dazu noch einen kostenlosen Wäscheservice anbietet?
Von meinen beiden Schwestern, sah das die kleinere, die gerade mit ihrem Studium begonnen hatte, ähnlich. Nicole wohnte auch noch zuhause im Zimmer neben mir und brachte ab und zu ein paar nette Freundinnen mit.
Unsere große Schwester Renate hatte irgendwann von unserer Familie die Schnauze voll und lebt seit zwei Jahren glücklich verheiratet mit ihrem Ehemann Rüdiger und Tochter Juana in der Nähe von Rosenheim. Für meinem Geschmack nicht weit genug weg, denn Rüdiger ist ein Riesenarschloch und ich muss mich jedes Mal zusammenreißen ihm nicht eine zu schmieren. Zum Glück sehen wir uns meistens nur einmal im Jahr zu Weihnachten, dann bekommt unsere kleine Nichte Juana – ich hätte ihr lieber einen Doppelnamen wie Marie-Juana gegeben – immer Spielzeug geschenkt, das möglichst wie Krach macht. Aber von pädagogisch sinnvoller Erziehung verstehen die Beiden sowieso nichts. Das Schlagzeug vom letzten Weihnachtsfest verstaubt nun auf dem Dachboden.
Wie auch immer, ich war mit meiner Gesamtsituation nicht unzufrieden, da
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