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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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festgeschnallt. Hundert Meter vor ihm spendete die Öffnung eines Lichtschachtes ein trübes Licht. Er fuhr mit dem Daumen über den Sicherungshebel der 9-mm-Mauser, die er in der Schublade eines geplünderten Pfandhauses auf der Eighth Avenue gefunden hatte. Er hielt einen Augenblick an, um das Geräusch seines Atems zu beruhigen. Er lauschte.
    Von einem Träger des Bahnsteiges vor ihm tropfte Wasser auf den Beton. Hinter ihm im Tunnel, ungefähr in der Höhe des Aufgangs zur Third Avenue, schätzte er, bewegte sich jemand. Das machte nichts. Zwischen ihnen lagen zwei lange Blocks, und bevor der andere in gefährliche Entfernung kam, war er schon längst aus dem Tunnel.
    Er lauschte noch einmal. Um das leise Plätschern auf dem Bahnsteig und das ebenso unwichtige Planschen in dem Tunnel kümmerte er sich nicht.
    Er hörte nichts. Er versuchte durch den Tunnel zu der Station zu sehen, erkannte aber nichts als das düstere Grau, das von den zusammenlaufenden Linien von Bahnsteig und Dach und von den senkrechten Linien der Träger begrenzt wurde.
    Er ging vorsichtig weiter, bis er einen Punkt am Anfang der nördlichen Bahnsteigkante erreicht hatte. Hier hielt er wieder an und lauschte. Nichts bewegte sich.
    Er zog sich auf den Bahnsteig hoch und legte sich mit der Mauser in der Hand auf den Boden. Kein verräterisches Scharren war zu hören, weder auf seinem Bahnsteig noch auf dem gegenüberliegenden. Keiner der undeutlichen Schatten veränderte unter seiner Beobachtung seine Gestalt. Als eine letzte, wenn auch unsichere Probe, hörte er sich jedoch die Wassertropfen, die von den Trägern auf den Bahnsteig fielen, genau an. Manchmal wurde jemand unvorsichtig und unterbrach den Rhythmus der Tropfen, weil er zuließ, daß einer der Tropfen auf ihn herabfiel.
    Es war aber nichts da. Er richtete sich auf, ging in die Hocke und schlich ohne ein Geräusch zu der gekachelten Wand neben dem Treppenaufgang.
    Vor ein paar Monaten hatte er versucht, dort einen Spiegel aufzuhängen, um die Treppen hinaufsehen zu können, ohne sich selbst zu zeigen. Der Spiegel war innerhalb von wenigen Tagen zerschlagen worden. Danach war er eine Zeitlang besonders vorsichtig gewesen, aber niemand hatte oben an der Treppe auf ihn gewartet. Er war schließlich zu der Überzeugung gekommen, daß schon vor ihm jemand das Problem für ihn gelöst hatte. Eine frische Leiche am Ausgang zur Straße schien dies zu bestätigen. Die Möglichkeit, daß sie nur ein Köder gewesen war, hatte er als zu kompliziert verworfen.
    Der Gedanke, daß er einen Verbündeten hatte, selbst auf diese vage, umständliche Art, war schön gewesen. Es gab keinen Anlaß für einen Zweifel daran, daß genau dieser Mann vielleicht morgen sein Mörder sein könnte, aber Garvin hatte noch immer genug Idealismus in sich, darüber eine gewisse Befriedigung zu empfinden, daß es hier irgendwo in der Nähe wenigstens einen Mann gab, für den die Grenze zwischen Selbsterhaltung und vorsätzlicher Falle noch vorhanden war. Er hatte aber nie versucht, den Spiegel zu ersetzen.
    Er lauschte routinemäßig noch einmal, hörte nichts und wartete. Als nach zehn Minuten noch immer kein Geräusch zu hören war, sprang er mit schußbereitem Gewehr zu der gegenüberliegenden Wand, da er wußte, daß er selbst kein Geräusch von sich gegeben hatte.
    Niemand war oben an der Treppe. Er schlich sich vorsichtig nach oben, fand niemanden am Drehkreuz und erreichte das Ende der Treppe am Straßenausgang.
    Daß dort oben im hellen Tageslicht jemand wartete, war sehr unwahrscheinlich. Außerdem hätte er wahrscheinlich keine Probleme, wenn er den kurzen Weg in das Haus schnell genug schaffte. In der letzten Zeit hatte es kaum noch Heckenschützen von den Fenstern gegeben. Die Munition wurde langsam knapp, und in der Regel lohnte es sich kaum noch, nachts Leichen auszuplündern.
    Er schnallte sich die Riemen seines Rucksacks enger und ging vorsichtig die Treppe hinauf. Noch einmal sah er die ausgestorbene Vierzehnte Straße hinunter und rannte dann im Zickzack über den Bürgersteig. Der Klang seiner Schritte unterbrach plötzlich die Stille, die wieder einkehrte, als er den Hauseingang erreicht hatte und hineingeschlüpft war.
    In der dunklen Eingangshalle quietschten Garvins Schuhe auf der abgetretenen Gummimatte, die dort lag, weil es am letzten Tag, an dem das Gebäudepersonal noch im Hause gewesen war, geregnet hatte. Die Feuertür des Treppenhauses ging langsam auf und zu. Als er die Treppe

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