Einladung zur Hochzeit
einem erschrockenen Laut zog Ben sie hoch und drückte sie so dicht an sich, dass Josie kaum Luft bekam.
"Ich würde mir niemals vergeben können, wenn dem Baby etwas geschehen sollte."
Dem Baby? Welchem Baby?
"Hast du dir wehgetan, Josie?" Ben umfasste ihre Schultern und hielt Josie von sich, um ihr ins Gesicht zu sehen. "Hast du Schmerzen? Blutest du?"
Josie war schon immer gut im Schlüsse ziehen gewesen, und ihr fiel es wie Schuppen von den Augen. War sie nicht am Samstagnachmittag Babysachen einkaufen gegangen? Und hatte nicht Lenola Jones bei der Babyboutique die Bemerkung fallen lassen: "Sie müssen sich wie verrückt auf das Baby freuen, Josie."
"O ja, ich freue mich wirklich", hatte sie geantwortet und dabei überlegt, ob sie das niedliche Strampelhöschen 155
lieber in Rosa oder in Blau kaufen sollte.
"Und der Doc? Wahrscheinlich ist er im siebten Himmel."
"O ja."
Was hätte sie sonst sagen sollen? Und natürlich hatte Lenola ihrer besten Freundin, die zufällig Clytee Crawford war, die Geschichte brühwarm erzählt mit dem Ergebnis, dass die ganze Stadt über sie redete. Wieder einmal.
Und Ben musste es vernommen haben.
Und deshalb war er gekommen. Um Anspruch auf das Baby anzumelden ...
Der Traum von Liebe zerstob. Josie riss sich von Ben los. "Lass mich in Ruhe", fauchte sie. Nichts machte eine Frau wütender, als von einem Mann aus den falschen Gründen begehrt zu werden.
"Ich weiß, dass du dir Sorgen machst wegen des Babys.
Und glaub mir, Josie, ich verstehe es sehr gut, dass du von mir nichts wissen willst, nachdem ich dich so schäbig im Stich gelassen habe. Aber ich will es wieder gutmachen. Ich werde von jetzt ab für dich gut sorgen."
Alles nur wegen des Babys! Jedes Wort, das Ben sagte, war wie ein Stich in Josies Herz.
Am einfachsten wäre es, ihm die Wahrheit zu sagen.
Aber Josie fühlte sich in ihrem Stolz zu tief gekränkt, um ihm offen zu zeigen, wie bitter die Enttäuschung war, die er ihr bereitet hatte. Es gab nur eine Ausflucht.
"Es ist nicht dein Baby."
"Wessen Baby ist es dann?" Ben klang überraschend ruhig und vernünftig.
"Josie, ich warte auf deine Antwort."
"Es ist Jerry Bobs Baby."
Hilfe! Sie verstrickte sich immer mehr in Lügen. Es 156
war schon ein dickes Lügengespinst. Sie lernte es nie!
"Ben..."
Sie hielt inne und legte die Hand auf das goldene Medaillon, das er ihr geschenkt hatte, um Mut zu fassen.
Doch Ben war bereits steifbeinig von der Bühne gegangen und in die Dunkelheit außerhalb der Aula getaucht.
Josie schirmte die Augen gegen das helle Bühnenlicht, doch sie sah nur Schatten.
"Ich liebe dich", flüsterte sie unglücklich.
Josie Belle Pickens stand mitten auf der Bühne und spielte die tragischste Rolle ihrer Karriere. Die Rolle der Frau, die den einzigen Mann, den sie jemals lieben würde, verloren hatte.
19. KAPITEL
Als Ben am nächsten Morgen noch vor dem ersten Patienten seine Praxis betrat, war sein schlimmster Zorn verebbt. Der Zorn hatte sich auch nicht so sehr gegen Josie gerichtet, sondern gegen sich selbst. Er hatte den Kampf zu schnell aufgegeben. Er war gestern Abend zu Josie gekommen, um die Liebe seines Lebens zurückzugewinnen, und hatte sie schließlich nur noch mehr gegen sich aufgebracht.
"Morgen", brummte er.
Nettie Jean an der Rezeption blickte mitleidsvoll auf.
"Ist jemand aus Ihrer Familie gestorben, Doc?"
"Entschuldigung. War nicht persönlich gemeint", brummte er und verschwand in sein Sprechzimmer.
Seine Post lag ordentlich gestapelt auf seinem Schreib157
tisch, und während er sie durchging, grübelte er, wie er seinen dummen Fehler mit Josie wieder gutmachen konnte.
Alle Fehler.
Die Adresse des Absenders auf dem Brief, den er hielt, lenkte ihn von seinen trüben Gedanken ab. Clytee Crawford. Was konnte sie von ihm wollen?
Er überflog den Brief, dann setzte er sich erstaunt zurück. Sie wollte, dass er als Ehrengast auf dem Maskenball erschien.
Ehrengast!
Ben warf einen Blick aus dem Fenster, um zu sehen, ob der Himmel eingestürzt wäre und er es womöglich nicht mitbekommen hätte. Clytee Crawford verachtete ihn.
Sie musste schwer wiegende Gründe haben. Trotzdem ... war es nicht genau das, was er sich gewünscht hatte?
Zutritt in die Gesellschaftskreise der Stadt zu bekommen?
Er würde hingehen, wenn auch nur aus Neugier. Au ßerdem könnte Josie dort sein. Es würde ihm die perfekte Gelegenheit geben, sie zu umwerben.
Das war genau das, was sie brauchte, und das war genau das, was er
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