Einmal breifrei bitte
plausibel, man kann sehr gut nachvollziehen, warum das Kind kurzzeitig einfach überfordert von der Flut der neuen, zuerst höchst verstörenden Erkenntnisse und / oder Fähigkeiten ist (»Wenn es im Raum wirklich verschieden große Abstände zwischen den Dingen gibt und man die sogar selbst herstellen kann, indem man zu etwas hin- oder von etwas weggeht bzw. -krabbelt, dann kann es ja auch sein, dass Mama auf einmal weg ist, verdammt! Jetzt ist sie einfach so aus dem Zimmer verschwunden, Hilfe! Kommt sie jemals wieder???«), was es wirklich einfacher macht, die damit einhergehenden Launen und Stimmungsschwankungen zu ertragen.
Da sich aber dann bei manchen Sprüngen Karlines Laune gar nicht merklich verschlechterte (wie oben erwähnt, bei jedem Kind äußern sich die Sprünge je nach Gemütslage mal mehr und mal weniger stark), ging ich dazu über, immer nur noch dann nachzuschlagen, wenn ich wirklich das Gefühl hatte, dass bei uns der rhetorisch oft bemühte Wurm im Tages- (und Nacht-) Ordnungs-Gebälk steckt. (Können Sie mir noch folgen? Verzeihen Sie bitte die rumpelige Metapher.) Und siehe da, in den meisten Fällen passte das Verhalten meines Mädchens genau in eins der Zeitfenster eines Wachstumsschubes. (Diese differieren bei allen Kindern handelsüblicherweise immer nur um wenige Wochen.)
Vielleicht hat das Essen, das Sie serviert haben, eine zu schwierig handzuhabende Konsistenz. Sehr Kleinteiliges lässt sich ja nur mit dem Pinzettengriff bändigen, und wo manche Gemüter eine Herausforderung sehen, geben andere schnell auf und sind frustriert. Oder mit dem Flüssigkeit-Löffeln klappt’s noch nicht? Füllen Sie die Suppe doch in ein Trinkgefäß, oder ein kleines bisschen Wasser zum Joghurt, sodass auch hier schluckweise genossen werden kann.
Eine weitere Alternative sind extralange Babylöffel, bei denen Sie am Ende des Stiels dezent mitnavigieren können und so das Löffeln anschaulich vermitteln.
Ja, ich weiß, dass man nach neuesten Erkenntnissen sein Kind gerade auf dem Motorik-Sektor nach dem Trial-and-Error-Prinzip vorgehen lassen sollte, aber meines z. B. wurde als verbissene Perfektionistin vorkonfiguriert und war so schnell wütend auf sich selbst, dass ich beschloss, ihr in solch einem Fall ein Erfolgserlebnis mit sanfter Unterstützung möglich zu machen. Und siehe da, es wurde vergnügt quietschend mitgelöffelt.
Natürlich rede ich nicht von Kampf-Füttern, aber es spricht für mein Empfinden wirklich überhaupt nichts dagegen, bei mancher Nahrungsaufnahme – so denn von Babys Seite Appetit und Interesse signalisiert wird – ein wenig zu helfen. Ich denke, man sollte dabei auf keinen Fall mehr Essen »einfüllen«, als vom Kind verlangt wird, aber solange man nur auf deutliche Nachfrage handelt, ist dies ja nicht der Fall.
Wieder ist es Zeit, Evas Ansatz zu erwähnen, der mich so überzeugte und der letztendlich zu diesem Buch führte: Wichtig ist, dass man es sich auch selbst angenehm und praktisch gestaltet. Und wenn man das Gefühl hat, seinem Kind eine Suppen-Freude zu bereiten, die es sich selbst noch nicht ermöglichen könnte, sodass es äußerst enttäuscht wäre, wenn es auf das sich gemeinerweise nur fast anbahnende Geschmackserlebnis verzichten müsste (»Warum nur bleibt dieses verdammte Zeug nicht auf dem Löffel liegen wie die anderen Sachen???!) – was sollte Sie davon abhalten? Wenn Sie mich fragen: nichts.
Hebammen-Tipp
Wenn Sie es lieber oder auch mit Brei versuchen möchten, so gilt auch hierbei: Ihr Kind sollte mit wenig Unterstützung aufrecht sitzen können (und dies bei der Unternehmung auch tun!) und, ebenfalls wie beim Fingerfood, Interesse am Essen zeigen. Außerdem sind noch ein paar weitere Punkte hilfreich:
Alle Beteiligten sollen es bequem haben!
Lassen Sie Ihr Kind erst mal anschauen, was auf dem Löffel liegt, halten Sie es ihm nicht gleich direkt »unter die Nase«.
Warten Sie ab, bis Ihr Kind den Mund öffnet, »bohren« Sie nicht den Löffel in den Mund hinein.
Idealerweise sollte Ihr Kind den Mund schließen und mit der Oberlippe den Brei vom Löffel nehmen. Streifen Sie den Löffel nicht am Oberkiefer ab.
Beschreiben Sie beim Rausholen des Löffels aus dem Mund eine Bewegung nach oben hin, Richtung Nase oder Stirn, ziehen Sie den Löffel nicht gerade heraus.
Warten Sie, bis Ihr Kind geschluckt hat und Ihnen signalisiert (Geräusche, öffnet den Mund, …), dass es mehr will. Erst dann führen Sie den Löffel wieder zum Kind. Warten Sie nicht
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