Schläfst du schon?
1. KAPITEL
Dwight Thomas beabsichtigte, die gesamte nächste Woche flach auf dem Bauch zu verbringen. Entweder am Strand, mit der warmen Sonne über ihm; in einer Hängematte, mit einer warmen Brise, die über seine Beine strich; oder in einem Bett, mit einem warmen Körper neben ihm. Egal wie. Am besten wäre natürlich eine Verbindung dieser drei Szenarien.
Aber zuerst musste er erst einmal an den entsprechenden Ort kommen – nach Avila –, bevor die Müdigkeit ihn übermannte.
Vor zehn Jahren, als er die Stadt verließ, hatte er den Ruf eines Rebellen gehabt. Heute kehrte er zurück, im Herzen immer noch ein Rebell, aber jetzt auch Polizist. Er hätte nie geglaubt, dass es geschehen würde, aber nach so langer Zeit kam er tatsächlich wieder heim. Mittlerweile war es eher im übertragenen Sinn sein Heim, denn das Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hatte, gehörte seiner Familie nicht mehr. Es war schon vor Langem verkauft worden, da seine Eltern sich nach Arizona zurückgezogen hatten. Aber in seiner Vorstellung würde der beliebte Badeort Avila immer die Stadt sein, zu der er heimkommen wollte – ein Ort voll Sonne und Spaß.
Im Augenblick war er allerdings reichlich erschöpft. Im engen Innenraum seines Jeeps konnte er seine müden Glieder nicht richtig ausstrecken. Nach der vierstündigen Fahrt spürte er seinen Körper kaum noch. Außerdem hatte sein letzter Auftrag als Undercoveragent ihn ohnehin aufgerieben. Ein ganzes Jahr lang hatte er daran gearbeitet, einen Drogenring in den übelsten Gegenden von Los Angeles aufzudecken, und war zum Schluss auch noch angeschossen worden.
Aber glücklicherweise ging es ihm von Tag zu Tag besser, seine Wunde heilte, und der Fall war abgeschlossen. Die Verbrecher saßen hinter Schloss und Riegel, die Anwälte hatten ihre Taschen gefüllt, und sein Chef war wieder ein glücklicher Mann.
Zu Dwights Linken glitzerte der Pazifik in einem tiefen Jadegrün. Die Sonne berührte gerade den Horizont. Dwight hatte alle Fenster heruntergekurbelt und konnte die Salzluft riechen und die Wellen hören, die sich an der Küste brachen.
Zu Hause, dachte er mit einem wehmütigen Lächeln. Damals hatte er nicht schnell genug aus dieser verschlafenen Kleinstadt fliehen können. Für seinen Geschmack hatte sie einfach nicht genügend Spannung und Nervenkitzel geboten. Aber für eine Weile, während seine Genesung vorankam, war das träge Tempo hier genau das, was er wollte.
Vielleicht würde er, wenn er erst einmal ein paar Tage geschlafen hatte, seine immer noch schmerzende Seite auf die Probe stellen und surfen gehen, etwas, das er seit Jahren nicht mehr getan hatte.
Das Einzige, was er nicht zu tun gedachte, war arbeiten, und zwar eine ganze Woche lang, bis sein Urlaub zu Ende war. Man hatte ihm zwei Monate zugebilligt. Er hatte die Zeit voll ausgeschöpft und könnte sie sicher noch verlängern, wenn er wollte. Jeder würde das verstehen. Es war keine einfache Sache für einen Polizisten, angeschossen zu werden.
Aber Dwight liebte seine Arbeit, und er wollte so schnell wie möglich wieder damit anfangen. Sie war sein Leben. Das einzige Leben, das ich habe, gestand er sich trübsinnig ein, wenn man bedenkt, wie viele Stunden und welche Energie ich darauf verwende. Andererseits genoss er immer noch das wilde, aufregende Gedränge von Los Angeles.
So, wie er sich im Augenblick fühlte, war er allerdings nicht sicher, ob er wirklich so schnell wieder an seinen Posten gehen konnte. Ein Leberriss und zwei gebrochene Rippen waren wohl doch schwieriger auszuheilen, als er sich vorgestellt hatte.
Vielleicht war er auch nur übermüdet nach der langen Autofahrt in dem nicht gerade sehr bequemen Jeep. Das Einzige, was er sich jetzt wünschte, war etwas zu essen und ein Bett.
Ach was. Das Essen konnte warten. Er würde sich direkt in die Federn schmeißen, mit oder ohne einen warmen weiblichen Körper.
Endlich kam das Schild zum “Norfolk Woods Inn” in Sicht, kurz bevor auch das malerische, charaktervolle alte Hotel zu sehen war. Dwight war stolz auf seine kleine Schwester Alexi und ihre Freundinnen, die es gemeinsam instand gesetzt hatten. Das Holzhaus war wunderschön, gemütlich und einladend – genau das, wovor er vor vielen Jahren davongelaufen war.
Alexi fehlte ihm. Sie besuchten sich viel zu selten, nur wenn Alexis Reise nach Los Angeles sich mit seinem Arbeitsplan vereinbaren ließ. Er freute sich darauf, sie wiederzusehen. Sie würde ihm ein Zimmer geben und ihn
Weitere Kostenlose Bücher