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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Zeigefinger; „lauscht“ (ihr Kopf war leicht nach einer Seite geneigt, die rechte Hand hinter das Ohr gehalten); „der zarten“ (streichelnde Bewegungen); „Lerche“ (Schlagen und Flattern mit den Flügeln). Anne machte ihr das genau nach.
    Annes Stimme war süß, klar und ganz rein in den hohen Tönen; es ärgerte mich, sie in einem alten schwarzen Spitzenabendkleid, die roten Locken mit Hunderten alter Juwelen oben auf dem Kopf zusammengesteckt, auf ihrem kleinen Tisch stehen und ihren schönen Gesang durch alberne Gesten verderben zu sehen. Als ich ihr das sagte, explodierte sie. „Du hast Tuberkulose gehabt, und du verstehst nichts von Operngesang. Ermengardes Großmutter war Opernsängerin, und sie hat Ermengarde beigebracht, wie man singt, und hat gesagt, daß alle Opernsängerinnen immer solche Bewegungen machen,“
    Anne sang weiter genau wie Ermengarde, ja sie ergänzte ihr bereits großes Opernrepertoire noch durch einige populäre Nummern wie „Buuh Huuh“ und „Wenn ich dich rufe Huuuuuuuuhuu, huu, huu, huu“ aus „Rosemarie“, was Tausende von noch viel verrückteren Gesten erforderte.
    Kimi sagte, sie fände es sei eine gute Idee, wenn ich die Kinder sich selbst überließe und meine Stenographie auffrischte. Ich vergalt Gleiches mit Gleichem, indem ich ihr vorschlug, daß sie sich im Herbst auf der Universität einschreiben sollte, damit sie ihre freie Zeit ausfüllte, ihren Geist beschäftigte und neue Leute kennenlernte. Kimi bat mich, mit ihren Eltern wegen des Universitätsplanes zu sprechen, da sie Angst hatte, sie fänden sie immer noch zu anfällig für solch ein Wagnis.
    Also ging ich eines Abends zu ihr hinüber und redete über die Universität, viel zu viel und mit der hohen, schrillen Stimme, die ich mir für Ausländer Vorbehalte, aber ich wirkte allem Anschein nach überzeugend, denn in der nächsten Woche erhielt Kimi vom Chefarzt die Erlaubnis, im Herbst zehn Stunden auf der Universität zu belegen. Ich schrieb mich auf einer Handelsschule für Abendunterricht in Stenographie ein.
    Meine Stenographielehrerin, die schwarze Lackpumps und einen Hut mit einer langen schwarzen Quaste trug und beim Diktieren wie das Pendel eines Metronoms schwang, war sehr erregbar; und wenn sie mehr als hundert Silben in der Minute diktierte, hängte sie alle Worte aneinander, riß die Seiten ihres Buches heraus und ließ ihre Bleistifte fallen. Eines Abends, als sie auf 150 Silben in der Minute kam, wurde sie so hysterisch, daß sie ihre Brille auf die Erde warf und mit dem Absatz eines der großen Lackschuhe zertrat.
    Sie war eine greuliche Lehrerin und ihrem Temperament nach fast eine Zwillingsschwester von Miß Gillespie, aber ich überlegte mir, daß, wenn ich in der Lage war, ihr Diktat „SehrgeehrteHerren. WirsindimBesitzIhresgeschätztenvomdrittenundmöchtenlhnenmitteiledaßwirkeineweiterenHufeisenmehraufLagerhabenWirwerdensielhnenaberzustellensobaldwireineSendungerhalten“ aufzunehmen und zu übertragen, ich überall arbeiten könnte. Auch gefiel mir die Atmosphäre in unserer Stenographieklasse, weil wir Schüler alle auf die eine oder andere Weise eindeutige Versager waren; aber ich war die jüngste und hübscheste oder, ehrlicher gesagt, die am wenigsten alte und am wenigsten häßliche.
    Im August nahm ich eine Einladung zu einem Bridgeessen an und erfuhr zum erstenmal, wie es ist, wenn man als Paria behandelt wird. Eine Freundin pries mir die Vorzüge ihres neuen Hauses und verhältnismäßig neuen Babys, und ich bemerkte aus reiner Höflichkeit, daß ich mir beide liebend gern ansehen würde. Als die Freundin ein entsetztes Gesicht machte und das Thema wechselte, glaubte ich, einen Schnitzer gemacht und vergessen zu haben, daß ihr Baby ein Idiot sei. Ich fragte Mary, was da nicht stimme. Sie sagte: „Ach, Marjorie ist so eine dumme Gans. Sie denkt, daß du ansteckend bist. Und du wolltest ja sowieso das häßliche Haus und ihr dreckiges kleines Baby nicht sehen.“ Ich wollte nicht, war aber trotzdem verletzt. Danach wartete ich ab, bis ich eingeladen wurde, bevor ich irgendwohin ging.
    Im Frühherbst fuhren Mary und ich aufs Land, weil wir Pfirsiche kaufen wollten, und hielten an dem Haus einer alten Schulfreundin. Wir hatten vergessen, daß sich Das Kind aus der Klasse zu dem Typ von Hausfrau entwickelt hatte, der Bananenschalen mit Lysol wäscht, bevor er sie abzieht, und begrüßten sie überschwenglich und baten um etwas zu essen und eine Tasse Kaffee. Sie war wenig

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