Eins zu Null für Schreckenstein
Abendessen saßen Boys und Ritter wie gewöhnlich zusammen. Strehlau verzog sich mit Musikfreunden in die Bibliothek, wo er ihnen vorspielte. Mücke trommelte den Ritterrat zusammen. Sie hätten noch etwas zu tun, sagte er wahrheitsgemäß. Bei dem gleitenden Unterricht fiel das nicht auf. Seit die Ritter Geld verdienen mußten, machten sie zu den unmöglichsten Zeiten Schularbeiten.
„Sie haben was vor, und ich glaube, ich weiß was!“ begann er im großen Ruderboot drunten in der Fluchtburg. „Ich bin während der Arbeitsstunde mal rauf aufs Klo. Da sehe ich in der Eingangshalle, wie Bill, Andrew, Charlie, John und Sean – er sprach den gälischen Namen richtig aus: ,Schon’ –, in einer Ecke Säcke stapeln. Nun ist es ja so: Wenn Leute etwas tun und das kommt einem andern merkwürdig vor, dann fragt der, was sie denn da machen. Erklären sie’s aber von sich aus, noch bevor man sie danach fragt, haben sie ein schlechtes Gewissen. ,Die sind von der Küche!’ hat Bill mir sofort erklärt., Wir kriegen wieder Kartoffeln und so weiter. Ihr eßt ja ganz schöne Mengen!’ – Ich habe genickt, als würde ich ihm glauben und bin gegangen. Aber ich wußte natürlich, daß er schwindelt. Unsere Ehrlichkeit ist hier ja nicht üblich. Also bin ich eine halbe Stunde später noch mal rauf. Da waren sie weg. Die Boys. Nicht die Säcke! Und irgendwie dacht ich: Zähl doch mal nach! Und was stelle ich fest…“
„Genau so viele Säcke, wie Ritter auf der Burg!“ fiel ihm Stephan ins Wort.
„Perfectly right!“ bestätigte Mücke nach Art des Hauses. „Sie sind ja mehr als wir.“
„Hihi!“ lachte Klaus. „Die wollen sie uns, während wir schlafen, über den Kopf ziehen!“
„Und zubinden!“ fuhr Hans-Jürgen fort. „Wir können uns in unseren Schlafsäcken ja nicht wehren!“
„Und sie behaupten dann, das sei der böse Hector gewesen!“ schloß Dampfwalze.
Andirümpfte die Nase. „Not very fulminant!“
„Das heißt also…“ dachte Ottokar laut, „...daß sie alle kommen, der ganze Verein. Wollen doch dabei sein, beim ersten Streich!“
Stephan nickte. „Dann wissen wir ja, was wir zu tun haben.“ Der Rest war reine Geographie. Das Stallgebäude grenzte direkt an den Pallas und den nördlichen Turm. Auf dem ziemlich flachen Satteldach lag Stephan bequem auf seiner Luftmatratze im Schlafsack. Er lag auf dem Bauch, gerade so, daß er über den First in den Burghof hinunterschauen konnte. Wie meist zogen Wolken von Westen rasch über die Burg hinweg: Er konnte den Hof überblicken, auch wenn der Mond verdeckt war. Die Boys ließen sich Zeit.
Etwa zwei Stunden nach Beginn der Nachtruhe erschienen einige Gestalten am Portal des Pallas, schlichen zum Stall hinüber, wo sie sich überzeugten, daß die Ritter schliefen. Ihren Gesten nach waren sie hochzufrieden, denn nun trugen sie die Säcke aus der Halle heraus, legten sie in vielen kleinen Stapeln mitten in den Burghof und verschwanden wieder. Sofort kroch Stephan aus seinem Miefetui, sprang herunter und verschwand in den Stall. „Aufstehen!“ zischte er. „Umzug! Los. Aber leise! Luftmatratzen und Schlafsäcke mitnehmen und rauf aufs Dach!“
Das gefiel den Rittern. Der roh aus Felsstücken gemauerte Bau bot Trittmöglichkeiten wie eine Leiter. An der rückwärtigen Längsseite warfen die Ritter Matratzen und Schlafsäcke hinauf und kletterten in breiter Front hinterher. Ottokar als letzter, schloß die Tür.
Während sie sich’s droben nach Stephans Beispiel hinter dem First bequem machten, gab der Ritterrat die nötigen Informationen zum Weitersagen.
„Das ist der fulminanteste Streich, den wir je alle zusammen gemacht haben!“ freute sich Ralph. Äußerst leise, versteht sich.
Droben im Pallas flackerte hinter mehreren Fenstern schwaches Licht auf. „Kerzenstündchen auf Duncraig Castle!“ witzelte Dichter Hans-Jürgen lyrischerweise.
„Klar, Mann!“ antwortete Klaus prosaisch. „Im Dunkeln finden die doch ihre Unterhosen nicht!“
Die Lichter verlöschten wieder, doch es dauerte eine Ewigkeit, bis die ersten Boys im Burghof erschienen. Hinter den Stapeln sammelten sie sich, jeder nahm einen Sack. Vorn standen, den Konturen nach, Bill, Andrew und John und machten im Mondlicht vor, wie die Säcke zu fassen und den schlafenden Rittern überzustülpen seien. Da es sich um eine Pantomime handelte, verstanden die Zuschauer auf dem Dach sozusagen jedes Wort und amüsierten sich, daß sie Mühe hatten, still zu bleiben.
Beni fand
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