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Eis

Eis

Titel: Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kosch
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Zimmern an? Wenn wir, wie behauptet wird, in die Eiszeit eingetreten sind, wie wollen sie dann so viele Räumlichkeiten heizen?“
    „Die? Um die ist mir nicht bang. Auch in der Eiszeit wird es nicht allen gleich kalt sein. Die werden sich auch in der Eiszeit zurechtfinden – wie in allen anderen Zeiten. Solchen ist immer warm. Meinst du, die hätten, wie du, mit verschränkten Armen abgewartet, obwohl du früher wußtest als sie, worum es sich handelt, und obwohl ich dir immer gesagt hab, man soll den Prognosen dieses Liebling nicht glauben. Meinst du, die hätten tatsächlich ihre Fundamente und die geplatzte Wasserleitung repariert? Meinst du, sie hätten in den Säcken tatsächlich Zement in den Keller geschafft? O du mein Einfaltspinsel! So unbeholfen sind die nicht, und die haben auch nicht umsonst soviel Erde ausgehoben. Weißt du, was sie gemacht haben? Sie haben den Keller erweitert, damit die ganze Kohle Platz hat, die in den Säcken ‘rangeschleppt wurde, und alles Mehl und all die anderen Vorräte, die sie nicht mehr unterbringen konnten, weil die Speisekammer und der ganze Speicher schon voll waren.“
    „In Ordnung, in Ordnung!“ stöhnte Tomić, und es gelang ihm nicht, seine Schuhe ordentlich zu Ende zu binden, er zog nur schnell die Schnürsenkel irgendwie fest. „Ich hab’s eilig“, sagte er, „ich komm zu spät.“ Er warf den Mantel über und stürzte zur Tür hinaus in den Schnee. Im Vorbeigehen hielt er ein und sah sich nach dem Schneehügel um, der sich über dem Wagen des Generaldirektors erhob. Es tat ihm weh, daß hier ein so kostbarer Gegenstand verkam, und er konnte nicht anders, als hinzusehen.
    Die Frau Krekić interessierte es, was er da zu suchen hatte, und sie blieb hinter dem Vorhang stehen, um zu sehen, was er tun würde. Aber er ging nur zweimal um den Hügel herum, schnuppernd wie ein Hund um einen Baum, und setzte seinen Weg ins Büro fort.
    „Was treibt dieser Tomić sich dauernd um den Wagen des Direktors herum?“, fragte sie ihren Mann, der, in einen rotsamtenen Morgenrock gehüllt, dicke Wollstrümpfe an den Füßen, beim Radio im Fauteuil saß.
    „Schon gut, ich bitt dich, was kümmert dich das nun auch noch, was stört es dich? Was geht es uns an, was die Welt draußen treibt. Wenn ich mich nicht täusche, oder, besser gesagt, wenn du mich nicht täuschst, sind wir einigermaßen versorgt.“
    „Für mindestens zehn Jahre. Für zwanzig, wenn wir sparen. Aber grad deshalb muß man aufpassen, was die Welt draußen treibt. Die um einen fremden Wagen herumschnüffeln, könnten auch um ein fremdes Haus herumschnüffeln.“
    Sie sahen sich an. Er wollte etwas erwidern, aber die Frau kam ihm zuvor. „Die Eiszeit ist angebrochen!“ sagte sie bedeutungsvoll, und zum erstenmal seit wer weiß wie langer Zeit blieb er ihr eine Antwort schuldig.
    Das Radio, eingeschaltet, aber nicht gut eingestellt, wiederholte unsauber und heiser die Worte der Verlautbarung: „… Da es sich, wie erwähnt, nicht um eine vorübergehende Erscheinung handelt … wird die kalte Periode damit nicht beendet sein … Im Gegenteil … Nach allem zu schließen, stehen wir auf der Schwelle zu einer neuen Eiszeit.“
    An diesem Tag war der Himmel winterlich grau verhangen. Die Sonne segelte hinter den Wolken, geriet in eine dichte Wolkenbank und verdunkelte sich im Nu. Im Zimmer wurde es düster, und Herr Krekić, den Anblick seiner Frau vor sich, die Stimme aus dem Lautsprecher hinter sich, fröstelte in seinem Fauteuil, und er raffte die Mantelschöße enger um sich. Auch seine Frau am anderen Ende des Zimmers zitterte. Sie schüttelte sich, ihre Schultern tanzten, als weine sie, und aus ihrem geöffneten Mund schwang sich tatsächlich ein winselnder Ton:
    „Eiszeit!“ sagte sie.
    „Eiszeit!“ bekräftigte er, und auch das Radio fiel mit seiner unmenschlichen, mechanischen Stimme ein:
    „Eiszeit …“

    Also, wir sind in die Eiszeit eingetreten.
    Im schneeverwehten Belgrad war das jetzt, Ende Juli, allen klar. Es war jetzt allen klar, und niemand stellte das mehr in Abrede. Nicht einmal die Berichte und Wettervorhersagen des Direktors Liebling.
    Woher jetzt eine Eiszeit? fragten sich die Leute. Wie kann sie ausgerechnet jetzt so überraschend kommen? Was hat ihr Erscheinen hervorgerufen? Hat man wissen oder wenigstens ahnen können, daß sie kommen würde? Was ist unternommen worden, um sie zu verhindern oder wenigstens die Menschen rechtzeitig darauf vorzubereiten? Und schließlich fragten

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