Eischrysanthemen
und ließ es dann doch bleiben, weil er zu erschöpft war.
„Was bedeutet dieses Wort?“, erkundigte er sich mit milder Neugierde.
„ Yokatta bedeutet, dass etwas sehr gut war“, sagte Kira, während er sich aus Vincent zurückzog und an seine Seite rutschte.
Vincent schlang instinktiv die Arme um ihn, ohne näher darüber nachzudenken. Seine Augen streiften das noch immer erhitzte Gesicht, das von feuchten Strähnen eingerahmt wurde.
„In dem Fall muss ich dir zustimmen. Es war wirklich sehr gut“, erwiderte er und küsste Kiras Nasenspitze. Dermaßen ausgefüllt und befriedigt hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt, und das genoss er sehr. Es kam ihm so unendlich lange her vor, dass er mit jemandem in dermaßen enger Verbundenheit in seinem Bett gelegen hatte. Warum es gerade Kira war, der nun in seinen Armen lag und ihn mit seinem dunklen Blick musterte, war Vincent nicht ganz klar. Nur eins war ihm bewusst und zwar, dass er mehr für diesen Mann empfand, als er sich am Anfang gewünscht hatte. Aber wohin sollte das alles führen? Nur zu bald würde Kira wieder aus seinem Leben verschwinden und alles, was zurückbleiben würde, wäre die Erinnerung an fantastischen Sex sowie eine Erfahrung, die Vincents Leben nun mitbestimmen würde. Es gab soviel, über was er hätte nachdenken sollen, aber er tat es nicht. Noch wollte er sich all den vernünftigen Gedanken nicht stellen, die ihn ohnehin viel zu bald einholen würden.
„Vincent?“ Nach der körperlichen Anstrengung war Vincent in sanftes Dösen verfallen, als Kira ihn ansprach.
„Hm?“, brummte er zurück und ließ seine Augen geschlossen. Solange bis er Kiras nächste Worte hörte. „Bist du eigentlich bei allen deinen Interviews so hartnäckig wie bei mir?“
Überrascht öffnete er die Augen.
„Nun, ich hatte noch nie einen Interviewpartner, der so unwillig war wie du.“ Er meinte es nicht beleidigend, aber das war einfach die Wahrheit. Wie Kira hatte sich noch keiner quergestellt, wobei Vincent noch immer nicht ganz verstand, warum er sich auf diese Weise verhalten hatte.
„Und was ist mit dir? Bist du bei allen Journalisten so?“ Vincent wagte diese Frage, weil er der Meinung war, dass er es nun durfte. Sicherheitshalber schlossen sich seine Arme jedoch etwas fester um Kira, damit dieser nicht entkommen konnte. Einen Moment herrschte Stille, und Vincent fühlte, wie sich Kiras Körper unter seinen Händen versteifte, doch dann folgte ein resignierter Seufzer.
„Ich habe meine Gründe, warum ich keine Interviews geben mag“, antwortete er schließlich. „Außerdem ist mein Leben nicht sonderlich interessant, dass es viel zu erzählen gäbe.“ Das klang ziemlich ausweichend, wie Vincent fand, aber nun, wo Kira neben ihm lag und er über seinen Rücken streicheln konnte, beschloss er sich etwas weiter vorzuwagen.
„Erzähl mir von dir“, forderte er und erntete dafür auch gleich einen irritierten Blick. „Du wolltest auch, dass ich von mir erzähle, also bist du jetzt dran, wo wir schon so im Bett nebeneinanderliegen.“ Vincents Hand wanderte über Kiras Hintern hinweg, und ob es nun die Geste war, oder Vincents Worte – Kira gab sich einen Ruck. Er schmiegte sich an Vincent, als würde er Schutz brauchen.
„Und wo soll ich anfangen?“, fragte er nach einem Moment etwas ratlos.
Vincent überlegte kurz.
„Erzähl mir, wie du auf die Idee gekommen bist, Kabuki Schauspieler zu werden“, schlug er vor.
„Es war der Wunsch meiner Eltern, dass ich Kabuki Schauspieler werde“, begann Kira leise und rau zu sprechen. „Meine Familie hat schon seit vielen Generationen ein Theater in Tokyo. Fast alle aus meiner Familie haben etwas mit dem Theater zu tun, wenn nicht als Schauspieler, dann als Maskenbilder oder anderes. Ich war zehn, als sie beschlossen, dass ich Schauspieler werden sollte. Jemand musste das Theater übernehmen, die Tradition weiterführen, und ich war eben noch da.“
Vincent horchte bei dem letzten Satz auf, unterbrach das Streicheln aber nicht.
„War dir vorher nicht klar, dass sie sich irgendwann wünschen würden, dass du dich im Theater einbringst?“, fragte er ganz vorsichtig, weil er Kiras Willen etwas zu erzählen, nicht gleich abwürgen wollte.
„Nein, am Anfang nicht. Eigentlich hätte meinem Bruder die Ehre zugestanden, das Familientheater weiterzuführen und damit auch Schauspieler zu werden. Er hat es jedoch vorgezogen, mit siebzehn einfach und ohne ein Wort zu sagen, von zu Hause
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