EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
Pensionierung durch die Army selbstständig gemacht. Aber dieser Job des Privatermittlers fühlte sich für ihn auch heute noch, nach fünf Jahren, wie ein ungewohnter Mantel an, der zwar passte, aber nur aus der Not heraus an ihn wie an einen möglicherweise bald nutzlosen Nagel angehängt worden war. Das gut funktionierende Nachbarschaftsnetzwerk hatte ihn damals, von jetzt auf gleich, mit dem Fall eines verschwundenen Kindes beauftragt, noch bevor er sich eigentlich im Klaren gewesen war, was er nach seiner aktiven Armeezeit eigentlich Neues beginnen wollte. Möglicherweise war dies aber auch nur so schnell geschehen, weil er schon immer allein gelebt hatte. Forester hatte keine Familie, nur noch einen drei Jahre jüngeren Bruder. Diesen Bruder, Eric, sah er nur noch selten. Eric war beim Militärgeheimdienst, der Defen s e Intelligence Agency, tätig und schien ständig unterwegs. Doch telefonierten sie sehr oft miteinander.
Der Name des ersten Kindes war Samira gewesen. Samira war auf den Fotos, die man ihm damals gezeigt hatte, ein immer fröhliches Kind gewesen. Auf jedem Foto, das man ihm von ihr gezeigt hatte, hatte das freche kleine Mädchen mit den großen braunen Augen und den liebevoll geflochtenen Zöpfen wie eine kleine Sonne gestrahlt. Derek versuchte nicht mehr an diese Bilder, nicht mehr an diesen schrecklichen Unterschied, zwischen dem Vorher und dem Nachher, nach ihrem Auffinden zu denken. Samira war sieben Jahre alt gewesen, als man sie zwischen Schulbus und elterlicher Wohnung mit Gewalt in einen Van befördert hatte. Derek hatte Samira schließlich in der Welt der Schatten aufgespürt. Derek und seine Knochen kannten diese Welt nur zu gut. Über zwei Jahrzehnte hatte er nichts anderes für die Army getan. Forester lebte in einem vierstöckigen Apartment-Haus mit zirka fünfzehn Wohneinheiten in Stony Brook. Nun stand er in der Küche seiner kleinen 2 Zimmer Wohnung und hatte einen kleinen gelben, selbstklebenden Zettel in der Hand. Er hatte für einen kurzen Augenblick zurück zu einer Klarheit gefunden, die ihm eingetrichtert hatte, was als Nächstes zu tun war. Daraufhin hatte er ganz automatisiert zu einem dieser gelben Zettel gegriffen. Und obwohl ihm diese Klarheit nun auch schon wieder abhandengekommen schien, suchte er immer noch einen Stift.
„Sie ist weg!“, murmelte Forester. Wieder befand er sich in diesem Niemandsland, dieser Leere, aus der er sich keine Eingebung erhoffen konnte. Er stand wie angewurzelt in der Küche, mit einem klebenden, gelben Zettel an seinem linken Zeigefinger. Forester entkam dieser Rigidität, indem er sich in Bewegung setzte, sich seines schweren Mantel entledigte und den leeren gelben Zettel zu etwa vierzig anderen an die Wohnungstür auf Augenhöhe klebte. Schließlich versank er körperlich ermüdet in seinem braunen Sessel. Es blieb ihm nur noch ein Ansatz. Forester stützte seinen Kopf in seine Hand und schloss die Augen. Er wusste, dass er die Spur am Hafen nicht mehr aufnehmen konnte. Nicht, nachdem dort ein Polizist erschossen worden war. Das Areal war für nun an für jene abartigen Menschen, die er gesucht hatte, verbrannte Erde. Forester musste wieder von vorne beginnen, dort, wo alles seinen Anfang genommen hatte. Morgen, nachher, am Abend. Jetzt musste er erst einmal schlafen, morgen würde er sich noch einmal mit den Eltern Hanaas zusammentun.
Forester erwachte und schätzte die Uhrzeit am einfallenden Tageslicht. Der Morgen eröffnete den Tag in einem blaugrauen Licht. Es war noch keine sechs Uhr, schätzte Forester. Er streckte sich in seinem Sessel und ließ sich einige Minuten Zeit. Die Bilder der Nacht hatten ihn auch im Schlaf verfolgt. Er benötigte noch eine Minute, nur um unterscheiden zu können, welche dieser geträumten Bilder der Wirklichkeit und welche seiner Fantasie zuzuordnen waren. Im Traum war ihm das Backsteingebäude weniger furchteinflößend erschienen als in Wirklichkeit. Forester glaubte, dass es daran lag, dass ihm im Traum diese Personen, die sich darin aufgehalten hatten, vertraut vorgekommen waren. Dieses Treffen hatte in seinem Traum keineswegs zu einem Mord geführt. Im Traum war das eher ein Treffen unter Freunden gewesen, die sich dazu entschlossen hatten, dass jetzt einer von ihnen zu gehen hatte. Zu gehen hatte , in der Art, dass er in Wirklichkeit erschossen wurde. Forester rieb sich die Schläfen, gähnte laut und griff nach der Fernbedienung, die seitlich von ihm, direkt neben dem Sessel, auf einem
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