Eiskalte Hand (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
In den Gewölben unter Wan-La lagerte reichlich flüssiges Feuer. Damit konnten sie die Waffen in den Wagen mehrmals nachfüllen. Auf zwei Wagen, die besonders sorgfältig gepolstert und geschützt waren, ruhten nun die Fässer mit der tödlichen Flüssigkeit.
Yan Tu war zufrieden. Sehr zufrieden. Mit diesem Heer würde ihn nichts und niemand aufhalten. Schon gar nicht die Truppen in Mirana. Die erwarteten nur ein kleines Heer – ganz so, wie er es mit den Menschlingen abgemacht hatte. Der Hobgoblin grinste. Er sollte sein Heer gegen die Stadt führen und dann auf Kommando vor der Übermacht fliehen. Dafür wollten ihn seine Verbündeten mit weiteren Waffen, Gold und einem eigenen Territorium ausstatten. Kein schlechter Deal. Aber nun verlangte es ihn nach mehr. Er wollte keine Marionette sein, kein Handlanger der Menschlinge. Er fühlte sich zu Höherem berufen. Was scherten ihn da Bündnisse und Absprachen. Mit diesem gewaltigen Heer konnte er alles vollbringen und erreichen. Sie würden die Blassnasen einfach überrollen. Zuerst Mirana, dann das ganze quandalische Reich. Der Kaiser würde keine Chance bekommen, seine Truppen zusammenzuziehen und eine vernünftige Verteidigung zu organisieren. Wie ein Blitz würden die Grünhäute über sie kommen. Ein Blitz-Krieg. Dieses Wort gefiel dem Hobgoblin, und innerlich lobte er sich für diese geniale Wortschöpfung.
Die Augen seiner Soldaten ruhten erwartungsvoll auf dem großen Anführer. Dem größten Anführer aller Zeiten – so viel Zeit musste schon sein. Yan Tu riss sein Schwert aus der Scheide und reckte es in die Höhe. Zigtausendfacher Jubel erscholl. Ein ohrenbetäubender Lärm. Dreißigtausend Kehlen riefen seinen Namen. Die Oger und Trolle taten sich schwer damit, aber dafür schrien die anderen umso lauter. Mit einer seitlichen Geste seines Arms brachte er die Menge unvermittelt zum Schweigen. „Wir brechen auf.“, schrie er, so laut er konnte, „Auf nach Süden. Wir haben einen Krieg zu gewinnen. Lasst uns den Menschen zeigen, wer die wahre Herrenrasse ist. Kein Erbarmen! Keine Gnade!“ Voller Begeisterung stimmten die Grünhäute in seinen Ruf mit ein. Immer wieder skandierten sie „Kein Erbarmen! Keine Gnade!“. Dann setzte sich der gigantische Heerzug langsam in Bewegung. Eine gigantische Dampfwalze, bereit, alles in ihrem Weg zu zermalmen.
Kapitel 32
Federnd schwang die Tür auf. Quen Do schaute erwartungsvoll auf die junge Frau, die gerade von zwei Wachen hereingeführt wurde. Der Patriarch des Hauses Xi-Yang saß in einem breiten Ledersessel. Er war ein großer Mann. Einstmals vermutlich auch eine stattliche Erscheinung. Doch mit seinen fast siebzig Jahren hatten der Luxus und die Dekadenz in Quandala dafür gesorgt, dass davon nicht mehr viel übrig geblieben war. Wo sich früher starke Muskeln abzeichneten, hing nun das Fett herunter. In seinem Gesicht prangte ein mächtiges Doppelkinn. Die wülstigen Lippen grellrot geschminkt. Seinen Kopf hatte er kahl rasiert und mit Öl eingerieben, so dass er wie eine Speckschwarte glänzte. Sein massiger Leib steckte in einem edlen und sündhaft teuren Seidenanzug. An jedem seiner dicken Finger glänzte ein edelsteinbesetzter Ring. Mit seinen Schweinsaugen musterte er die Frau von oben bis unten und leckte sich voller Vorfreude über die Lippen.
In der Tat war sie eine echte Augenweide. Relativ groß und hervorragend gebaut, mit festen Brüsten. Eine gute Handvoll. So mochte er das. Ihr Gesicht stark geschminkt, so dass die Haut fast weiß wirkte – wie Porzellan. Die braunen Augen wurden von grüner Farbe umrahmt und wirkten so noch größer. Ihre Lippen erstrahlten in einem tiefen Rot. Die langen schwarzen Haare hatte sie zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt und mit Perlenketten durchzogen. Ihr wohlgeformter Körper steckte in einem hauchdünnen Kimono, der mit bunten Schmetterlingen bedruckt war. Das typische Erkennungszeichen für die Edel-Konkubinen in Quandala. Demütig blickte sie zu Boden und wartete ab, was geschehen würde. Quen Do schälte sich ächzend aus seinem Sessel und gab den Wachen ein wedelndes Zeichen mit der Hand. Augenblicklich zogen sie sich zurück und schlossen die Tür. Langsam ging der Patriarch auf die Konkubine zu und umkreiste sie. Das würde ein Fest werden. Er merkte schon, wie sich etwas bei ihm regte. ‚Sehr gut!‘
Die Frau stand ganz still da. Sie machte einen schüchternen Eindruck. Das gefiel dem alten Mann. Er mochte es, wenn die
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