Eiskalte Hand (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
Hauses Lun hatte auch sie einen gehörigen Anteil. Irgendwann vertraute Wuan mir dann an, dass es noch ein anderes Geheimnis hinter seiner Karriere gab.“ Einen Moment musterte er Mia. „Ich nehme an, du weißt von dem Artefakt.“, sagte er dann ernsthaft. „Ja, ich habe davon erfahren.“, gab Mia zurück, „Aber was genau hat es damit auf sich?“
„Ganz genau weiß ich das auch nicht.“ Doran Zi hob entschuldigend die Schultern. „Aber wir sollten es herausfinden. Auf jeden Fall hat dieses Artefakt dazu beigetragen, dass das Haus Lun so erfolgreich werden konnte. All die Jahre ist es nun verschollen. Dennoch gehört es dir. Es ist dein Erbe. Dein Großvater hat es erschaffen und ist wohl dabei ums Leben gekommen. Zumindest vermutet man das.“ Bei dem Wort „Erbe“ zuckte Mia kaum merkbar zusammen. Sofort kam ihr die Besitzurkunde in den Sinn. Gedanklich legte sie einen Merkposten an.
„Das Artefakt gehört zum Haus Lun. Es ist irgendwie wohl ein Teil davon. Insofern dürfte es für alle anderen wertlos sein. Das ist zumindest meine Vermutung. Aber für dich, mein Kind, besitzt es einen unschätzbaren Wert. Du kannst es nutzen, denn du trägst das Blut des Hauses Lun in dir. Stell dir vor, was es dir ermöglichen könnte. Und du könntest das fortsetzen und vollenden, was dein Vater begonnen hat.“ Mia merkte, dass Doran Zi selbst ganz aufgeregt wurde. Endlich konnte er sein lang gehütetes Geheimnis weitergeben. Fünfundzwanzig Jahre hatte er es mit sich herum getragen und auf diesen Tag gewartet. Das musste hart gewesen sein. Auch für Mia kam das alles überfallartig. Erst hing sie so lange in der Luft, und nun strömten die Informationen mit einem solchen Tempo auf sie ein, dass ihr kaum Zeit zum Atmen blieb. Um sich ein wenig Zeit zum Nachdenken zu verschaffen, machte sie sich erst einmal über ihr Essen her. Die Forelle im Kräutermantel schmeckte süßlich und passte hervorragend zu der scharfen Soße, die sie großzügig über den Reis verteilte. Essen gegen das Denken. Essen um nachzudenken. Mia stopfte den Fisch in sich hinein, als wäre es ihr letztes Mahl.
Doran Zi ließ sie gewähren. Er konnte nachvollziehen, wie sehr es die junge Frau mitnehmen musste, mit ihrer eigenen Geschichte und der ihrer Familie konfrontiert zu werden. Das steckte man nicht mal eben so weg – nicht einmal wenn man so stark und abgebrüht war wie Mia.
Schließlich hatte sie das Mahl beendet. Pausenlos ging sie die Informationen durch, die sie gerade erhalten hatte. Ordnete sie in Gedanken, sortierte sie, schob alles hin und her um sich einen schlüssigen Gesamtbild zu machen. Aber noch fehlten einige Bausteine dazu. „Wisst ihr, wo dieses Artefakt sich befindet?“, brach sie endlich das Schweigen. Doran Zi schüttelte den Kopf. „Ich kann es euch nicht sagen. Dieses Geheimnis hat euer Vater selbst mir nicht anvertraut. Möglicherweise ist es bei der Katastrophe damals verloren gegangen. Aber ich glaube das nicht. Denn wie gesagt: Meiner Meinung nach kann niemand etwas damit anfangen, der nicht zum Haus Lun gehört. Und da ihr nun die einzige seid, die dieses Blut in sich trägt…“ Er brauchte den Gedanken nicht zu Ende zu führen. „Dann ist es möglicherweise irgendwo versteckt?“, sprach Mia den Verdacht auf, der ihr soeben gekommen war. „Das könnte sein.“, gab der alte Mann zurück und zog die Stirn in Falten. „Aber ich weiß nicht, wo. Es müsste ein Ort sein, der sicher ist und der etwas mit dem Haus Lun zu tun hat. Wo sonst keiner hinkommt oder Zutritt hat. Doch wo sollte es einen solchen Ort geben, von dem ich nichts weiß?“
Schlagartig fügten sich die einzelnen Bruchstücke des Bildes ineinander. Der Gesamteindruck wurde für Mia klar und deutlich erkennbar. Das Artefakt – ein passendes Versteck – das Grundstück, das sie geerbt hatte. Durch die Worte von Doran Zi ergab sich ein Zusammenhang; ja, mehr als das: Es ergab sich ein Plan. Schnell ergriff sie das Wort und erzählte dem alten Mann von der Besitzurkunde. Der lächelte ihr anerkennend zu. „Das nenne ich mal eine heiße Spur.“, sagte er. Mia freute sich. Es konnte weitergehen. Am liebsten wäre sie augenblicklich aufgesprungen und zu dem Grundstück aufgebrochen. Doch sie wusste ja nicht einmal, wo es genau lag. Aber das ließ sich bei den zuständigen Behörden leicht herausbekommen.
„Hast du denn schon Anspruch auf dein Erbe erhoben?“, fragte Doran Zi unvermittelt. „Wie…?“ Daran
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