Eiskalte Hand
augenblicklich aufgesprungen und zu dem Grundstück aufgebrochen. Doch sie wusste ja nicht einmal, wo es genau lag. Aber das ließ sich bei den zuständigen Behörden leicht herausbekommen.
„Hast du denn schon Anspruch auf dein Erbe erhoben?“, fragte Doran Zi unvermittelt. „Wie…?“ Daran hatte Mia ja noch gar nicht gedacht. ‚Dummes Kind!‘, scholt sie sich. Natürlich musste in einem Reich wie Quandala alles seine Ordnung haben. Und das hieß, dass sie zunächst ihre Identität offiziell bestätigen lassen musste, um danach das Erbe antreten zu können. Ein formaler, aber mitunter auch langwieriger Akt in diesem Land. Sie stöhnte leicht, als sie an die aufwändige Bürokratie Quandalas denken musste.
Doran Zi schien ihre Gedanken zu lesen. „Keine Sorge!“, versuchte er sich zu beruhigen, „Wenn du willst, helfe ich dir bei den Behördengängen. Ich habe da viel Erfahrung und auch einige Beziehungen. Die könnten wir nutzen, damit es schneller geht.“ Mia atmete erleichtert auf. Nur zu gern nahm sie sein freundliches Angebot an. Je schneller der Papierkram erledigt war, desto eher konnte sie aufbrechen und ihre Suche fortsetzen. Voller Zuversicht reichte sie ihm die Hand. „So machen wir das.“ Und dann fügte sie noch mit etwas sanfterer Stimme hinzu: „Ich danke euch aufrichtig.“
Kapitel 46
Behördengänge konnten ja so ermüdend sein. Und furchtbar langweilig. Mia freute sich, dass Doran Zi sie begleitete. Er besaß Erfahrungen in diesem Bereich und zudem so manch wertvollen Kontakt. Dennoch mussten sie immer wieder warten, von einer Behörde zur anderen gehen. Wieder warten. Formulare ausfüllen, Unterlagen einreichen. Warten. Erhaltene Dokumente beglaubigen lassen. Informationen aus den Archiven besorgen. Und…warten.
Nach zehn schier endlos wirkenden Tagen hatten sie es dann endlich geschafft: Mias Identität und damit ihr Erbe war offiziell anerkannt. „Ich gratuliere dir, Wu Jen Lun.“, sagte Doran Zi mit einem verschmitzten Lächeln und verneigte sich formvollendet vor der jungen Frau. „Ich danke euch.“, gab Mia ebenso höflich zurück, „Aber nennt mich bitte weiterhin Mia. Mit dem anderen Namen komme ich noch nicht zurecht. Vielleicht kommt eines Tages der Zeitpunkt, wo es mir richtig erscheint. Doch solange: Einfach nur Mia.“ Der alte Mann nickte verständnisvoll. Da er das Thema nicht weiter vertiefen wollte, richtete er die Aufmerksamkeit auf etwas anderes. „Wir sollten uns einige Karten besorgen und uns die Gegend genau anschauen, wo das Grundstück liegt.“ Die Besitzurkunde, die Mia im Kloster erhalten hatte, bezeichnete zwar grob die Gegend, in der das Grundstück der Familie sich befand, nähere Informationen ergaben sich daraus allerdings nicht. „Ich kenne einen Händler, der alle möglichen und unmöglichen Karten verkauft. Da sollten wir sicher fündig werden.“, gab Mia zurück. Bestens gelaunt machten sie sich auf den Weg.
Kurz darauf saßen sie in Mias Wohnung. Mehrere Karten lagen ausgebreitet auf dem Tisch. Mia und Doran Zi beugten sich darüber und betrachteten sie ausgiebig. Die Gegend, die auf der Karte abgebildet war, befand sich im äußersten Südosten Quandalas. Der Karte nach zu urteilen handelte es sich um eine idyllische Region. Wälder, Wiesen, ein paar leichte Hügel. Dünn besiedelt. Einige Dörfer, aber keine größere Stadt weit und breit. Mia hatte sofort die klassischen Landschaftsgemälde vor Augen, die sie schon so oft in den Villen der Reichen und Schönen gesehen hatte. Unberührte, heile Welt bis zum Erbrechen. Wie langweilig! Und in solch einer abgelegenen Gegend stand ihr Erbe? Schönen Dank! Hoffentlich gab es wenigstens ein paar anständige Monster und Bestien dort unten.
„Früher war das mal ein beliebtes Ausflugsgebiet des Adels.“, erklärte Doran Zi, als hätte er Mias Gedanken gelesen. „Aber heute verreist man lieber woanders hin. Der Trend geht in exotische Gefilde.“ „Das fände ich, ehrlich gesagt, auch spannender.“, gab die junge Frau trocken zurück. Doran Zi grinste. „Wenn man älter wird, weiß man durchaus die Ruhe des Landlebens zu schätzen. Zuviel Trubel ist auf Dauer auch nicht das Wahre.“ Mia kommentierte die Worte des Alten nicht weiter. Ihr war es jetzt schon viel zu ruhig. Mit einer gewissen Sentimentalität in den Augen dachte sie zurück an die Schlacht gegen die Grünhäute. Sie brannte darauf, endlich wieder loszulegen. „Wenn wir morgen alles
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