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Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Klatsche, »bisschen vorsichtig, ja?«
    Ich sehe ihn an. Entschuldigung, war nicht so gemeint.
    »Haben Sie schon mal versucht, ihn anzurufen?«, frage ich den Calabretta.
    Das macht man ja eigentlich nicht, aber in so einer Situation …
    »Hab ich«, sagt der Calabretta. »Mit zittrigen Händen. Es hat geklingelt, aber er ist nicht rangegangen. Das ist kein gutes Zeichen. Er geht ran, oder das Ding ist aus, so war unsere Abmachung.«
    Er nimmt einen großen Schluck Bier, dann stellt er die Flasche ab und stützt den Kopf in beide Hände.
    »Das ist überhaupt kein gutes Zeichen.«
    Kann sein, dass er nicht mehr zu uns gehört. Kann aber auch sein, dass er aufgeflogen ist.

26. Dezember:
Snake Plissken
    E s ist ein bisschen unglücklich: Als der Inceman anruft, liege ich noch in Klatsches Bett.
    Ich bin bestimmt einmal am Tag in Versuchung, die Karten auf den Tisch zu packen. Klatsche einfach zu sagen, dass ich vor nicht allzu langer Zeit mit meinem türkischen Kollegen eine Nacht verbracht habe. Und es ist ein schreckliches Gefühl, es nicht zu sagen. So ein unehrliches Ding zwischen uns, das passt nicht. Aber es würde ihm unnötig weh tun, wenn er es wüsste. Er hätte ja auch nichts davon. Ich wäre halt mein schlechtes Gewissen los. Seltsam, wir messen da mit zweierlei Maß. Klatsche hat mich schon so oft beschissen, und das geht im Prinzip in Ordnung. Ich bin häufig nicht erreichbar für ihn, emotional verschollen, in mir selbst eingemauert.
    Wo soll er denn dann auch hin mit sich.
    Aber wenn ich das mal tue, wenn ich zu jemand anderem ins Bett steige, hat es eine Menge mehr zu bedeuten. Ich mache das nicht einfach so. Das wissen wir beide.
    Ich gehe lieber nicht ans Telefon. Ich lasse den Inceman hängen. Ich hoffe, dass Klatsche das jetzt nicht großartig gemerkt hat.
    Er hat es gemerkt.
    »Was sollte das denn? Du gehst doch sonst immer ans Telefon?«
    »Ich mach mal Kaffee«, sage ich und stehe auf. Mein Telefon nehme ich mit.
    Beim Kaffeemachen rufe ich den Inceman zurück. In Klatsches Küche kann ich ein Gespräch mit ihm verkraften, in Klatsches Bett nicht.
    »Entschuldige«, sage ich und räuspere mich, als er rangeht. »Ich war gerade nicht schnell genug.«
    »Kein Problem«, sagt er, und seine tiefe Samtstimme klingelt in meinem Bauch. »Ich hab mich mal ein bisschen schlaugemacht. Die von Heesens sind ziemlich erfolgreiche Unternehmer. Haben eine gar nicht mal so kleine Werbeagentur, die repräsentativ und obercool im alten Hochbunker an der Feldstraße sitzt. Sie arbeiten seit zwanzig Jahren für ausgesuchte Kunden aus Hamburg und Berlin. Das Haus in der Wohlers Allee haben sie vor zehn Jahren gekauft.«
    »Danke«, sage ich.
    »Darf ich jetzt noch erfahren, was du von den Leuten willst?«
    »Ihr Sohn ist verschwunden«, sage ich. »Und ich glaube, dass das irgendwas mit den Obdachlosen zu tun hat, die seit ein paar Wochen im Karoviertel zu Brei gehauen werden.«
    »Aha«, sagt er. »Was soll das denn damit zu tun haben?«
    »Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nur, dass Yannick von Heesen zuletzt im Karolinenviertel gesehen wurde. Und dass seine Schwester das ganz offensichtlich ziemlich nervös macht. Da liegt die Schnittmenge.«
    »Aha«, sagt er noch mal. »Klingt ja interessant.«
    »Der Calabretta findet’s eher langweilig«, sage ich.
    »Der Calabretta hat den Kopf voll«, sagt der Inceman. »Der ist angespannt. Da geht gerade was im großen Stil schief. Wenn er Pech hat, rutscht ihm der Albaner wieder durch die Lappen. Und könnte sein, dass uns das dann auch mehr gekostet hat als nur Geld.«
    »Ich weiß«, sage ich. »Sieht nicht gut aus, oder?«
    »Sieht überhaupt nicht gut aus«, sagt er. »Sieht eher richtig scheiße aus.«
    Ich hasse meinen Urlaub.
    »Steckst du da eigentlich gar nicht mit drin«, sage ich, »in der Albaner-Jagd?«
    »Ich hab auch Urlaub«, sagt er, »schon seit zwei Wochen. Gar nicht mitgekriegt, hm?«
    Oh. Ich sage nichts, es ist ein paar Sekunden Stille zwischen uns. Im Rest der Wohnung ist es auch still, Klatsche ist wohl wieder eingeschlafen.
    »Und du gehst heute dann wahrscheinlich noch ein bisschen in der Wohlers Allee schnüffeln, oder?«
    »Ja«, sage ich, »ich hab’s ja nicht so mit Weihnachten.«
    Und ich hab’s auch im Moment nicht so mit meiner Wohnung.
    »Kann ich mitkommen?«
    So was in der Art hab ich mir jetzt fast schon gedacht. Ich hätte wetten können, dass der Inceman auch nicht weiß, was er mit seinem Urlaub so anfangen soll.
    *
    Am

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