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Eisprinzessin

Eisprinzessin

Titel: Eisprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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ist, geht er aufs Eis.‹ Kennen Sie den Spruch? Das hat mein Vater mal über meine Mutter gesagt. Das hätte ich nicht ertragen.«
    »Aber warum sind Sie nicht in die Mühle gezogen? Warum haben Sie von Ihrem Konto kein Geld abgehoben, schließlich müssten Sie nicht arbeiten?«
    »Dann hätten Sie mich doch bald gefunden. Ich wollte noch ein bisschen Schonzeit haben, und das Arbeiten in der Bar tut mir gut, das ist wie Meditieren. Ich brauch nicht viel Geld zum Leben.«
    »Dann werde ich Ihrer Familie nur sagen, dass ich Sie gefunden habe und dass es Ihnen gut geht.«
    »Ja, sagen Sie ihnen das so. Aber ich will keinen von ihnen sehen. Noch nicht.«
    »Eine Frage hätte ich aber doch noch. Wie sind Sie eigentlich an die Briefe gekommen, die mein Kollege bei Ihnen im Keller gefunden hat?«
    »Die Briefe, stimmt. Die hab ich in meinem Elternhaus gefunden. Auch im Keller. Meine Mutter hat immer ihre Modezeitschriften in Kartons dort unten aufbewahrt, auch Schnittmuster, sie hat selbst genäht. Weil ich als Kind neugierig war und immer wieder alles durchsucht habe, hab ich schließlich auch diese Briefe gefunden. Aber ich wusste nicht, wie alt sie waren und wie lange sie da schon lagen. Jedenfalls habe ich diesen Schatz an mich genommen und seitdem gehütet.«
    Zum Abschied umarmte sie ihn und drückte ihm zwei Küsschen auf die Wange. »Wie haben Sie mich eigentlich gefunden?«, fragte sie.
    »Das war nicht ich, sondern unser Mann auf Ibiza. Und die Frau Thalmeier, die wusste ja, wo Sie sind.«
    »Bei Elisabeth waren Sie auch? Wie geht’s ihr denn?«
    »Alles okay, denke ich. Sie freut sich, wenn Sie sie im Sommer wieder besuchen kommen.«
    »Vielleicht mag sie ja auch herkommen? Ich hab bald Platz für sie, sie muss nur wollen. Sie war meine Ersatzmama.«
    Meißner nahm noch einen Kaffee und ließ die Informationen erst einmal sacken. Dann informierte er Marlu über den Stand der Dinge. Als sie ihn ein paar Stunden später zurückrief, konnte sie ihm mitteilen, dass Andreas Helmer gestanden hatte, seine Mutter an jenem Abend verfolgt zu haben. Er war zur Firma gefahren und hatte sie am Hintereingang zur Kühlhalle gefunden, wo sie ihre gepackten Koffer versteckt hatte. Er wollte sie am Weggehen hindern, sie stritten sich, er schubste sie, und sie fiel zu Boden und rührte sich nicht mehr. Sie war mit dem Kopf auf die Gabel des Still-Staplers gefallen.
    »Und dann ist ihm nichts Besseres eingefallen, als sie in eine Kühlkiste zu stecken und sie mit dem Gabelstapler in das Hochregal zu stellen?«, fragte Meißner.
    »Der Bub war siebzehn«, antwortete Marlu. »Was meinst du, wie der beieinander war, als er gesehen hat, dass seine Mutter tot und er daran schuld war?«
    »Und warum hat er die Leiche später nie von dort weggebracht? Das war doch kein besonders gutes Versteck, irgendwann wäre sie auf jeden Fall entdeckt worden.«
    »Er sagt, am Anfang hatte er zu viel Panik. Und später hat er gedacht, dass die Ostwaren schon irgendwann alle entsorgt worden wären – und mit ihnen die Leiche. Er wollte sich selbst darum kümmern, als er die Firma übernahm und das Zeug immer noch da war. Und die Kiste auch.«
    »Und warum hat er es nicht getan?«
    »Für mich schaut es eigentlich so aus, dass er’s drauf angelegt hat, dass sie gefunden wird.«
    »Meinst du, der alte Helmer hat davon gewusst?«
    »Der Junior sagt Nein. Er will es ihm nie gesagt haben. Wahnsinn, wie lange der sein Geheimnis jetzt mit sich herumgeschleppt hat.«
    »Wie Charlotte Helmer«, sagte Meißner. »Aber sie hat mehr Mut gehabt als ihr Bruder. Erst ihr Weggehen hat schlussendlich den Stein ins Rollen gebracht.«
    »Er weiß, dass ihm nicht viel passieren wird«, sagte Marlu. »Unfall mit Todesfolge, er war minderjährig, das Ganze ist siebzehn Jahre her. Aber darum geht’s eh nicht, oder?«
    »Charlotte sagt, es geht darum, dass das Lügen endlich aufhört.«
    »Hm«, machte Marlu, »schön gesagt. Und du? Gefällt’s dir auf der Insel?«
    »Es ist zwar nicht gerade Italien, aber doch, ja, es gefällt mir tatsächlich. Wahrscheinlich, weil Winter ist und kaum Touristen unterwegs sind.«
    »Wirst du jetzt auch zum Aussteiger, oder kommst du irgendwann wieder heim?«
    »Morgen Vormittag bin ich schon wieder da. Holst du mich ab?«
    »Aha? Nichts mehr mit Airport-Express, Superverbindung und so?«
    »Doch, doch, aber wenn du mich abholst, seh ich dich eine Stunde früher.«
    »Holla, Herr Meißner! Den Satz schreib ich mir auf. So was hör ich

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