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El Camino Amable

El Camino Amable

Titel: El Camino Amable Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Curth
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Doppelstockbetten. So langsam kommen wir vom Pilger - wieder auf den Touristenstatus!

    Nach dem üblichen „Haushalt“ gehen wir - nun wirklich als Touristen - zurück in die Stadt und können es noch gar nicht richtig fassen, dass man nicht über die morgige Etappe spricht, keinen Weg und kein Ziel mehr plant.
    Kein gelber Pfeil mehr.
    Bevor man nach Santiago kommt, ist die Stadt zwar das Ziel, aber noch unbekannt und fremd. Doch mit dem „Einzug“ in die Stadt erschließt sie sich, denn niemand kann dort als Fremder ankommen. Das ist das Unglaubliche, tief Beeindruckende an diesem Erlebnis der Ankunft. Man kommt in eine fremde Stadt und sie ist voller Freunde. Dieses Erleben von Freundschaft und Vertrautheit — ein Gefühl des „Aufgehobenseins“ — ist dem Pilger, der in Herbergen übernachtet hat, wahrscheinlich noch eher vergönnt als dem Wanderer, der in Hotels übernachtet. Die Gemeinschaft, die beim gemeinsamen Kochen, Essen, Aufräumen, einander Einladen und Teilen entsteht, ist viel dichter und tragfähiger als das separate Erleben mit Einzeltisch und -zimmer in Hotels.
    Nach meinem eigenständigen Altstadtbummel am Nachmittag treffe ich mich um 19 Uhr wieder mit Pia und Theo auf dem Platz vor der Kathedrale. Pia hat in ihrem Reiseführer gelesen, dass es ein besonders gutes, bodenständiges Restaurant („O Gato Nero“, „O Gato Negro“ oder irgendwie so ähnlich — „Schwarzer Kater“ eben) geben soll. Im italienischen

    Wanderführer wird ohnehin viel mehr Wert auf die Empfehlung von Lokalen und guten Restaurants gelegt als im deutschen. Nachdem wir auf der Suche nach dieser Adresse die Altstadt kreuz und quer mit knurrendem Magen durchlaufen haben, entscheiden wir uns endlich für ein anderes Restaurant, als Theo plötzlich feststellt, dass das gesuchte Lokal genau daneben liegt. Wir entscheiden uns sofort für den Schwarzen Kater und genießen den Abend an einem wackligen Holztisch, aber mit köstlichen Speisen, denn Pia übernimmt die Bestellung. Als Italienerin ist sie eindeutig die Expertin und bestellt Empanadas, Sardinas, Pimientos, Muscheln in roter Sauce, Pulpo, Brot und einen leckeren Weißwein, den der Wirt direkt aus einem Fass in unseren Krug zapft. Ich werde nur noch mit Italienern essen gehen!

    Anschließend wollen wir noch einmal irgendwo auf dem Platz vor der Kathedrale ein wenig sitzen, aber der Sonnenuntergang ist gerade so wunderschön, dass wir immer abwechselnd den Himmel und die von der Sonne rot beleuchtete Kathedrale anschauen müssen. Sie strahlt, wie ich es nur vom Alpenglühen kenne. Als die Sonne untergegangen ist, wird es doch empfindlich kühl und wir machen uns langsam auf den Weg zur Herberge, als wir altertümlich gekleidete Männer über den Platz und in den Laubengang des Rathauses huschen sehen. Nach kurzer Zeit stehen dort etwa zwölf Troubadoure mit schwarzen Kniebundhosen und weiten, schwarzen Samtumhängen, an denen bunte Bänder befestigt sind, und stimmen ihre Instrumente. Sie spielen spanische Folklore und singen dazu. Die Zuhörer klatschen vor Begeisterung mit. Als ein Walzer gespielt wird, fordert Theo Pia zum Tanzen auf. Sie will aber nicht, und so tanzen Theo und ich unter den Arkaden des Rathauses zu spanischer Musik. Als wir dann spät im Priesterseminar ankommen, sitzen wir noch eine Weile auf den Stufen vor dem Eingang und ich erfahre von Pia, warum sie den Camino gegangen ist. Aber das ist eine andere Geschichte.

27. Tag

Santiago

    Am Morgen verlängern wir unseren Aufenthalt in der Herberge um eine Nacht - das geht nur in der Herberge von Santiago und nur solange genügend Platz ist.
    Heute muss kein Rucksack gepackt werden. Es gibt keinen Wandertag mehr...
    Auf dem Weg in die Stadt kommen wir am Markt vorbei. Jetzt sind wir durch und durch Touristen, genießen das südliche Ambiente und fotografieren ungehemmt Gemüse- und Obststände, selbst gemachten Käse, Fisch und Meerestiere... Ein kleines Frühstück folgt und ich gehe um 10 Uhr zur Kathedrale, weil ich mich locker mit Hyan verabredet hatte; sie kommt aber nicht. Es ist hier im Schatten sehr kalt, also kaufe ich mir eine Eintrittskarte fürs Museum in, an und unter der Kathedrale, dort ist es etwas wärmer. Man kann dort Einblicke in einen mittelalterlichen bischöflichen Palast bekommen. Ich wandere durch eine große Küche, riesige Repräsentations- und Empfangsräume sowie einige kleinere Räumlichkeiten. Obwohl diese Räume nicht möbliert sind, bekommt man doch einen

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