Elantris
an.
»Ihr habt eine Stunde«, sagte Raoden und wies mit einem leuchtenden Finger in Richtung der Hafenanlagen. »Geht.«
Lukel hielt seine Frau fest umklammert, während er zusah, wie die Flammen ihre lebendige Nahrung verzehrten. Er flüsterte ihr zu, dass er sie liebte, als die Soldaten nahten, um ihr schauerliches Werk zu vollenden. Pater Omin flüsterte hinter Lukel und sandte ein leises Gebet zu Domi, in dem er ihn anflehte, sich ihrer Seelen und derjenigen ihrer Henker anzunehmen.
Da fing Elantris wie eine Laterne, die plötzlich aufflammte, zu leuchten an. Die ganze Stadt erbebte, die Mauern schienen sich zu dehnen und von einer unbezähmbaren Macht verbogen zu werden. Die Menschen im Stadtinnern waren in einem Strudel aus Energie gefangen, während auf einmal heftige Winde durch Elantris peitschten.
Alles wurde still. Sie standen wie im Zentrum eines weißen Sturmes, während die Macht in Form einer glänzenden Wand um die Stadt tobte. Die Bewohner Kaes schrien verängstigt, und die Soldaten fluchten, den Blick verwirrt auf die glänzenden Mauern von Elantris gerichtet. Lukel beobachtete nicht die Mauern. Sein Mund öffnete sich ein wenig vor Verblüffung, als er zu dem Leichenberg hinüberstarrte - und die Schatten bemerkte, die sich darin bewegten.
Langsam begannen die Elantrier, von der Hitze unversehrt, aus dem Flammeninferno zu treten. Ihre Körper wurden von einem Licht erleuchtet, das heller und kräftiger war als das Feuer um sie her.
Die Bewohner Kaes saßen wie gelähmt da. Nur die beiden Dämonenpriester schienen sich rühren zu können. Einer schrie auf und stürzte mit erhobenem Schwert auf die Elantrier zu, die aus den Flammen hervorkamen.
Ein Machtblitz zuckte über den Platz und traf den Mönch in die Brust. Das Geschöpf wurde in einer Explosion reiner Energie geopfert. Sein Schwert fiel scheppernd auf das Kopfsteinpflaster, gefolgt von einzelnen Knochen und verbranntem Fleisch.
Entgeistert wandte Lukel sich in die Richtung, aus der der Angriff erfolgt war. Raoden stand mit erhobener Hand im immer noch offenen Stadttor von Elantris. Der König glühte wie ein aus dem Jenseits zurückgekehrtes Gespenst. Seine Haut war silbern, das Haar leuchtend weiß, und sein Gesicht strahlte siegesgewiss.
Der letzte Dämonenpriester schrie Raoden auf Fjordellisch an und verfluchte ihn als Svrakiss. Raoden hob eine Hand und zeichnete wortlos ein Symbol in die Luft. Seine Finger hinterließen eine gleißende weiße Spur, eine Spur, die durch die gleiche ungestüme Macht leuchtete, die auch die Mauer von Elantris umgab.
Raoden hielt inne. Seine Hand schwebte in der Luft neben dem leuchtenden Zeichen
- Aon Daa, dem Aon für Macht. Der König sah durch das leuchtende Symbol hindurch, die Augen herausfordernd auf den derethischen Krieger gerichtet.
Der Mönch fluchte erneut und ließ dann langsam die Waffe sinken.
»Nehmt Eure Männer, Mönch«, sagte Raoden. »Geht an Bord Eurer Schiffe und verschwindet. Alles Derethische, egal ob Mensch oder Gefährt, was beim Schlag der nächsten Stunde noch in meinem Land weilt, wird meinen Zorn zu spüren bekommen. Wagt es ja nicht, mir ein passendes Angriffsziel zu bieten.«
Die Soldaten liefen bereits davon und stürzten an Raoden vorbei aus der Stadt. Ihr dämonischer Anführer stahl sich hinter ihnen fort. Neben Raodens Herrlichkeit wirkte der grässliche Körper des Mönches im Grunde eher mitleiderregend als Furcht einflößend.
Raoden blickte den Fjordellern nach. Dann wandte er sich zu Lukel und den Übrigen um. »Volk von Arelon. Elantris ist auferstanden!«
Lukel blinzelte. Ihm war schwindelig. Kurzzeitig fragte er sich, ob das Ganze ein Trugbild gewesen sei, das sein überstrapazierter Geist ihm vorgegaukelt hatte. Doch als das Jubelgeschrei in seinen Ohren widerhallte, wusste er, dass es tatsächlich stimmte. Sie waren gerettet worden.
»Damit hat nun wirklich niemand gerechnet«, erklärte er und fiel dann aufgrund des Blutverlustes in Ohnmacht.
Dilaf betastete sich vorsichtig die zertrümmerte Nase. Am liebsten hätte er vor Schmerz aufgeheult. Seine Männer, die Dakhorer, warteten neben ihm. Es war ihnen ein Leichtes gewesen, die Wächter des Königs zu erschlagen, aber im Laufe des Gefechts hatten sie es nicht nur geschafft, Eventeo und die Prinzessin aus den Augen zu verlieren, sondern obendrein auch noch Hrathen.
»Findet sie!«, verlangte Dilaf und stand auf. Er kochte vor Leidenschaft. Vor Wut. Die Stimme seiner toten Ehefrau erscholl in seinen Ohren und
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