Elantris
wenigen Minuten erreichen.
Sarene versteckte sich neben ihrem merkwürdigen Retter und rührte sich nicht in der Dunkelheit.
Hrathen blickte durch die Bodenplanken nach oben. Er hatte die Kellerluke entdeckt, hatte sie aufgezogen und Sarene nach unten geschubst. Im Keller hatten sie eine völlig verängstigte Familie vorgefunden, die im Dunkeln kauerte. Sie alle hatten leise und angespannt abgewartet, während die Dakhorer durch das Haus strichen und es dann durch die Eingangstür wieder verlassen hatten.
Nach einer Weile nickte Hrathen. »Los«, sagte er und stieß die Falltür auf.
»Bleibt hier unten«, befahl Sarene der Familie. »Kommt nicht hoch, wenn es nicht unbedingt sein muss.«
Die Rüstung des Gyorns klirrte auf dem Weg nach oben.
Hrathen lugte vorsichtig in das Zimmer über ihnen. Nachdem er Sarene einen Wink gegeben hatte, ihm zu folgen, ging er in die kleine Küche am hinteren Ende des Hauses. Er zog sich die Rüstung aus und ließ die einzelnen Teile zu Boden fallen. Auch wenn er Sarene sein Handeln nicht erläuterte, begriff sie, welche Überlegung dahintersteckte. Die blutrote Rüstung des Gyorns war viel zu auffällig, um den Schutz, den sie bot, wert zu sein.
Während er sich der Rüstung entledigte, stellte Sarene überrascht fest, wie schwer das Metall allem Anschein nach sein musste. »Ihr seid die ganzen Monate über in einer echten Rüstung herumgelaufen? War die nicht zu schwer?«
»Die Last meiner Berufung«, sagte Hrathen und zog sich die letzte Beinschiene vom Körper. Sie war mittlerweile verkratzt und verbeult. »Eine Berufung, die ich nicht länger verdient habe.« Er ließ die Schiene scheppernd zu Boden fallen.
Nach einem letzten Blick auf die blutrote Beinschiene schüttelte er den Kopf und zog sich die unförmige Baumwollunterwäsche aus, die zum Polstern der Rüstung da war. Nun stand er mit nacktem Oberkörper vor ihr. Abgesehen von einer dünnen knielangen Hose trug er nur ein langes Stück Stoff um den rechten Arm, das wie ein Ärmel aussah.
Wozu der verhüllte Arm?, fragte Sarene sich. Ist das Teil des Gewandes eines derethischen Priesters? Andere Fragen waren im Moment jedoch wichtiger.
»Warum habt Ihr das getan, Hrathen?«, wollte sie wissen. »Warum habt Ihr Euch gegen Euer eigenes Volk gewandt?«
Hrathen zögerte. Dann blickte er zur Seite. »Dilafs Taten sind böse.«
»Aber Euer Glaube ...«
»Ich glaube an Jaddeth, einen Gott, der die Hingabe der Menschen will. Mit einem Blutbad ist ihm nicht gedient.«
»Der Wyrn scheint da anderer Meinung zu sein.«
Hrathen antwortete ihr nicht, sondern holte aus einer Truhe, die in der Nähe stand, einen Umhang hervor. Er reichte ihn ihr und nahm sich dann selbst ebenfalls einen. »Gehen wir.«
Raodens Füße waren so von Beulen, Verletzungen und Kratzern übersät, dass er sie nicht länger als Körperteile aus Fleisch und Blut wahrnahm. Es waren nur noch Klumpen aus Schmerz, die am Ende seiner Beine brannten.
Dennoch rannte er weiter. Er wusste, dass der Schmerz ihn erneut übermannen würde, wenn er stehen blieb. Er war nicht wirklich frei; sein Geist war geliehen, aus der Leere zurückgekehrt, um eine einzige Aufgabe zu erfüllen. Wenn er fertig war, würde ihn das weiße Nichts wieder in sein Vergessen saugen.
Er stolperte auf die Stadt Kae zu, wobei er sich den Weg dorthin mehr ertastete, als dass er ihn sah.
Lukel lag benommen da, als Jalla ihn zurück in die Menge der verängstigten Stadtbewohner zog. Sein Bein pochte, und er konnte spüren, wie sein Körper an Kraft verlor, während das Blut aus der langen Schwertwunde quoll. Seine Frau band das Bein so gut wie möglich ab, aber Lukel wusste, dass es sinnlos war. Selbst wenn es ihr gelang, die Blutung zu stillen, würden die Soldaten sie in ein paar Minuten sowieso umbringen.
Verzweifelt sah er mit an, wie einer der Krieger mit nacktem Oberkörper eine Fackel auf die übereinander geschichteten Elantrier warf. Die mit Öl übergossenen Körper gingen in Flammen auf.
Der Dämonenmann nickte mehreren Soldaten zu, die ihre Waffen zückten und grimmig auf die zusammengekauerten Stadtbewohner zukamen.
»Was macht er?«, wollte Karata wissen, als sie den Fuß des Hanges erreichten. Raoden hatte immer noch einen Vorsprung. Auf wackeligen Beinen lief er auf den niedrigen Grenzwall von Kae zu.
»Ich weiß es nicht«, sagte Galladon. Vor ihnen hob Raoden einen langen Stock vom Boden auf und lief dann weiter. Den Stock zog er hinter sich her.
Was hast du vor, Sule?, fragte Galladon
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