Elantris
ein so wohlhabender Mann wie mein Vater sich einer profanen Tätigkeit wie dem Kochen hingibt.«
»Sehr listig«, pflichtete Ahan ihm zu. »Politischer Widerstand durch Bescheidenheit.«
Kiin hielt unschuldig die Hände empor. »Mylords, ich weiß nur, dass ein Mann sich problemlos ohne Hilfe um sich und seine Familie kümmern kann, ganz egal wie reich er angeblich sein mag.«
»Angeblich, mein Freund?« Eondel lachte. »Das bisschen, das Ihr uns sehen lasst, ist schon genug, um Euch mindestens eine Baronie einzubringen. Wer weiß, wenn Ihr allen erzähltet, wie viel Ihr tatsächlich wert seid, müssten wir uns vielleicht gar keine Sorgen um Iadon machen - denn dann wärt Ihr König.«
»Eure Annahmen sind leicht übertrieben, Eondel«, sagte Kiin. »Ich bin nichts weiter als ein einfacher Mann, der gern kocht.«
Roial lächelte. »Ein einfacher Mann, der gern kocht ... und dessen Bruder der König von Teod ist, dessen Nichte mittlerweile die Tochter zweier Könige und dessen Gattin eine hochrangige Adelige an unserem eigenen Hof ist.«
»Ich kann nichts dafür, dass ich mit wichtigen Leuten verwandt bin«, sagte Kiin. »Der gütige Domi erlegt einem jeden von uns andere Prüfungen auf.«
»Apropos Prüfungen«, meinte Eondel und sah zu Sarene. »Habt Ihr schon entschieden, was Ihr anlässlich Eurer Prüfung tun wollt, Mylady?«
Verwirrt legte Sarene die Stirn in Falten. »Prüfung, Mylord?«
»Ja, ähm, Eure ...« Der würdevolle Mann blickte ein wenig beschämt zur Seite.
»Er meint Eure Witwenprüfung«, erklärte Roial.
Kiin schüttelte den Kopf. »Sagt bloß nicht, Ihr erwartet das von ihr, Roial! Sie hat Raoden noch nicht einmal getroffen. Es ist lächerlich, von ihr zu erwarten, dass sie trauert oder sich gar der Prüfung unterzieht.«
Sarene fühlte Ärger in sich aufsteigen. Auch wenn sie sonst immer behauptete, Überraschungen zu lieben, gefiel ihr der Verlauf, den die Unterhaltung nahm, nicht im Geringsten. »Würde mir bitte jemand erklären, was genau diese Prüfung ist?«, bat sie mit fester Stimme.
»Wenn eine arelische Frau Witwe wird, Mylady«, erläuterte Shuden, »erwartet man von ihr, dass sie sich der sogenannten Prüfung unterzieht.«
»Was soll ich also tun?«, fragte Sarene mit einem Stirnrunzeln. Unerfüllte Pflichten, die wie ein Damoklesschwert über ihr hingen, mochte sie ganz und gar nicht.
»Ach, etwas Essen oder Decken an die Armen verteilen«, sagte Ahan mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Niemand erwartet, dass Ihr echtes Interesse an den Tag legt. Es handelt sich lediglich um eine der Traditionen, die Iadon aus der alten Zeit übernommen hat - die Elantrier haben etwas Ähnliches veranstaltet, wann immer einer aus ihren Reihen verstarb. Ich persönlich habe dem Brauch noch nie etwas abgewinnen können. Meiner Meinung nach sollten wir das Volk nicht dazu ermuntern, sich auf unser Ableben zu freuen. Es verspricht nichts Gutes für die Beliebtheit eines Adeligen, wenn sie ihren Höhepunkt kurz nach seinem Tod erreicht.«
»Ich halte es für eine ausgezeichnete Tradition, Lord Ahan«, sagte Eondel.
Ahan lachte in sich hinein. »Natürlich, Eondel. Ihr seid so konservativ, dass selbst Eure Strümpfe traditionsbewusster sind als der Rest von uns.«
»Ich kann einfach nicht glauben, dass mir bisher niemand davon erzählt hat«, sagte Sarene, immer noch verstimmt.
»Tja«, meinte Ahan, »vielleicht hätte es jemand erwähnt, wenn Ihr Euch nicht die ganze Zeit über im Palast oder bei Kiin zu Hause verkriechen würdet.«
»Was soll ich denn sonst tun?«
»Arelon hat einen prächtigen Hof, Prinzessin«, sagte Eondel. »Meines Wissens hat es seit Eurer Ankunft zwei Bälle gegeben, und ein weiterer findet gerade statt.«
»Und warum bin ich von niemandem eingeladen worden?«, wollte sie wissen.
»Weil Ihr Trauer tragt«, erklärte Roial. »Außerdem gehen die Einladungen nur an Männer, die wiederum ihre Schwestern und Gattinnen mitbringen.«
Sarene legte die Stirn in Falten. »Ihr seid hier so etwas von rückständig!«
»Nicht rückständig, Eure Hoheit«, sagte Ahan. »Lediglich traditionsbewusst. Wenn Ihr möchtet, könnten wir dafür sorgen, dass Ihr von ein paar Männern eingeladen werdet.«
»Würde das keinen schlechten Eindruck machen?«, gab Sarene zu bedenken. »Ich, noch nicht einmal seit einer Woche verwitwet, auf dem Weg zu einem Fest in Begleitung eines jungen unverheirateten Mannes?«
»Sie hat recht«, stellte Kiin fest.
»Warum nehmt Ihr Herren mich nicht mit?«, fragte
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