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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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im Wachzustand kaum je erleben.«
    Das Gesicht des Königs veränderte sich, er zog die Augenbrauen zusammen und machte einen nachdenklichen Eindruck, während er leise sagte: »Ja, das ist wahr.«
    »Es ging in diesem Traum um Andir und Magolas. Sie kämpften miteinander. Zwei erwachsene Männer – und jeder von ihnen hielt einen dieser entsetzlichen Zauberstäbe in der Hand, die Waffenmeister Thamandor von der Insel mitbrachte.« Sie atmete tief durch, ihr Blick war nach innen gekehrt. Allein die Erinnerung an den Traum erfüllte sie mit so viel Angst, dass ein leichtes Zittern ihren grazilen Körper durchlief. Sie schüttelte stumm den Kopf, so als gäbe es noch viel darüber zu sagen, was jedoch unaussprechlich war. Schrecken, die nicht in Worte gefasst werden konnten.
    Keandir nahm seine Gemahlin in die Arme und drückte sie an sich. Aber das vermochte sie keineswegs zu beruhigen. Sie schmiegte sich zwar an ihn, aber ihr war genau bewusst, dass dieser Schrecken von außen nicht abgemildert werden konnte, weil er aus ihrem innersten Selbst kam.
    »Kean!«, flüsterte sie.
    »Es war nur ein Traum«, versuchte Keandir sie zu beruhigen. »Es mag sein, dass die Schamanen den Träumen eine große Bedeutung beimessen – aber manchmal ist ein Traum eben einfach nur ein Traum und nichts weiter.«
    »Wenn du das sagst, dann klingt das so tröstlich, Kean. Aber dieser Traum war von einer Intensität, die ich nie zuvor erlebt habe. Es war ein Bild des Grauens – und ich konnte nichts tun, um zu verhindern, dass die beiden ihren Kampf fortführten. Und das mit einer Härte und Unerbittlichkeit, die mich bis ins tiefste Mark erschaudern ließ.«
    »Dennoch war es nur ein Traum, den du nicht überinterpretieren solltest.«
    »Es war mehr als ein Traum, Kean«, sagte Ruwen voller Überzeugung. »Damals wusste ich nicht, dass ich Zwillinge bekommen würde, und trotzdem träumte ich von zwei Elben, die sich völlig ähnlich sahen. Und ich sah die Stäbe des Augenlosen Sehers in diesem Traum, sah jedes Detail, obwohl ich sie erst viel später zu Gesicht bekam.«
    Diese Argumente Ruwens klangen überzeugend, und Keandir dachte einen Moment darüber nach. Dann sagte er: »Selbst wenn es eine prophetische Vision war, Ruwen – indem ich den Furchtbringer besiegte, besiegte ich auch das Schicksal. Unsere Zukunft hat sich geändert und liegt jetzt in unseren eigenen Händen. Was du gesehen hast, war eine Zukunft, die nicht mehr eintritt, seit ich das Schicksal des Elbenvolks mit seinem Schwert durchschlug.«
    König Keandir dachte aber auch an die Finsternis, die der Augenlose seinen Körper, sein Herz und seine Seele hatte durchdringen lassen, sodass sie ihn für einige schreckliche Augenblicke völlig beherrscht hatte. Doch er redete sich ein, das Quäntchen Finsternis, das in seiner Seele zweifellos zurückgeblieben war, unter Kontrolle zu haben.
    Dies zu tun forderte viel Kraft, das war dem König durchaus bewusst. Aber manchmal fragte er sich auch, ob dieses dunkle Etwas in ihm nicht auch Kraft spendete. Kraft, die es ihm zum Beispiel ermöglicht hatte, den Bau von Elbenhaven mit einer Tatkraft anzugehen, die viele als ganz und gar unelbisch empfunden hatten.
    »Wir dürfen nicht in unsere alten Angewohnheiten zurückfallen«, sagte er schließlich sehr ernst zu Ruwen. »Damit meine ich, dass wir uns nicht weiterhin von schicksalhaften Mächten treiben lassen dürfen, dass wir unsere Existenz nicht weiterhin bestimmen lassen dürfen von Visionen und Prophezeiungen. Und ich meine die Neigung der Elben, die Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen, immer zu denken, dass der Augenblick nichts anderes wäre als eine Träne im Ozean der Äonen, auf die es nicht ankäme, weil es doch Milliarden davon gibt. Aber das ist nicht die Wahrheit, Ruwen …«
    »Was ist dann die Wahrheit, die du erkannt haben willst, Kean?«, fragte sie.
    »Die Wahrheit ist, dass nichts existiert außer diesem Augenblick. Das nichts geschieht, außer es geschieht jetzt. Dass es kein vorher bestimmtes Schicksal gibt, keine Visionen und Vorhersagen, die Realität werden können. Und dass die Ewigkeit, so wie wir sie wahrzunehmen gelernt haben, nichts anderes als eine Illusion ist. Und eine Ausrede.«
    »Eine Ausrede?«, fragte sie.
    »Eine Ausrede, um die Hände in den Schoß legen zu können. Eine Ausrede, um die Zeit verstreichen zu lassen und den Dingen einfach ihren Lauf zu geben, weil man der Illusion nachhängt, man habe eine Ewigkeit, um alles rückgängig

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