Elben Drachen Schatten
Bläuliches Blut spritzte aus der Wunde des Drongordors, als Whuon zugeschlagen hatte. Noch einmal zuckte das Wesen, dann blieb es reglos liegen. Es war tot.
Whuon blickte auf seine Axt. Aber was war das? Da war keine Axt mehr, sondern eine Lanze. Und da war auch kein rotglühendes Ross mehr, sondern sein altes Pferd, welches er von Dranth bekommen hatte. War alles nur Einbildung gewesen?
Er blickte auf den Kadaver des Drongordors. Das blaue Blut befleckte den Bergpfad. In kleinen Rinnsalen floss es über den Fels, denn der harte Untergrund ließ es nicht versickern.
Die Bestie war tot und Whuon hatte sie getötet! Daran gab es keinen Zweifel.
Das Axtwesen! Es hatte ihm geholfen. Das Axtwesen hatte die Bestie besiegt, nicht er. Aber warum zog es sich nun wieder zurück? Warum ließ es Whuon nicht die Axt und das rote Ross?
Hatte es Angst?
Angst, erkannt zu werden? Angst vor dem Schattenwesen?
Der Drongordor!
Vielleicht war er nur eine geschickte Falle des Schattenwesens gewesen, um das Axtwesen hervorzulocken?
Whuon erschien diese Möglichkeit immer wahrscheinlicher.
Er blickte zu Dranth.
„Reiten wir weiter?“
„Ja.“ Dranths Stimme klang fest und entschlossen.
Whuon gab seinem Tier einen kleinen Klaps. Zögernd trabte es den steilen Bergpfad hinauf.
Das Schattenwesen!
Whuon dachte mit Schrecken an dieses unheimliche Wesen. Warum musste auch gerade er, Whuon, in einen Kampf zwischen zwei düsteren Mächten verwickelt werden?
2.
Es schien schon fast so, als hätten diese Berge gar kein Ende. Immer wieder folgte ein neuer Hang, ein neuer Pfad, eine neue Schlucht. Aber die Berge wurden noch höher. Wie hoch sie werden würden, das verrieten die schneebedeckten Gipfel am Horizont, die majestätisch und schön über das Land zu blicken schienen.
Mit jedem Meter, den sie höher kamen, wurde es kälter.
„Whuon!“, sagte Dranths sanfte Stimme. Sie klang schon fast zu sanft.
„Was ist?“
„Ich habe mit dir einiges zu besprechen!“
Whuon meinte zu wissen, worauf Dranth hinauswollte.
„Was ist es, das du mit mir zu besprechen hast?“
„Es geht um dich.“
„Um mich?“
„Ja, um dich.“
Whuon lächelte etwas verlegen, denn er ahnte, was nun kommen würde.
„Ich habe dich gesehen, als du gegen den Drongordor kämpftest“, sagte Dranth mit einer Stimme, die keinerlei Emotionen verriet.
„Whuon! Du kannst mir jetzt nichts mehr vormachen! Du bist ein Diener des Axtwesens. Ich weiß es – und du auch!“
Whuon nickte schwach. Er wagte es nicht, Dranth anzusehen oder eine Frage zu stellen. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Dranth fuhr nach einer kleinen Pause fort:
„Das Axtwesen kämpft gegen das Schattenwesen. Das Schattenwesen will das Axtwesen zu seinem Sklaven machen. Seit das Axtwesen befreit wurde, kämpfen sie gegeneinander. Und sie werden so lange miteinander ringen, bis das Schattenwesen wieder der Herr des Axtwesens ist. Und dann wird eine neue schwarze Stadt gebaut werden! Lass dir gesagt sein, Whuon: Diese beiden Wesen sind beide gleich schlecht. Du darfst dich nicht zum Werkzeug in ihrem Kampf erniedrigen lassen, denn es ist ein sinnloser Kampf, weil sein Ende vorprogrammiert ist. Das Axtwesen ist auf die Dauer das schwächere der beiden Wesen. Das Schattenwesen wird zum Schluss siegen und eine neue schwarze Stadt bauen und neue schwarze Reiter erschaffen, die dann erneut als die kosmischen Räuber ganze Welten verwüsten und ausrauben werden.“
„Ein Grund mehr, das Schattenwesen zu bekämpfen! Eine zweite schwarze Stadt darf es nicht geben“, sagte Whuon heftig.
„Du kannst dich gegen die kosmischen Gewalten, die in diesem Universum herrschen, nicht auflehnen.“
„Ich kann! Ich kann es sehr wohl, Dranth. Ich muss es nur wollen, dann kann ich es auch.“
Seine Augen bekamen einen wilden, ungebändigten Glanz. Er wandte sich an Dranth.
„Woher weißt du so viel über diese Dinge?“
„Ich komme aus der gleichen Welt wie das Axt- und das Schattenwesen. Ich komme aus der Nebelwelt zwischen den Dimensionen. Viele sagen, die Nebelwelt (auch Korridor genannt) sei gar keine Welt im eigentlichen Sinne, aber das stimmt nicht. Ich kenne die Nebelwelt, ich kenne das Universum, ich kenne die kosmischen Zusammenhänge wie kaum ein anderer – und ich kenne dich!“
Whuon sah Dranth skeptisch an.
„Wer bist du wirklich, Dranth? Du bist vor dieser Frage jedesmal ausgewichen, wenn ich sie stellte. Wer bist du?“ Die Stimme des Thyrers klang fast
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