Elben Drachen Schatten
dem der Elben, und so sorgte Magolas dafür, dass es für sie warm genug war.
Magolas sah seine Mutter überrascht an. »Was gibt es so dringend, dass Ihr mich in aller Frühe aufsucht, Mutter?«
»Es geht um dieses Mädchen.«
»Sie ist eine junge Frau«, verbesserte Magolas.
»Gemessen an unseren Maßstäben wurde sie kaum geboren und steht doch bereits mit einem Fuß im Grabe. Ich bezweifle, dass sie die Zeit hatte, um auch innerlich zur Frau zu reifen.«
Ruwens Unterton missfiel ihrem Sohn. Magolas kannte seine Mutter zu gut, um nicht sofort zu merken, dass in ihrer Stimme eine sehr harte ablehnende Haltung mitschwang. Mehr noch, einen derart eisigen Tonfall war er von ihr so gar nicht gewöhnt. Selbst an jenem denkwürdigen Tag, als sich Magolas und sein Bruder Andir im Alter von acht Jahren jeweils einen der Zauberstäbe des Augenlosen Sehers genommen und erbittert gegeneinander gekämpft hatten, hatte sie nicht so einen harten Ton angeschlagen
Ruwen sah in aus blitzenden Augen an und sagte: »Ich habe deine Schritte gehört, Magolas. Als du das Gemach der Rhagar-Prinzessin heute Nacht verlassen hast!«
Magolas Stirn umwölkte sich. »Ich verwalte das Reich eines anderen und halte mich bereit, den König zu vertreten, falls diesem etwas zustoßen sollte oder er verhindert ist so wie jetzt!«
»Sind das denn nicht auch die Aufgaben eines Kronprinzen? Dich so zu bezeichnen ist ja wohl nicht allzu weit hergeholt, schließlich geht niemand mehr davon aus, dass dein Bruder Andir jemals die Krone Elbianas tragen wird.«
»Ich beklage mich auch nicht darüber, aber wenn ich schon nicht der Herr meines eigenen Reiches sein kann, so möchte ich doch zumindest der meines eigenen Lebens bleiben.«
»Magolas, es ist nicht so, dass ich dir nicht ein Vergnügen gönne, dass so flüchtig ist wie das Leben dieses Rhagar-Mädchens«, erwiderte Ruwen, und diesmal klang sie schon etwas ruhiger. »Aber ich erkenne sehr genau, dass mehr dahintersteckt.«
»Ist dagegen etwas einzuwenden?«
»Ich will dich nur vor dem Schmerz bewahren, der dich unweigerlich ereilen wird, Magolas. Glaub mir, du …«
»Nein, sprecht nicht weiter, Mutter!«, schnitt Magolas ihr das Wort ab. »Ich kenne die Argumente, die Ihr jetzt ins Feld führen werdet. Schon vor Jahrhunderten, als ich in Tagora zum ersten Mal einer Menschenfrau nachsah, meinte Vater, dass diese kurzlebigen Geschöpfe wahrscheinlich gestorben wären, ehe ich mich für eines von ihnen entschieden hätte.«
»Entspricht das denn nicht der Wahrheit, Magolas?«
»Aber ist nicht ein Augenblick der Liebe besser als eine Ewigkeit in kalter Erstarrung?«
»Du hast dich sehr schnell für sie begeistert, Magolas«, sagte die Königin mitfühlend. »Doch vielleicht ist es besser, manches aus der Distanz zu betrachten.«
»Damit dieser Augenblick vorbeigeht, ohne dass man ihn genutzt hat? Ist es dass, was Ihr wollt? Aber warum macht Ihr mir diese Vorhaltungen – Ihr selbst habt doch zugegeben, dass Ihr Euch bereits im Augenblick Eurer ersten Begegnung für meinen Vater entschieden hattet und Euch dies nur ein halbe Jahrhunderthälfte lang nicht eingestehen mochtet!«
»Da war etwas anderes.«
»Weil Larana eine Rhagar ist, die in einer halben Jahrhunderthälfte bereits die ersten Zeichen des Alters tragen wird? Weil ich mir nicht so lange Zeit nehmen kann, weil es sie dann vielleicht nicht mehr gibt?«
Ruwen seufzte schwer, und Magolas begegnete ihrem Blick, der ihm so vertraut war wie sonst nur ganz wenige andere Dinge. Da war noch etwas anderes, erkannte er. Es war nicht nur der Schmerz einer vielleicht unglücklichen Liebe, die Ruwen ihm ersparen wollte; Magolas spürte das sehr genau. Anhand für andere kaum erkennbarer Regungen im Gesicht seiner Mutter konnte er auf ihre Gedanken und Gefühle schließen.
»Sprecht aus, was Ihr mir zu sagen habt, Mutter«, forderte er.
»Ich … verstehe dich besser, als du denkst, mein Sohn«, sagte sie stockend.
»Dann sagt mir jetzt die Wahrheit. Was steckt hinter Eurer Ablehnung dieser Verbindung, die doch selbst zu flüchtig wäre, um die Dynastie zu gefährden?«
»Du hast recht, da ist tatsächlich noch etwas anderes«, gab sie zu und wich seinem Blick auf einmal aus. »Ich hatte einen Traum, den ich dir nicht verschweigen darf.«
Er war verwundert. »Was für einen Traum?«
»Ich sah dich und Larana. Aber sie verwandelte sich. Ihre Schönheit verging, ihr Körper verfiel …«
»Und sie starb vermutlich.«
»Nein! Sie
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