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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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irgendwann verschmelzen würden, sodass eines Tages auch die Götter zu Verblassenden Schatten wurden, an die man sich bald nicht mehr erinnern würde. Ein Elb wie Brass Elimbor, dessen Vergeistigung bereits weit fortgeschritten war, wollte dies möglicherweise einfach nur nicht wahrhaben.
    Keandir fragte sich, was Brass Elimbor wohl beabsichtigte. Im Gegensatz zu fast allen anderen hochrangigen Elben hatte sich der Schamane noch nicht geäußert, ob er für oder gegen die Errichtung des neuen Elbenreichs im Zwischenland war. So wusste der König nicht, wie er argumentieren würde. Keandir verengte die Augen und musterte Brass Elimbor, und der Schamane erwiderte seinen Blick. Unwillkürlich legte sich die Linke des Königs um den Griff seines Schwerts, das er an der Seite trug. Niemand sollte den Träger des Schicksalsbezwingers herauszufordern versuchen ― und mochte er noch so uralt sein und selbst die Hilfe der Namenlosen Götter auf seiner Seite haben.
    Der Schamane sah den König auf eine Weise an, als könne er bis auf den Grund seiner Seele schauen, und dieser Blick schien zu sagen: Du bist ein Narr, König Keandir!
    Ruwen spürte die Veränderung, die mit ihrem Gemahl vor sich ging, und auch sie sah ihn an, mit einem Gefühl leichten Erschreckens. Sie spürte, dass er von einem mächtigen Drang erfüllt war – von einem Drang, der vor seinem Aufenthalt auf der Insel des Augenlosen Sehers nicht in ihm gewesen war. Ein Wille, der stärker zu sein schien als alles andere, was ihn sonst noch bewegen mochte – die Liebe, die sie miteinander verband, eingeschlossen. Ihr schauderte leicht, auch wenn sie zugeben musste, dass sie diese neue Willenstärke und Entschlossenheit auch faszinierte und eine Seite in ihr ansprach, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie überhaupt vorhanden war. Sie atmete tief durch.
    Die eigentliche Sitzung des Kronrats begann. Erwartungsvolles Murmeln mischte sich mit dem Rauschen des nahen Meeres.
    Der Elbenkönig erhob sich …

2. Kapitel
    Der Kronrat tagt

    Keandir hob die Hand, das Stimmengewirr verstummte, und innerhalb weniger Augenblicke wurde es so still, dass man nur den Wind und das Rauschen der Wellen hören konnte, die sich auf dem Strand verliefen.
    Dann deutete König Keandir auf Ruwen und sagte mit lauter Stimme: »Eine einmalige Gnade wird meiner königlichen Gemahlin und mir zuteil. Wir werden Eltern von Zwillingen. Jeder weiß, wie selten in unserem Volk Geburten sind, und noch seltener wurden sie während unserer Reise. Doch jetzt sind es gleich zwei Kinder, die unter dem Herzen der Königin heranwachsen. Ich weiß, viele vertreten die Meinung, dass allein die widrigen Umstände unserer langen Seereise dafür verantwortlich sind, dass kaum mehr ein Elb das Licht der Welt erblickte. Ich aber denke, dass es eher die grassierende Hoffnungslosigkeit war, die zum drastischen Rückgang der ohnehin seltenen Geburten führte. Diese Zwillinge sind ein Symbol der Hoffnung auf eine strahlende Zukunft in diesem Land, das ein Zeitalter lang darauf gewartet hat, von uns in Besitz genommen zu werden. Ein Land, dass ich Elbiana nennen werde und dessen Hauptstadt genau hier an dieser Stelle gegründet werden und Elbenhaven heißen wird!«
    Mit diesen Worten schritt Keandir durch eine Lücke zwischen den Tischen in die Mitte des Kreises, den sie bildeten. Er blieb einige Schritte vor dem Altar der Gorthráwen stehen, drehte sich um, zog sein Schwert und rammte es in den feuchten Sand, sodass es bis zur Bruchstelle in den Boden drang.
    Keandir trat zwei Schritte zur Seite, streckte die Hand aus, deutete auf die Waffe und sagte: »Trolltöter hieß diese Waffe einst – und Schicksalsbezwinger heißt sie, seitdem ich damit am See des Schicksals den Furchtbringer besiegte. Es gibt nichts mehr, vor dem wir uns fürchten müssten. Nichts ist mehr vorherbestimmt. Wie unser Schicksal ab nun aussehen wird, liegt einzig und allein an uns selbst. Niemand kann uns die Verantwortung abnehmen, und es gibt keinen vom Schicksal oder den Göttern festgelegten Weg mehr. Welchen Pfad wir beschreiten, bestimmen wir selbst. Das alte Schicksal ist zerschlagen, und das neue beginnt sich gerade zu bilden. Genau jetzt, in diesem Moment.«
    Bewegtes Schweigen folgte, nachdem Keandir geendet hatte.
    Fürst Bolandor ergriff das Wort. »Die Möglichkeit, dass wir unserem Traum von den Gestaden der Erfüllten Hoffnung treu bleiben, zieht Ihr wohl gar nicht mehr in Betracht, mein König«, sagte er mit erhobener

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