Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
erkannte Daron.
Dreimal wiederholte sie die Formel, und der Gedanke, den sie gleichzeitig aussandte, wurde jedes Mal stärker und drängender.
„Vielleicht sollte ich mein Horn blasen“, schlug Merandil vor, als nichts geschah.
„Eure Gedankentöne würden jede Kreatur, die kein Eldran ist, nur erschrecken, werter Merandil“, lehnte Ruwen ab.
Plötzlich stiegen gleich mehrere Dutzend Blasen auf einmal an die Oberfläche des Sumpfs. Manche blähten sich so sehr auf, dass sie mehr als eine Armspanne durchmaßen.
Und dann stieg etwas aus dem Sumpf hervor. Ein geflügeltes Wesen, nicht so groß wie Rarax und nur als schattenhafter Umriss zu erkennen. Der Schlamm, der ihm zunächst anhaftete, perlte von der Kreatur einfach ab, und sie schwebte über dem Moor, ohne dabei die Flügel bewegen zu müssen. Die grauen Nebelschwaden schienen vor ihr zurückzuweichen, so als fürchteten sie dieses Wesen, das sich da in der Tiefe des Moors verborgen hatte.
„Larana!“, rief Ruwen.
Ein dumpfer Laut, der entfernte Ähnlichkeit mit einer elbischen Stimme hatte, drang aus dem schattenhaften Umriss hervor. Die Flügel bewegten sich nun langsam, ohne dass Daron den Eindruck hatte, dass es von diesen Bewegungen abhing, wie hoch das Wesen schwebte.
„Mutter?“, fragte Daron mit einem Gedanken.
Die Gestalt veränderte sich. Sie wurde kleiner, verwandelte sich innerhalb weniger Augenblicke zum Schatten einer Frau, doch ob elbisch oder menschlich hätte so ohne Weiteres niemand zu sagen vermocht. Noch nicht.
Die Schattenfrau kam näher. Ihre Füße sanken ebenso wenig in den Sumpf ein wie bei Ruwen und Merandil.
„Daron?“
Der Gedanke, der den Elbenjungen erreichte, war zur einen Hälfte Frage und zur anderen Feststellung.
„Ich bin es wirklich“, sagte Daron.
Sie näherte sich ihm und streckte die Arme aus. Als sie Daron damit berührte, glitten ihre Schattenhände durch ihn hindurch. „Du bist es wirklich“, dachte sie. Für einen Moment schimmerte ihr Gesicht aus dem Schatten heraus. „Eine ruhelose Seele war ich. Bis jetzt.“
„Wir brauchen deine Hilfe“, sagte Daron laut. „Und vielleicht wirst du dir damit auch selbst helfen können.“
Die Schattenfrau schreckte zurück. Für einen Moment bekam sie wieder Flügel, verwandelte sich aber nicht wieder völlig in das Monster, das sie zuvor gewesen war. Sie schwebte einige Schritt davon, und Daron konnte ihr nicht folgen, weil er dann im Sumpf eingesunken wäre.
„Übertrage ihr deine Gedanken, Daron“, sagte Ruwen. „Und deine Erinnerungen. Jede Einzelheit wird ihr helfen, wieder sie selbst zu werden. Und dann wird sie auch bereit sein, mit uns zu kommen.“
„Also gut.“ Darons Augen wurden schwarz. Er konzentrierte seine Kräfte, sandte einen Strom von Gedanken, Erinnerungen und Bildern, so gebündelt und stark, dass die Schattengestalt sich nicht dagegen abschirmen konnte …
Kapitel 15
Der Kristall des Wissens
Die schwarzen Schiffe lagen vor Estanor, und die ersten Maladran stürmten an Land. Sie ritten oder liefen einfach über das Wasser, und als sie dann die Häuser erreichten, stellte sich ihnen niemand entgegen.
Sarwen stand an der Reling des Flaggschiffs, und neben ihr beobachtete Magolas das Geschehen. „Die Eldran sind geflohen, so scheint es“, sagte er. „Gut so, denn wir sind inzwischen so viele, dass kaum noch mehr auf unsere Schiffe passen.“
„Was hat du vor, Vater?“, fragte Sarwen.
„Ich will das Wissen des Kristalls. All die Namen derer, die zu Vergessenen Schatten wurden, sind dort zu finden, und wenn wir sie wissen, werden sie jedem Einzelnen von uns neue Kraft geben, so wie es mit mir geschehen ist!“ Er lächelte. „Weil du mich an meinen Namen erinnert hast, Sarwen.“
„Aber es war nie meine Absicht, den Maladran dabei zu helfen, dieses Land zu erobern!“
„Manchmal bewirkt man mit dem, was man tut, etwas ganz anderes als das, was man vorhatte“, erwiderte Magolas. „Das ist nun mal so. Und jetzt komm mit mir. Wir wollen sehen, was der Kristall für uns bereithält.“
„Ich kann nicht einfach so über das Wasser gehen“, erinnerte ihn Sarwen. „Nicht einmal mit meiner Magie.“
Magolas rief einen der Reiter herbei und befahl dem Maladran, ihm das Pferd zu überlassen. Er stieg selbst auf, packte Sarwen und zog sie hinter sich auf den Rücken des Geisterpferds. Seine Hand war schon vollständig verstofflicht. Abgesehen davon, dass sie kalt war wie eine Totenklaue, konnte das Elbenmädchen
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