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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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und plötzlich fühlte Rutaaura wieder festen Boden unter den Füßen. Sie taumelte und fiel ein paar Schritte vorwärts. Keuchend landete sie auf Händen und Knien und ertastete weichen Boden unter ihren Handflächen.
    »Wo sind wir?«, fragte sie betäubt. Lootana, die neben ihr kniete, hob den Kopf.
    »Irgendwo im Sommerpalast, nehme ich an«, sagte sie gedämpft. »Ich bin mir nicht sicher …« Sie sah sich um, runzelte die Stirn. »Seltsam.«
    Rutaaura setzte sich auf. »Wo ist die Älteste?«
    Sie befanden sich in einem leeren, kreisrunden Raum, durch dessen Blätterdach weiches Sonnenlicht filterte. Es war ein kleiner Raum mit samtigem Moosboden, und er war leer bis auf Lootana und sie. Windgesang war fort.

    Glautas hatte Broneete zum Hauptquartier der Garde geschickt, mit dem Befehl, den gefangenen Zwerg unverzüglich zu ihm zu bringen.
    Iviidis war außer sich vor Wut und Bestürzung. »Du weißt schließlich am besten, dass er nichts mit all dem zu tun hat«, fuhr sie ihren Vater an, als Broneete fort war.
    Glautas musterte sie mit emporgezogenen Brauen. »Warum regst du dich derart auf?«, fragte er. »Es passt doch alles wunderbar. Wir haben einen Sündenbock, den wir präsentieren können – und außerdem gibt uns das einen Grund, endlich gegen die Zwerge mobil zu machen. Besser, wir kommen ihnen mit einem Angriff zuvor.«
    »Vater!«, schrie Iviidis auf. »Du willst uns wirklich wieder in einen Krieg steuern?«
    Glautas packte sie beim Arm und zerrte sie vor den leeren Doppelthron. »Sieh ihn dir an«, forderte er sie auf. »Sieh hin: Das ist unsere Gegenwart. Ein verwaister Thron! Wir leben schon so lange mit dieser Schande. Unser Volk stirbt langsam daran, merkst du das denn nicht?«
    Iviidis schüttelte verbissen den Kopf, obwohl sie Glautas im Stillen recht gab. Der leere Thron war eine Anklage, ein Symbol dafür, dass dem Volk der Elben sein innerster Kern fehlte. Sie schüttelte noch einmal den Kopf, zu erschüttert, um die rechten Worte zu finden, mit denen sie ihren Vater erreichen konnte. »Und was sollte ein Krieg gegen die Zwerge daran ändern?«, fragte sie schließlich.
    Glautas erschreckte sie damit, dass er zu lachen begann. »Alles und nichts«, sagte er. »Wenn hier im Sommerpalast das Chaos herrscht und gleichzeitig ein Krieg notwendig wird, weil die Zwerge uns heimtückisch in unserem eigenen Land angreifen – dann wird es keine große Überzeugungskraft mehr brauchen, um den Rat und die Hohen Häuser dazu zu bringen, endlich einen neuen Herrscher zu akzeptieren.«
    »Und der bist du.«
    Glautas hob die Hände. »Wer sonst wäre dafür geeignet? Nekiritan etwa?«
    Iviidis musterte ihren Vater wie einen Fremden. »Du hast dafür gesorgt, dass Elben starben.«
    »In einem Krieg, auf den wir nicht vorbereitet sind, würden noch weitaus mehr Elben fallen«, erwiderte er kühl.
    Iviidis schloss die Augen. Draußen rief eine Frauenstimme nach Glautas, sie klang schrill und aufgeregt. Dann stürmte Zinaavija in den Thronsaal, und sie zerrte einen laut weinenden Indrekin hinter sich her. »Dein verdammter Schwiegersohn hat versucht, sich mit dem Kind davonzumachen!«
    Iviidis schrie auf und wollte zu Zinaavija stürzen, aber Glautas hielt sie auf. »Seid ruhig, alle beide!«, donnerte er. Indrekin hörte vor Schreck auf zu weinen und sah seine Mutter flehend an. »Was ist geschehen?«, fragte Glautas.
    Zinaavija starrte immer noch die unvermutet wieder aufgetauchte Iviidis an. »Er war bei den Stallungen«, sagte sie geistesabwesend. Glautas ging zu ihr und nahm den Jungen auf den Arm, der sein Gesicht an der Schulter seines Großvaters barg.
    »Was hatte er vor?«, fragte Glautas seine Tochter.
    »Er wollte mit Indrekin nach Hause reiten«, erwiderte sie schrill. »Seid ihr beide vollkommen wahnsinnig geworden? Was hast du mit Olkodan gemacht?« Diese Frage schleuderte sie Zinaavija hin.
    »Nichts«, erwiderte die Elbin kühl. »Was sollte ich schon mit ihm gemacht haben?« Sie drehte Iviidis den Rücken zu und betrachtete den Thronsaal.
    Draußen klirrten Waffen. Broneete trat ein und winkte einigen Gardisten, ihr zu folgen. Die Soldaten blickten sich unbehaglich um, als sie den Saal mit den kostbaren Seidenteppichen betraten, und bemühten sich, nicht allzu hart aufzutreten. Zwischen sich führten sie den gefesselten Trurre, der gleichzeitig wütend und resigniert dreinblickte. Als er Iviidis erblickte, zuckte er kurz mit den Achseln und lächelte schief.
    »Hier ist der Zwerg«,

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