Elegie - Herr der Dunkelheit
Schrei aus, als er ins Tal hinunterritt.
Eine Grünfläche, mit vielen Blumen zwischen dem Gras.
Seidene Zelte und flatternde Banner.
Und die Hochzeitsgesellschaft, die auf dem Rasen umherlief, nun, da völliges Durcheinander in ihrer Mitte entstanden war, blutbefleckt und mit zerrissenen Gewändern. Ein Harfenspieler hielt sich stöhnend und bleich den zerfetzten Unterarm, andere lagen bewegungslos da, und ihr Blut rann dunkel über das Gras. Dies hatten sie nicht erwartet. Nicht die grauen Jäger der Wehre, nicht Oronins Kinder, die jede Verteidigung durchbrechen konnten, die nicht aus Mauern bestand. Ah, und dennoch! So viele, so viele der Verbündeten Haomanes waren hier versammelt. Im Tal von Lindanen wimmelte es wie in einem zerstörten Ameisenhaufen. Sie mochten darauf nicht vorbereitet gewesen sein, sie mochten nicht auf ihren Rössern sitzen, aber sie waren doch nicht ohne Waffen gekommen. Die Soldaten hatten die erste Verwirrung bereits überwunden. Einer der Wehrbrüder lag schon sterbend da, der pelzige Bauch war aufgeschlitzt und seine Eingeweide quollen hervor. Und dort drüben wurde der andere von den Männern des Herzogs von Seefeste zur Strecke gebracht, die ihn mit Speeren eingekreist hatten.
Tanaros donnerte vorüber und achtete nicht auf sie.
Dort … dort .
Vor der Laube, die mittels ellylischer Handwerkskunst geschaffen und mit Blumen geschmückt worden war – dort . Ein Mann mit bloßem Haar tanzte im Bräutigamsgewand mit dem Tod, und das Sonnenlicht glänzte auf seinem rotgoldenen Haar und dem nackten Stahl seiner Klinge. Eine graue, schattenhafte Gestalt schnappte nach seiner Kehle, von einem Hunger getrieben, der in langen Jahrhunderten genährt worden war. Sie umkreisten einander in tödlicher Schrittfolge. Nach über tausend Jahren wollte die Graufrau Rache nehmen für den Tod ihres Gefährten und ihrer Jungen. Und um sie herum hatte sich ein Ring aus Altorianern gebildet, der aus der Grenzwacht von Curonan bestand, doch die Männer setzten ihre Klingen noch nicht ein, aus Angst, den Falschen zu erwischen. Sie riefen ihrem verbannten König, der an seinem Hochzeitstag derart entsetzlich angegriffen wurde, Ermutigungen zu.
Nicht dort. Nein.
Mehr nach links, wo eine Ellylfrau stand, die in Brautseide gewandet war. Angst lag auf ihrem Gesicht. Und Stolz. Oh ja, bei Haomane, Stolz! Sie leuchtete wie eine Flamme, machte ihren Geleitfrauen Mut, die sich niedergekauert hatten, und stärkte die Herzen ihrer Wächter von den Riverlorn, die sich mit gezogenen Schwertern und Speeren im Anschlag um sie herum aufstellten.
Er musste all seine Kraft aufbringen, um den Namen seines Herrn nicht laut herauszuschreien und damit die Herkunft der Angreifer zu verraten, obwohl es vermutlich auch nicht viel ausgemacht hätte, denn nun zeigte sich, dass der Traumspinner seine geschickten Gespinste wirken ließ, die den Gegner verwirrten, und die Männer wandten sich plötzlich gegen eingebildete Angreifer, wo keine standen. Uschahins Illusionen waren, verstärkt durch den Schattenhelm, so mächtig, dass selbst die Ellylon überzeugt davon waren, dass in all dem Durcheinander jemand unwillkürlich einen beschtanagischen Kriegsschrei ausstieß.
»Jetzt!«, brüllte Tanaros an seine Männer gewandt. »Jetzt!«
Sie folgten ihm bei seinem Angriff gegen die Leibwache von Cerelinde, Enkeltochter Elterrions des Kühnen, Herr der Riverlorn. Junge Männer – manche dem Jungenalter noch nicht entwachsen –, die dem dicken Vorax die Treue geschworen hatten. Weshalb? Er wagte nicht zu fragen, er musste nur darauf vertrauen, dass sie da sein, dass sie vom Rücken ihrer Pferde an seiner Seite kämpfen würden, während sich sein Schwert hob und senkte, hob und senkte, rot vor Ellylblut. Die Schreie der Sterbenden dröhnten in seinen Ohren. Stolze Ellylgesichter, aus deren Augen Haomanes Gnade leuchtete, kamen verschwommen in sein Blickfeld; er fällte sie, schlug sich den Weg zwischen ihnen frei, wieder und wieder und wieder, bis sein Schwertarm müde wurde.
Und dann …
Nur noch Angst in ihrem schönen Gesicht, ungläubige Angst.
»Kommt, Hohe Frau!«, keuchte er, warf den Schild beiseite und zog sie mit einem starken Arm über seinen Sattelknauf.
Er spürte ihr Gewicht – oh Herr, oh Fürst Satoris!
Tanaros biss die Zähne zusammen, als er fühlte, dass sie Widerstand
leistete und dabei ihr Fleisch gegen das seine presste; ellylisches Fleisch, das Fleisch einer Frau, warm und lebendig. Ihr Haar
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