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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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erschaffen, aus den lichtlosen Rissen der zerstörten Kraftquelle. Auf dem Schlachtfeld wandten die Menschen ihre Augen ab, und selbst die Ellylon weinten,
wenn sie seiner ansichtig wurden. Er verkörperte die Dunkelheit aller verlorenen und auf ewig zerstörten Dinge – der Souma, der Einheit der Schöpfer, der Gespaltenen Welt an sich.
    Ich gehöre dazu, dachte er, als er den Helm in den Händen drehte. Auf ewig zerstört. Im Stich gelassen und beraubt, ausgestoßen von jenen, die mich dereinst liebten.
    Und während er so dachte, begann er, die Dunkelheit des Helms mit seiner eigenen Verzweiflung anzureichern.
    Er legte seine immerwährende Enttäuschung über den trotzigen Stolz seines Älteren Bruders mit hinein und seinen Hass gegenüber jener Rolle, die zu spielen er verdammt war. Auch den Schmerz über den Betrug seiner Brüder und Schwestern fügte er hinzu, vermischt mit wahrem Bedauern und geschärft mit wildem Zorn – denn sie alle hatten ihn hintergangen, sie alle. Seinem Selbsthass verlieh er Gestalt, der Erinnerung an sinnlosen Widerstand, an jenen schrecklichen Augenblick, da die Welt barst und das Meer in den gähnenden Abgrund strömte und er wusste, dass er besiegt und allein war.
    Er gab die hilflose Qual mit hinein, die in jener Erinnerung lag, wie er über die bebende Erde kroch und seine Finger vor Schmerz hineinkrallte, während sein Bruder ihn mit langem Arm verfolgte und sogar die Sonne bewegte, bis seine Haut geschwärzt und gesprungen war und er sich brüllend gezwungen sah, erneut zu flüchten. Zahllose Tage und Nächte bitterer Genesung flocht er hinein, das Bewusstsein über den Verlust seiner Gabe und die Tatsache, dass man ihn auf ewig verstümmelt hatte und dass sein Name zum Fluch auf den Lippen der Kinder seines Bruders geworden war. Und er gab auch seinen Abscheu gegenüber der Feigheit seines Älteren Bruders mit hinzu, der sich nicht getraute, das Trennende Meer zu überqueren, sondern stets aus der Entfernung handelte.
    Er formte ihn aus der Trauer um alle schönen Dinge, die ihm verloren waren, und aus den bittersüßen Freuden, die an ihre Stelle getreten waren – Rache und galliger Triumph, die Erkenntnis, die allmählich in ihm wuchs, dass er wirklich verstoßen worden war, ein aufbegehrender Schöpfer, der einen bedrohlichen Schatten auf die liebsten Werke seiner Brüder und Schwestern warf. Auch einen
verzweifelten Faden der Hoffnung knüpfte er mit hinein – aber ebenso das sichere Bewusstsein, dass alle Hoffnung vergehen musste.
    Er versah ihn mit dem brennenden Schmerz, der machtlosen Wut, der gnadenlosen Pein seines versehrten Fleisches, dem langsam tropfenden Ichor, der aus seiner Wunde rann, und der langsam tropfenden Bosheit, die sein Herz vergiftete, genährt von unendlich lange ertragenem Hass.
    Auch unerschrockene Wahrheit wand er hinein.
    Als es vollbracht war, setzte er den Helm der Schatten auf und spähte durch den Augenschlitz seiner eigenen dunklen Vision über das Land. Er hortete seine schwindende Kraft, um in die Herzen und Köpfe aller lebenden Wesen zu blicken, die mit der Gabe seines Älteren Bruders, dem Denken, gesegnet worden waren, denn genau das war dessen Gabe gewesen, mit all dem Fluch und Segen, den sie mit sich brachte.
    Irgendwo in den Weiten der Gespaltenen Welt musste es andere geben, die sich ebenso betrogen fühlten wie er und die wussten, wie es war, gegen ein ungerechtes Schicksal anzukämpfen. Sterbliche, sicherlich, mit kurz aufflackernden Leben – aber dank des Gottestöters musste das nicht so bleiben.
    Drei Gesandte hatte sein Älterer Bruder geschickt, um ihn zu vernichten. Er würde drei eigene zu sich rufen: Kameraden, Anführer, Hüter seiner Zitadelle.
    Er würde sie finden.
    Er würde sie sich zu eigen machen.
    Dank ihm würden sie unsterblich sein.

EINS
    T anaros schritt den Korridor hinunter, und die Absätze seiner Stiefel trafen hallend auf den schwarzen Marmor.
    Er war wie ein dunkler Spiegel, dieser Boden, auf Hochglanz poliert. Die Torbögen waren riesenhaft, nicht nach menschlichem Maß gebaut. Überall an den Wänden brannte das Feuermark, zarte Äderchen aus Blau und Weiß hoben sich von der schimmernden Schwärze ab. In beidem war sein Spiegelbild, verschwommen und verzerrt.
    Eine bleiche, gefurchte Stirn. Eine Locke dunklen Haars, die darüberfiel.
    Geschickte Hände.
    Und ein strenger Mund, dessen sanfte Liebesworte schon vor langer Zeit betrogen worden waren.
    Es war lange her, sehr lange, seit

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