Elena – Ein Leben fuer Pferde
lächelte verzückt, als Sirius ihr wohlerzogen das Zuckerstückchen von der Handfläche nahm. Und in dieser Sekunde kam mir eine großartige Idee.
»Wenn du willst, kannst du Sirius bei der nächsten Reitstunde wieder reiten«, schlug ich vor. »Ich sag meinem Opa Bescheid.«
»Ehrlich?« Das Mädchen wandte sich um und starrte mich ungläubig an. »Aber er ist doch dein Pony.«
»Ich bin schon etwas zu groß für Sirius und ich muss ja jeden Tag Fritzi und Quintano reiten.«
»Musst du nicht erst deine Eltern fragen?«, wandte Lisas Mutter ein.
»Ja, schon. Aber ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen haben«, sagte ich.
Da strahlten Lisa und ihre Mutter glücklich. Ich ließ die beiden bei Sirius, der sich bereitwillig mit Zucker vollstopfen ließ, holte gemeinsam mit Opa und Melike die Pferde von der Führmaschine und brachte die nächsten hinein. Danach sattelte ich Quintano und ritt später mit Melike zusammen in der Halle. Quintano ging super. Ich hatte vielleicht für Sirius eine tolle Lösung gefunden, wenn das mit Lisa klappen sollte.
Bester Laune lief ich später hinüber zum Haus und stellte fest, dass ich fast anderthalb Stunden lang nicht an Tim gedacht hatte.
4. Kapitel
Meine Hochstimmung verflog, als ich Papa mit düsterer Miene und dem Handy am Ohr aus dem Auto steigen und ins Haus gehen sah. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich nur zu gut und er verhieß nichts Gutes. Hoffentlich hatten sie beim Steuerberater nicht wieder schlechte Nachrichten bekommen!
Ich lief zu Mama hinüber, die einen Sack Blumenerde aus dem Kofferraum des Kombis wuchtete. Sie waren wohl nach dem Besuch beim Steuerberater noch beim Landhandel gewesen, denn der Kofferraum war voll mit Blumenerde und kleinen Geranien und Petunien, mit denen Mama im Frühjahr die Beete bepflanzte.
»Ist etwas passiert?«, fragte ich sie vorsichtig.
»Jens hatte einen schweren Autounfall«, antwortete Mama und richtete sich auf. Sie schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. »Jemand hat ihm die Vorfahrt genommen. Er liegt im Krankenhaus und fällt ein paar Wochen oder sogar Monate aus. Dein Vater telefoniert seit einer Stunde herum, um einen Ersatz für ihn zu finden, aber das ist nicht so einfach.«
Ich half Mama, einen Sack Blumenerde auf die Terrasse zu schleppen, dann kam Stani, einer unserer polnischen Stallarbeiter, und trug die restlichen Säcke zum Blumenrondell zwischen Parkplatz, Reithalle und Springplatz. Ich folgte Mama ins Haus. Sie zog die Jacke aus und machte sich in der Küche an der Kaffeemaschine zu schaffen. Ich erzählte ihr von der Reitstunde und von meinem Angebot an Lisa, Sirius regelmäßig zu reiten.
»Vielleicht kaufen ihre Eltern ihn und dann haben wir einen Einsteller mehr«, schloss ich zufrieden. Aber auch diese frohe Botschaft entlockte Mama kein Lächeln. Sie war blass und gedrückt, und ich hatte das ungute Gefühl, dass mehr dahintersteckte als nur Jens’ Unfall.
»Kannst du bitte den Kaffeetisch decken?«, fragte sie. »Im Kühlschrank steht ein Käsekuchen. Und vielleicht kannst du Sahne schlagen.«
»Ja, mach ich«, erwiderte ich.
Mama ging hinaus und verschwand im Bad. Ich holte drei Kaffeetassen, drei Teller und die Zuckerdose aus dem Schrank, dazu die Milch und den Käsekuchen aus dem Kühlschrank und stellte alles auf den Küchentisch. Dann goss ich einen Becher Schlagsahne in einen Rührbecher und nahm den Stabmixer aus der Schublade. Der Kaffeeduft, der durchs Haus zog, lockte meinen Bruder von seinem Computer weg. Er tauchte in der Küche auf, drängte sich an mir vorbei und setzte sich an den Tisch.
»Du hast eine Tasse und einen Teller für dich vergessen, du Starreiterin«, sagte er und grinste spöttisch. »Vergesslich wie du eben bist.«
Ich verstand seine Anspielung auf meinen verpatzten Ritt am letzten Wochenende und wollte gerade etwas erwidern, als Papa in die Küche kam und sich stumm an den Tisch setzte. Christian lud sich gierig ein Riesenstück Käsekuchen auf den Teller und begann sofort zu futtern. Ich knallte verärgert die Sahne auf den Tisch und holte noch ein Gedeck aus dem Schrank, dann schenkte ich Kaffee in drei Tassen.
»Ich auch«, nuschelte Christian, den Mund voll mit Käsekuchen, und deutete auf seine Tasse.
Ich streckte ihm hinter Papas Rücken die Zunge heraus und setzte mich. Christian warf mir einen finsteren Blick zu und trat mir unter dem Tisch gegen das Schienbein.
»Aua!«, rief ich. »Du
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